| # taz.de -- EU-Kommissionspräsidentin: Von der Leyen wiedergewählt | |
| > Ursula von der Leyen bleibt weitere fünf Jahre Präsidentin der mächtigen | |
| > EU-Kommission. Dabei geben wohl die Stimmen der Grünen den Ausschlag. | |
| Bild: Ursula von der Leyen (CDU), amtierende Präsidentin der Europäischen Kom… | |
| Straßburg taz | Es war die letzte und größte Hürde: Nach wochenlangem | |
| Tauziehen hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine | |
| Mehrheit im Europaparlament gesichert. Die deutsche Politikerin wurde mit | |
| 401 von 707 abgegebenen Stimmen in ihrem Amt bestätigt, 284 Abgeordnete | |
| stimmten gegen sie. | |
| Das Ergebnis sei „ein starkes Signal des Vertrauens“ und „viel besser“ … | |
| vor fünf Jahren, freute sich die 65-Jährige. Damals war die Wahl äußerst | |
| knapp; diesmal erhielt sie 41 Stimmen mehr als nötig. Mit der Bestätigung | |
| durch das Parlament ist der Weg für eine zweite Amtszeit von fünf Jahren | |
| frei. Von der Leyen war 2019 in ihr Brüsseler Amt gekommen, ohne sich an | |
| der EU-Wahl beteiligt zu haben. Diesmal war sie zwar [1][Spitzenkandidatin | |
| der konservativen Europäischen Volkspartei EVP], stand jedoch auf keinem | |
| Wahlzettel. Die Staats- und Regierungschefs hatten sie im Juni nominiert; | |
| nur Italien und Ungarn zogen nicht mit. | |
| Ausdrücklich bedankte sich von der Leyen bei den [2][Grünen], die offenbar | |
| den Ausschlag gegeben haben. [3][Im Wahlkampf hatte die CDU-Politikerin | |
| noch mit italienischen Rechten geflirtet], die Grünen haben sie wegen ihres | |
| Schlingerkurses in der Klimapolitik kritisiert. Nun steht der „[4][Green | |
| Deal]“ wieder auf dem Programm, [5][die Rechten sind isoliert.] | |
| Dass sie von der Leyen gerettet haben, bringt die Grünen in Erklärungsnot. | |
| Schließlich hatten sie im Streit um den Rechtsstaat und geheime | |
| Impfstoffverträge sogar Klagen gegen die EU-Kommission eingereicht. Zudem | |
| waren die Grünen zunächst kein Teil der informellen großen Koalition aus | |
| Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen. | |
| ## „Klare Kante gegen Orbán“ | |
| Von der Leyen habe sich glaubwürdig zum „Green Deal“ bekannt und [6][„kl… | |
| Kante“ gegen Ungarns Regierungschef Viktor Orbán gezeigt], rechtfertigte | |
| der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund seine Zustimmung. „Wir übernehmen | |
| Verantwortung“, so Freund weiter. Allerdings haben von der Leyens EVP und | |
| die Sozialdemokraten im neuen Bündnis am meisten zu sagen. Sie haben sich | |
| auch bereits wichtige Posten im neuen Parlament gesichert. So stellen CDU | |
| und SPD mit Sabine Verheyen und Katarina Barley jeweils eine | |
| Vizepräsidentin. | |
| Um ihre Wiederwahl zu sichern, hatte von der Leyen am Vormittag ein | |
| 31-seitiges Arbeitsprogramm vorgelegt und eine fast einstündige | |
| Regierungserklärung abgegeben. Um ihr Programm mit dem erstaunlichen Titel | |
| „Europa hat die Wahl“ (die Europawahl liegt fünf Wochen zurück) hatten die | |
| EU-freundlichen Parteien bis zuletzt gerungen. Konservative, | |
| Sozialdemokraten, Liberale und schließlich auch die Grünen wollten | |
| sicherstellen, dass ihre Prioritäten berücksichtigt und ihre personellen | |
| Wünsche erfüllt werden. | |
| Entsprechend groß war die Spannung, als von der Leyen um acht Uhr morgens | |
| ihr Programm vorlegte und eine Stunde später zur Bewerbungs-Rede ansetzte. | |
| Würden „Buzzwords“ wie „Green Deal“, „Verbrenneraus“ oder „Wohnu… | |
| auftauchen? Würde sie eine politische Strategie für die kriselnde EU | |
| aufzeigen? | |
| „Die nächsten fünf Jahre werden den Platz Europas in der Welt für die | |
| nächsten fünf Jahrzehnte festlegen“, erklärte die ehemalige | |
| Verteidigungsministerin. Jetzt gehe es um den Kampf zwischen Demokratien | |
| und Autokratien, zwischen überzeugten Europäern und „Extremisten und | |
| Beschwichtigern“. Was dann kam, war ein populistisches Wünsch-dir-Was. | |
| Das wichtigste Thema der nächsten EU-Kommission soll die | |
