| # taz.de -- Reporter ohne Grenzen zu Assange: „Vierte Gewalt unter Druck“ | |
| > Der Wikileaks-Gründer Julian Assange ist frei. Ein Sieg für die | |
| > Pressefreiheit? Katharina Weiß von Reporter ohne Grenzen ist skeptisch. | |
| Bild: Freiheit mit einer Prise Kerosin: Assange am Dienstag beim Zwischenstopp … | |
| taz: Ist die Freilassung von Julian Assange ein Sieg für die Pressefreiheit | |
| oder für die US-Justiz, Frau Weiß? | |
| Katharina Weiß: Für Reporter ohne Grenzen steht an diesem Tag die | |
| Freilassung im Vordergrund. Julian Assange war seit zwölf Jahren kein | |
| freier Mann mehr, zuletzt war sein Gesundheitzustand sehr | |
| besorgniserregend. [1][Die Freilassung] ist nur mit einem | |
| Schuldeingeständnis zustande gekommen. Es ist vorstellbar, dass die | |
| Situation ihn so mürbe und krank gemacht hat, dass so ein Zugeständnis an | |
| die US-Justiz möglich und nötig wurde. Wir können über Details nur | |
| spekulieren. Aber es schmerzt uns, dass das notwendig war. | |
| Hätte man diesen Deal schon früher haben können? | |
| Aus unserer Perspektive kommt der Deal zu spät. Assange hätte gar nicht | |
| inhaftiert werden dürfen. Jeder Tag, den er im Gefängnis war, ist ein Tag | |
| zu viel. Aber so weit wir wissen, gab es die Möglichkeit zu so einem Deal | |
| in der Vergangenheit noch nicht. | |
| Welchen Vergehens soll Assange sich konkret schuldig bekennen? | |
| Es geht um Verstöße gegen den Espionage Act der USA, ein Gesetz aus dem | |
| Jahr 1917. Offiziell soll Assange sich bei der Verhandlung am Mittwoch der | |
| Verschwörung zur unrechtmäßigen Beschaffung und der Verbreitung von | |
| Dokumenten schuldig bekennen. Und damit wird das Gesetz weiter als Gefahr | |
| über den Köpfen von investigativen Journalist:innen schweben – und das | |
| nicht nur in den USA. | |
| Welche konkreten Folgen kann dies für die Arbeit anderer | |
| Journalist:innen haben? | |
| Der Fall sendet nun schon seit vielen Jahren [2][ein gefährliches Signal] | |
| an investigative Journalist:innen weltweit. Das Gesetz kann verhindern, | |
| dass sie sich befähigt fühlen, über Menschenrechtsverletzungen oder | |
| unrechtmäßige Machenschaften westlicher Regierungen zu berichten, weil sie | |
| überall auf der Welt dafür festgesetzt werden können. | |
| Weil die USA auf viele Staaten Druck machen können, damit sie Haftbefehle | |
| auch gegen Nicht-US-Bürger durchsetzen? | |
| Assange war da ein Präzedenzfall. Er wäre der erste Journalist, der nach | |
| diesem sehr alten Gesetz verurteilt worden wäre. Und natürlich haben die | |
| USA mehr Macht als etwa Eritrea. | |
| Steht der Fall Assange für einen allgemeinen Trend hin zu einer verstärkten | |
| staatlichen Verfolgung von Journalist:innen? | |
| Auf der einen Seite gibt es den neuen European Media Freedom Act, der die | |
| Rechte von Medienschaffenden jüngst gestärkt hat. Andererseits gibt es | |
| Entwicklungen wie in der Slowakei, wo die Regierung den als unbequem | |
| empfundenen öffentlich-rechtlichen Rundfunk abwickeln will, oder wie in | |
| Italien, wo die Regierung von Giorgia Meloni den öffentlich-rechtlichen | |
| Rundfunk auf Regierungslinie zu bringen versucht. Das ist in der Tat ein | |
| Kennzeichen unserer Zeit. In der EU ist man dabei noch sehr privilegiert. | |
| Es leben nur noch ein Prozent aller Menschen in Ländern, in denen die | |
| Pressefreiheit uneingeschränkt als solide geschützt gelten kann. | |
| Was bedeutet das für Europa? | |
| Hier gerät vor allem die Wertschätzung der Bevölkerung, der Respekt für und | |
| das Vertrauen in die vierte Gewalt unter Druck. Das Bewusstsein dafür, dass | |
| Medien sehr schützenswert sind, geht stellenweise verloren. Und so | |
| beobachten wir etwa am Rande von verschwörungsideologischen oder auch | |
| propalästinensischen Demos eine zunehmend aggressive, aufgeheizte Stimmung | |
| gegen Reporter:innen. | |
| 26 Jun 2024 | |
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| Christian Jakob | |
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