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# taz.de -- Ein Pro&Contra: Deutsche Waffen für die Ukraine?
> Putin rasselt mit den Säbeln. Noch setzen westliche Diplomaten auf gutes
> Zureden. Sollte die Bundesregierung die Ukraine militärisch unterstützen?
Bild: Russische Panzer werden in Belarus am 19.01.2022 entladen: Das Video vert…
## Ja – Deutschland soll Waffen schicken
Jeder souveräne Staat hat das Recht, sich gegen einen bewaffneten Angriff
zu wehren. Die Charta der Vereinten Nationen bestätigt „das naturgegebene
Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“. Einem Land im
Falle eines Angriffs die Möglichkeit zur Verteidigung zu nehmen ist
mindestens unterlassene Hilfeleistung, wenn nicht Beihilfe zum
Völkerrechtsbruch. Das ist so, als würden Passanten tatenlos zusehen, wie
Nazis Ausländer jagen.
Wer ungerührt zuguckt, obwohl er etwas tun könnte, macht sich strafbar. Wer
darüber hinaus die Opfer auffordert, mit ihren anstürmenden Angreifern ins
Gespräch einzutreten, macht sich lächerlich. In diese Lage gerät
Deutschland mit seinem Beharren darauf, es dürfe keine Waffenlieferungen in
die Ukraine geben. [1][Russland hat 2014 die Krim besetzt], es führt einen
verdeckten Krieg in der Ostukraine, es stapelt Soldaten an der Grenze, es
negiert öffentlich das Existenzrecht einer souveränen Ukraine – aber Berlin
gönnt Kiew nicht einmal Defensivwaffen.
Nicht etwa aus grundsätzlichen Erwägungen – [2][Deutschland ist der
viertgrößte Waffenexporteur der Welt], zu seinen Kunden gehören Diktatoren
und Länder in Krisengebieten. Nein, man argumentiert mit „historischen
Gründen“. Angesichts des Naziterrors in der ehemaligen Sowjetunion, etwa in
der Ukraine, ist das nicht einmal historisch überzeugend – würde
Deutschland auch Israel fallen lassen gegen Länder, die sein Existenzrecht
nicht anerkennen?
Wie gut, dass [3][es andere gibt, die der Ukraine helfen] und die richtige
Lektion aus der Geschichte ziehen – nämlich die, dass einem schwächeren
Land gegen ein stärkeres Beistand gebührt. Jedes Opfer deutscher
Angriffskriege im 20. Jahrhundert weiß das. Nur Deutschland hat es
vergessen. Die gern angeführte Sorge um eine weitere Eskalation ist
scheinheilig. Hätte Russland ein Interesse an Frieden, könnte es einfach
friedlich bleiben.
Wenn eine militärische Großmacht aber ganz offen Krieg gegen den Nachbarn
vorbereitet, ist das Gleichgewicht der Kräfte das einzige Mittel, den
Frieden zu retten. Die Ukraine muss militärisch stärker werden, damit sich
für Russland ein Angriff nicht lohnt. Erst dann kann der von Deutschland
herbeigesehnte Friedensprozess in Gang kommen – auf der Grundlage
gegenseitigen Respekts. Dominic Johnson
## Nein – auf keinen Fall Rüstungsexporte ins Krisengebiet
Da stehen sich zwei im Duell gegenüber, der eine mit einem Degen, der
andere mit einer Kalaschnikow. Wie deeskaliert man die Situation am besten?
Indem man dem Schwächeren auch ein Gewehr gibt oder den Stärkeren
überredet, die Waffe zu senken? Beim Streit zwischen Russland und der
Ukraine sind zumindest die Kräfteverhältnisse derzeit ähnlich. Russland ist
der Ukraine militärisch weit überlegen und lässt sie das auch wissen.
Präsident Wladimir Putin hat über [4][100.000 Soldaten an der Grenze]
zusammengezogen, dazu eine Menge Kriegsgerät: Panzer, Raketenwerfer und
andere schwere Waffen. In Deutschland mehren sich daher die Forderungen,
die Ukraine militärisch aufzurüsten. [5][Außenministerin Annalena Baerbock]
und Kanzler Olaf Scholz halten bislang dagegen und an dem Grundsatz fest:
Keine letalen Waffen in Krisengebiete. Und das ist richtig so! Selbst dann,
wenn gerade Russland militärisch auftrumpft.
Doch seit der Annexion der Krim erhält die Ukraine ja bereits
Waffenlieferungen, und zwar nicht zu knapp. Die USA haben seitdem
Schützenhilfe im Umfang von 2,5 Milliarden Dollar geleistet, unter anderem
in Form von Panzerabwehrraketen. Aus der Türkei kommen Drohnen, Estland
schickt Pistolen, Kanada Scharfschützengewehre und auch Großbritannien will
jetzt „strategische“ Waffen senden. Was kommt in dieser Logik als nächstes?
Atomsprengköpfe? Davon hat Russland über 6.000.
Die Aufrüstung der Ukraine hat bislang weder zu einem militärischen
Gleichgewicht noch zu einer Befriedung der Situation geführt. Doch die ist
nötig und möglich. Denn im Grunde hat auch Russland Interesse an einer
friedlichen Lösung, der Truppenaufmarsch diente primär dazu, endlich wieder
Gespräche auf Augenhöhe mit dem Westen zu erzwingen. Das hat ganz gut
geklappt, und egal wie man die rüde Art bewertet: Die Gespräche sollten
jetzt weitergehen.
Wenn Deutschland nun ein paar Kriegsschiffe – wie von der Ukraine
gewünscht – ins Schwarze Meer schippern ließe, wären die Kräfteverhältni…
immer noch die gleichen. Aber Deutschland hätte eine wichtige Option aus
der Hand gegeben, nämlich in diesem Kräftemessen als friedlicher und
glaubwürdiger Vermittler aufzutreten. Damit es gelingt, den Typen mit der
Kalaschnikow zum Einlenken zu bewegen, und zwar friedlich. Anna Lehmann
19 Jan 2022
## LINKS
[1] /Kommentar-Krim-Besetzung/!5047324
[2] /Deutschlands-Waffenexporte/!5312319
[3] /Ukraine-Russland-Konflikt/!5828698
[4] /Truppen-an-der-Grenze-Russland/Ukraine/!5813823
[5] /Treffen-Baerbock-und-Lawrow/!5826151
## AUTOREN
Dominic Johnson
Anna Lehmann
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