# taz.de -- Verhältnis der EU zu Assange: Das Schweigen der Europäer | |
> Die EU will sich eigentlich für den Schutz von Whistleblowern einsetzen. | |
> Im Fall Assange ist sie aber vor allem durch Zurückhaltung aufgefallen. | |
Bild: Assange mit Fussfessel in Bungay, Großbritannien 2011 | |
BRÜSSEL taz | Eigentlich sollte die Nachricht von der Befreiung Julian | |
Assanges lauten Jubel in Brüssel auslösen. Schließlich setzt sich die EU | |
seit Jahren für den Schutz von Whistleblowern ein. Neuerdings hat sie sogar | |
[1][ein Medienfreiheitsgesetz], das auch Journalisten den Rücken stärken | |
soll. | |
Doch als die Meldung um die Welt ging, kam aus der EU-Hauptstadt erst mal – | |
nichts. Weder die für Medienpolitik zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova | |
noch [2][Behördenchefin Ursula von der Leyen] hielten es für nötig, | |
[3][Assanges Freilassung und den offenbar zugrunde liegenden Deal mit den | |
USA] zu kommentieren. | |
Das Schweigen der Europäer ist nicht neu. Die EU hat noch nie einen Finger | |
für den wohl prominentesten und wichtigsten Whistleblower gekrümmt. Selbst | |
als Großbritannien noch Mitglied war, taten die EU-Kommission und die | |
meisten deutschen und europäischen Politiker so, als ginge sie der Fall | |
nichts an. | |
Man nahm Rücksicht auf die USA – und auf die schwedische Justiz, die | |
[4][Assange zunächst der Vergewaltigung beschuldigt] hatte. Doch als die | |
Anklage schließlich in sich zusammenbrach, änderte sich die Haltung der EU | |
nicht. Auch das Europaparlament konnte daran nichts ändern. | |
Die EU-Abgeordneten haben Assange 2022 [5][für den Sacharow-Preis | |
nominiert] – zusammen mit dem ukrainischen Volk und der Wahrheitskommission | |
in Kolumbien. Gewonnen hat, wenig überraschend, die Ukraine und ihr | |
Präsident Wolodymyr Selenskyj. Danach herrschte wieder Funkstille in | |
Brüssel. | |
## Nur die Linke interessiert | |
Für den „Fall Assange“ interessierten sich nur noch Abgeordnete der Linken, | |
wie die Irin Clare Daly, die es bei der Europawahl nicht mehr ins Parlament | |
geschafft hat – oder der durchaus ernst zu nehmende Satiriker Martin | |
Sonneborn, der sogar die Prozesse in London besucht hat. | |
Sonneborn war denn auch einer der Ersten, die die Meldung von Assanges | |
Freilassung weiterverbreitet hat. Zu Wort meldete sich auch Fabio De Masi, | |
der für das Bündnis Sarah Wagenknecht ins neue EU-Parlament einzieht – und | |
Martina Michels, die medienpolitische Sprecherin der Linken. | |
Man habe erfolgreich „politischen Druck“ aufgebaut und Assanges Partnerin | |
Stella Assange immer wieder nach Straßburg und Brüssel geladen, so Michels. | |
Doch die Türen der EU-Kommission und des Ministerrats blieben ihr und ihrem | |
Mann verschlossen. Die EU macht zwar viele wohlklingende Gesetze, wie etwas | |
das Medienfreiheitsgesetz. Doch an der Umsetzung hapert es, wie das | |
Versagen im Fall Assange zeigt. | |
25 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20240308IPR19014/medienfr… | |
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/von-der-leyen-zweite-amtszeit-eu-k… | |
[3] /Deal-mit-der-US-Justiz/!6019017 | |
[4] /Verfahren-gegen-Julian-Assange/!5743089 | |
[5] /Sacharow-Preis-fuer-Protestbewegung/!5980097 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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