Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutschland zu Assange: Schweigen in Berlin
> Außenministerin Baerbock freut sich, dass der Fall Assange eine Lösung
> gefunden hat. Doch der Großteil der Bundesregierung schweigt zur
> Freilassung.
Bild: Canberra, Australien, 26. Juni: Assange-Unterstützer:innen bei einer Ver…
Berlin taz | Julian Assange ist zurück in Australien, verurteilt, aber ein
freier Mann. Dass der Gründer der Plattform Wikileaks, die unter anderem
US-Kriegsverbrechen im Irak enthüllt hatte, frei ist, ist am Tag seiner
Rückkehr nach Australien im politischen Berlin kaum der Rede wert, [1][wie
schon am Tag zuvor in Brüssel, wo EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen vor allem durch Schweigen aufgefallen war.]
Immerhin ein knappes Statement kam von Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne), allerdings nur am Rande eines Besuchs in Jerusalem und auch erst
auf die Frage eines Journalisten: „Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh
bin, dass dieser Fall, der überall auf der Welt sehr emotional diskutiert
wurde und viele Menschen bewegt hat, dass er nun endlich eine Lösung
gefunden hat“, kommentierte die Außenministerin.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte auf seinem-X-Account immerhin Platz, um der
Historikerin [2][Anne Applebaum] zum Friedenspreis des Deutschen
Buchhandels zu gratulieren. Einen Kommentar zu Julian Assange sucht man
dort jedoch vergeblich. Finanzminister Christian Lindner (FDP) gratulierte
auf X [3][Mark Rutte zur Ernennung zum neuem Nato-Generalsekretär]: „Deine
Erfahrung, Dein diplomatisches Geschick und Deine Führungsstärke werden
gebraucht“, schrieb er zu Rutte, zu Assange schrieb er nichts. Nur der
Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD),
fand auf X ein paar knappe Worte: „Gut, dass Assange endlich freikommt.“
So blieb es auf Regierungsseite an Kulturstaatsministerin Claudia Roth, ein
längeres Statement zu formulieren. „Heute ist ein guter Tag für die
Pressefreiheit“, teilte sie mit. „Bei allen legitimen Sicherheitsinteressen
von Staaten und bei aller berechtigter Kritik an Wikileaks und seinem
Gründer – die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wenn Staaten gegen
Gesetze und Menschenrechte verstoßen“, so Roth weiter.
## „Vorbild für Investigativjournalist*innen“
Aber nicht nur der Ampel, auch CDU/CSU und AfD war der berühmte
Whistleblower kaum einen Ton wert. „Die Bundesregierung, die eine
wertebasierte Außenpolitik predigt, hat bis zum Schluss im Fall Assange
passiv zugesehen und geschwiegen, statt sich aktiv für ebendiese Werte
einzusetzen“, kritisierte Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Gruppe
Die Linke im Bundestag, die Untätigkeit der deutschen
Regierung.„Whistleblower wie Julian Assange sind keine Kriminellen, sondern
sorgen dafür, dass Kriegsverbrechen aufgedeckt und damit auch geächtet
werden können.“
Sahra Wagenknecht (BSW) kommentierte auf X: „Kritischer Journalismus ist
keine Spionage! Der Justizskandal bleibt, die US-Kriegsverbrechen, die
Wikileaks aufgedeckt hat, bleiben ungesühnt.“
Zufrieden über die Freilassung von Julian Assange zeigten sich auch die
Journalist*innenverbände in Deutschland. Von einem „historischen
Sieg für die Pressefreiheit“ sprach Reporter ohne Grenzen. „Seine
Freilassung ist ein Hoffnungszeichen für Reporterinnen und Whistleblower
auf aller Welt, die weiterhin diffamiert werden oder inhaftiert sind“,
sagte Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen
Deutschland. Sie erinnerte aber auch an den in Russland inhaftierten
US-Journalisten [4][Evan Gershkovich, dessen Prozess gerade begonnen hat]:
„ Am Ende dieses Prozesses kann unserer Ansicht nach nur die Freilassung
stehen“, so Osterhaus.
„Endlich kommt Julian Assange auf freien Fuß“, kommentierte Mika Beuster
vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), gab allerdings auch zu bedenken:
„Der Fall bleibt aber ein abschreckendes Beispiel für investigativ
arbeitende Journalistinnen und Journalisten.“ Die Deutsche Journalistinnen-
und Journalisten-Union (DJU) begrüßte die Nachricht von der Freilassung
Assanges, der für seine Leistung die dju-Ehrenmitgliedschaft erhalten
hatte. „Ich freue mich für Julian Assange und seine Familie über das Ende
der zermarternden Haft“, so die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll. Und
ergänzte: „Für Investigativjournalist*innen ist Assange ein
Vorbild.“
26 Jun 2024
## LINKS
[1] /Verhaeltnis-der-EU-zu-Assange/!6019843
[2] /Friedenspreis-des-Deutschen-Buchhandels/!6019041
[3] /Neuer-Nato-Generalsekretaer-Rutte/!6019935
[4] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!6019912
## AUTOREN
Dirk Eckert
## TAGS
Julian Assange
Schwerpunkt Pressefreiheit
Wikileaks
GNS
Julian Assange
Julian Assange
Julian Assange
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verhältnis der EU zu Assange: Das Schweigen der Europäer
Die EU will sich eigentlich für den Schutz von Whistleblowern einsetzen. Im
Fall Assange ist sie aber vor allem durch Zurückhaltung aufgefallen.
Nach der Freilassung von Assange: Hack, Leak, Knast – eine Odyssee
Mit dem Veröffentlichen von US-Kriegsverbrechen machte sich Julian Assange
Mächtige zu Feinden. Und zweifelhafte Freunde.
Julian Assange kommt frei: Die Bedrohung bleibt
Gut, dass Wikileaks-Gründer Julian Assange endlich freikommt. Aber der
pragmatische Deal unterstreicht die Kriminalisierung von Journalismus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.