| Wettbewerbsfähigkeit sein – wie von Konservativen und Liberalen gewünscht. | |
| Der „Green Deal“ wird zum „Clean Industrial Deal“ umgemodelt. Das | |
| umstrittene [7][Verbrenner-Aus] bleibt, wird aber um eine Ausnahme für | |
| synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) ergänzt, [8][für die sich vor allem die | |
| FDP stark gemacht hatte]. Immerhin will von der Leyen an den EU-Klimazielen | |
| festhalten. Der Fokus liege aber „voll und ganz darauf, die richtigen | |
| Bedingungen für Unternehmen zu schaffen“, heißt es im Regierungsprogramm. | |
| Neu sind ein Verteidigungs- bzw. Rüstungskommissar (für die Konservativen), | |
| ein Kommissar für den Wohnungsbau (für die Sozialdemokraten) und ein | |
| Mittelmeer-Kommissar, den Malta gefordert hatte. Außerdem will von der | |
| Leyen sich noch stärker als bisher um den Kampf gegen Desinformation und | |
| ausländische Einmischung kümmern. Dazu soll es einen „Europäischen | |
| Schutzschild für die Demokratie“ geben. | |
| Kritiker bemängeln, dass sie mit diesen Versprechen ihre Kompetenzen | |
| überschreite. Die Verteidigung ist ebenso eine nationale Aufgabe wie der | |
| Wohnungsbau. Zudem drohen nun mehr Eingriffe aus Brüssel in die Presse- und | |
| Meinungsfreiheit. | |
| Mit keinem Wort ging von der Leyen auf ein Urteil des EU-Gerichts ein. Es | |
| hatte erst am Mittwoch entschieden, dass die Geheimhaltung von | |
| Beschaffungsverträgen für Corona-Impfstoff teilweise gegen EU-Recht | |
| verstoße. Die Linke und das BSW forderten deshalb, die Wahl zu verschieben | |
| – konnten sich jedoch nicht durchsetzen und stimmten mit „Nein“. | |
| 18 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ursula-Von-der-Leyen-bei-der-Europawahl/!5996956 | |
| [2] /Fehleranalyse-der-Gruenen-nach-EU-Wahl/!6024537 | |
| [3] /Wahl-der-EU-Kommissionspraesidentin/!6021118 | |
| [4] /EU-Klimapolitik-nach-der-Europawahl/!6013296 | |
| [5] /Rechte-Fraktionen-in-der-EU/!6021117 | |
| [6] /Boykott-von-Ungarns-Ratspraesidentschaft/!6021035 | |
| [7] /CDU/CSU-Kampagne-gegen-Verbrenner-Aus/!6012634 | |
| [8] /Steuerverguenstigungen-fuer-E-Fuels/!5957680 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| ## TAGS | |
| Europäische Union | |
| Europäische Kommission | |
| Brüssel | |
| Straßburg | |
| EVP | |
| Ursula von der Leyen | |
| CDU | |
| EU-Parlament | |
| Ursula von der Leyen | |
| EU-Kommission | |
| Auto-Lobby | |
| Europäische Union | |
| EU-Ratspräsidentschaft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Strafe für rumänische EU-Abgeordnete: Sendepause wegen Maulkorb | |
| Die rechtsextreme rumänische Europa-Abgeordnete Şoşoacă wird wegen | |
| „unangemessenen Verhaltens“ sanktioniert. Mit Provokation kennt sie sich | |
| aus. | |
| Geschlechterparität in der EU: Männlich, konservativ, machtbewusst | |
| Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Geschlechterparität | |
| fördern. Doch die EU-Staaten nominieren zu viele Männer für die Behörde. | |
| Ursula von der Leyen: Immerhin nicht noch eine Krise | |
| Was die EU gebrauchen könnte, wäre frischer Wind, Mut. Das ist mit Ursula | |
| von der Leyen nicht zu machen. Immerhin kann der Apparat weiterlaufen. | |
| Streit um neuen Diesel-Kraftstoff: Umwelthilfe verklagt Volker Wissing | |
| Neuerdings können Autofahrende HVO100 tanken. Der Verkehrsminister | |
| feiert den Kraftstoff als Klimaerfolg. Seinem Ressort droht deshalb ein | |
| Skandal. | |
| Rechte Fraktionen in der EU: Zu früh für Entwarnung | |
| Zerstritten und zersplittert: Im neuen Europaparlament spielen die Rechten | |
| keine große Rolle. Doch das kann sich bald ändern. | |
| Wahl der EU-Kommissionspräsidentin: Von der Leyens Eiertanz | |
| Von der Leyen will am Donnerstag wieder zur Kommissionspräsidentin gewählt | |
| werden. Ihr Werben um die Rechten könnte sie wichtige Stimmen kosten. | |
| Boykott von Ungarns Ratspräsidentschaft: Affront im Rahmen des Möglichen | |
| Mit dem Boykott der Ratspräsidentschaft reagiert die EU besonnen auf Orbáns | |
| „Friedensmission“. Jetzt liegt es an den EU-Staaten, Geschlossenheit zu | |
| zeigen. |