# taz.de -- Julian Assange kommt frei: Die Bedrohung bleibt | |
> Gut, dass Wikileaks-Gründer Julian Assange endlich freikommt. Aber der | |
> pragmatische Deal unterstreicht die Kriminalisierung von Journalismus. | |
Bild: Assange auf dem Rückflug nach Australien | |
[1][Julian Assange kommt frei]. Wenn sich nicht irgendjemand jetzt noch | |
querstellt, scheint seinem Deal mit den US-Ankläger*innen nichts mehr im | |
Wege zu stehen. Rein humanitär betrachtet ist das eine hervorragende | |
Nachricht, die lange überfällig war. | |
Allerdings: Die pragmatische Lösung, die Assange endlich die Freiheit | |
beschert, hat einen mehr als bitteren Nachgeschmack. Denn der Anklagepunkt, | |
dessen sich Assange nunmehr schuldig bekennen muss, ist genau jener, der | |
die Arbeit von Journalist*innen im Umgang mit von | |
Whistleblower*innen durchgestochenen Dokumenten kriminalisiert: | |
unerlaubte Beschaffung und Veröffentlichung von geheimen | |
US-Militärinformationen. | |
Dass Assange seinerzeit tatsächlich Chelsea Manning aktiv geholfen hat, an | |
die tausenden geheimer Daten zu kommen, die diverse US-Kriegsverbrechen in | |
Irak und Afghanistan dokumentieren, haben die US-Ankläger nicht beweisen | |
können. Dass Wikileaks die Dokumente veröffentlicht hat, ist unstrittig – | |
und natürlich genau das, was Journalist*innen machen müssen, wenn sie | |
an derartiges Material kommen. | |
Ja, es gab immer eine Debatte darum, ob Wikileaks in der Verantwortung | |
gestanden hätte, Namen und Details zu schwärzen, um keine Menschen in | |
Gefahr zu bringen. Aber niemand glaubt doch ernsthaft, dass die Wut | |
Washingtons auf die peinlichen Veröffentlichungen – bei der damaligen | |
Außenministerin Hillary Clinton lösten sie gar Tötungsfantasien gegen | |
Assange aus – bei einer sensibleren Veröffentlichungspraxis milder | |
ausgefallen wäre. | |
## Die pragmatische Lösung | |
Nach fast eineinhalb Jahrzehnten Verfolgung, inklusive 62 Monaten | |
Hochsicherheitsgefängnis, kommt nun also eine pragmatische Lösung, die dem | |
[2][gesundheitlich stark angeschlagenen Assange] in wenigen Tagen die | |
Rückkehr nach Australien in Freiheit erlaubt. Das könnte sein Leben retten, | |
und das ist gut so. | |
Die [3][Bedrohung für die Pressefreiheit] aber, auf die | |
Journalist*innen-Organisationen zu Recht seit Beginn des Assange-Verfahrens | |
hinweisen, bleibt bestehen. Und damit auch ein massives | |
Glaubwürdigkeitsproblem der US-Regierung und des gesamten Westens bei ihrem | |
Eintreten für eine „regelbasierte Weltordnung“. Assange und Manning wurden | |
verfolgt, die Täter der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen nicht. | |
Und kein Barack Obama, kein Joe Biden und auch keine Annalena Baerbock | |
setzten sich ernsthaft dafür ein, daran etwas zu ändern. | |
Grund genug für Menschenrechts- und Medienorganisationen, in ihrer | |
[4][Kritik] auch dann nicht nachzulassen, wenn Assange endlich vereint mit | |
seiner Familie wieder atmen kann. | |
25 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Deal-mit-der-US-Justiz/!6019017 | |
[2] /Anwaeltin-Stella-Assange-ueber-Ehemann/!5924836 | |
[3] /Zum-Tag-der-Pressefreiheit-2024/!6004583 | |
[4] /Klage-gegen-Wikileaks/!5897267 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
Julian Assange | |
Kriegsverbrechen | |
US-Justiz | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Chelsea Manning | |
IG | |
GNS | |
Julian Assange | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Julian Assange | |
Julian Assange | |
Julian Assange | |
Julian Assange | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Julian Assange | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutschland zu Assange: Schweigen in Berlin | |
Außenministerin Baerbock freut sich, dass der Fall Assange eine Lösung | |
gefunden hat. Doch der Großteil der Bundesregierung schweigt zur | |
Freilassung. | |
Julian Assange zurück in Australien: Wieder ein „freier Mann“ | |
Whistleblower Julian Assange ist zurück in seiner Heimat Australien. Seine | |
Ankunft wurde dort live im Fernsehen übertragen. | |
Assange in Australien gelandet: „Sie haben mein Leben gerettet“ | |
Der Wikileaks-Gründer wird wie vereinbart von einer US-Richterin verurteilt | |
und dann freigelassen. In Australien bedankt sich Assange beim | |
Premierminister. | |
Reporter ohne Grenzen zu Assange: „Vierte Gewalt unter Druck“ | |
Der Wikileaks-Gründer Julian Assange ist frei. Ein Sieg für die | |
Pressefreiheit? Katharina Weiß von Reporter ohne Grenzen ist skeptisch. | |
Nach der Freilassung von Assange: Hack, Leak, Knast – eine Odyssee | |
Mit dem Veröffentlichen von US-Kriegsverbrechen machte sich Julian Assange | |
Mächtige zu Feinden. Und zweifelhafte Freunde. | |
Überblick zum Fall Assange: 2006 fing alles an | |
Mitte der 2000er gründete Julian Assange die Plattform Wikileaks. Nun soll | |
der Whistleblower nach jahrelangem Rechtsstreit freikommen. Ein Überblick. | |
Deal mit der US-Justiz: Julian Assange kommt frei | |
Überraschender Wendepunkt: Der Wikileaks-Gründer hat London verlassen. Er | |
will sich schuldig bekennen und in seine Heimat Australien zurückkehren. | |
Berufung im Fall Julian Assange: Stütze der demokratischen Welt | |
Julian Assange kann gegen seine Auslieferung Berufung einlegen. | |
US-Präsident Biden sollte die Verfolgung beenden. | |
Zum Tag der Pressefreiheit 2024: Krieg gegen Medienfreiheit | |
Kriegführenden Staaten geht es nicht um freien Journalismus, sondern um | |
Propaganda. In Kriegszeiten blüht auch in Demokratien die Doppelmoral. |