| # taz.de -- Geschlechterparität in der EU: Männlich, konservativ, machtbewusst | |
| > Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Geschlechterparität | |
| > fördern. Doch die EU-Staaten nominieren zu viele Männer für die Behörde. | |
| Bild: Zwei der wenigen Frauen auf Spitzenposten: EU-Kommissionspräsidentin Urs… | |
| Brüssel taz | Ihre Wiederwahl an die Spitze der EU-Kommission im | |
| vergangenen Juli war [1][eine Zitterpartie]. Einen Monat später droht der | |
| deutschen Europapolitikerin Ursula von der Leyen (CDU) schon die nächste | |
| Machtprobe. Und es sieht ganz danach aus, dass sie diesmal den Kürzeren | |
| ziehen könnte. | |
| Der Grund: Die meisten EU-Staaten ignorieren von der Leyens Wunsch, je eine | |
| Frau und einen Mann für die nächste EU-Kommission zu nominieren und so für | |
| Geschlechterparität zu sorgen. Viele schlagen nur einen einzigen Bewerber | |
| vor: einen Mann. | |
| Die Folge: akuter Frauenmangel in Brüssel. Sechzehn Männer und nur fünf | |
| Frauen – so fällt die Geschlechter-Bilanz kurz vor Ablauf der Bewerberfrist | |
| am 1. September aus. Wenn es mit den Nominierungen so weiter geht, könnten | |
| die Männer am Ende über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. | |
| „Das sind wirklich schlechte Nachrichten“, kritisiert die spanische | |
| Europaabgeordnete Lina Gálvez (S&D), die im EU-Parlament für Frauenrechte | |
| und Gleichstellung zuständig ist. „Die neue Kommission darf kein Männerclub | |
| werden“, warnt die deutsche Europa-Staatssekretärin Anna Lührmann von den | |
| Grünen. | |
| ## Außer der Reihe | |
| Doch die Liste der bisher bekannten Namen spricht eine andere Sprache. | |
| Österreich hat Finanzminister Magnus Brunner nominiert – ein Mann. | |
| Frankreich hält an Thierry Breton fest – ebenfalls ein Mann. Ungarn möchte | |
| eine zweite Amtszeit für Olivér Várhelyi, Lettland schickt erneut Valdis | |
| Dombrovskis nach Brüssel. | |
| Die prominenteste weibliche Kandidatin – neben von der Leyen – ist [2][Kaja | |
| Kallas aus Estland]. Sie war allerdings bereits im Juni nominiert worden – | |
| von den 27 Staats- und Regierungschefs, die sie zur neuen | |
| EU-Außenbeauftragten ernennen möchten. Sie läuft sozusagen außer der Reihe. | |
| Weitere Frauen kommen aus Kroatien, Finnland und Schweden. Auch Spanien | |
| dürfte mit Teresa Ribera, der bisherigen Vizeregierungschefin, eine | |
| prominente Politikerin nach Brüssel schicken. Das war’s aber auch schon. | |
| Die Frauen sind deutlich unterrepräsentiert. Selbst wenn die noch fehlenden | |
| fünf Staaten ihre Wahl treffen, dürfte sich die Lücke nicht mehr schließen. | |
| Dies ist nicht das einzige Problem, mit dem von der Leyen fertig werden | |
| muss. Hinzu kommt, dass die meisten Männer auch noch der konservativen | |
| Europäischen Volkspartei angehören – und dass sie einen wichtigen Posten | |
| für sich reklamieren. Männlich, konservativ und machtbewusst – so sieht das | |
| typische Profil der neuen EU-Kommission aus. | |
| ## Wichtigster Hebel | |
| Um allen Wünschen gerecht zu werden, hat von der Leyen in der letzten | |
| Legislaturperiode die Kategorie der „Executive Vice Presidents“ geschaffen, | |
| die noch über der „einfachen“ Vizepräsidentin stehen. Doch selbst das | |
| dürfte diesmal nicht reichen. Es gibt einfach nicht genug Posten, um den | |
| Machthunger zu stillen. | |
| Was tun? Von der Leyen und ihre Berater halten sich bedeckt. Man wolle erst | |
| einmal die vollständige Liste der Kandidaten abwarten, heißt es in Brüssel, | |
| danach werde man weitersehen. Einzelne Kandidaten kann von der Leyen nach | |
| deren Anhörung im Europaparlament zurückweisen – doch weibliche Bewerber | |
| erzwingen kann sie nicht. | |
| Ihr wichtigster Hebel ist die Verteilung der Aufgabengebiete. Neben den | |
| traditionell wichtigen Dossiers wie Wirtschaft, Finanzen, Binnenmarkt und | |
| Handel ist diesmal auch die Erweiterung heiß begehrt – Stichwort | |
| Ukraine-Beitritt. Neue Portfolios wie Verteidigung und Mittelmeerpolitik | |
| stoßen ebenfalls auf großes Interesse. | |
| Bei wichtigen Dossiers werde sie Frauen bevorzugen, lässt von der Leyen | |
| durchblicken. Doch selbst wenn es ihr gelingen sollte, Kommissarinnen auf | |
| mächtige Posten zu hieven: Die Geschlechterparität bleibt ein Problem. Von | |
| der Leyen droht ein Fehlstart – und das ausgerechnet in der Genderpolitik, | |
| auf die sie so viel Wert legt. | |
| 27 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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