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# taz.de -- Ukraine-Russland-Konflikt: Nato erweitert Militärhilfe
> Großbritannien startet eine „Luftbrücke“ in die Ukraine. Und liefert
> panzerabwehrenden Waffen „zur Selbstverteidigung“.
Bild: Militärübung im Donbass: Ukrainische Soldaten feuern ein Javelin-Panzer…
Berlin taz | Deutschland liefert keine Waffen an die Ukraine – das tun
andere. Seit Montagabend landen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew immer
wieder Transportflugzeuge der britischen Luftwaffe. An Bord:
Panzerabwehrwaffen sowie Ausbilder, um die ukrainischen Soldaten
einzuweisen. Nach zwei Flügen am Montag wurden am Dienstag zwei weitere
gemeldet. Von einer „regelrechten Luftbrücke“ sprach am Dienstag ein
Journalist des UK Defence Journal.
„Es ist wichtig, dass die Ukraine in der Lage ist, sich zu verteidigen“,
sagte Großbritanniens Verteidigungsminister Ben Wallace am Montagabend im
britischen Parlament. Er kündigte ein „neues Paket der
Sicherheitsunterstützung“ für die Ukraine an: „Wir haben beschlossen, die
Ukraine mit leichten panzerbrechenden Defensivwaffen zu beliefern. Eine
kleine Zahl britischen Militärpersonals wird außerdem für einen kurzen
Zeitraum eine erste Schulung durchführen.“ Die Briten würden nach dem
Training nach Großbritannien zurückkehren.
Berichten zufolge handelt es sich bei den Lieferungen um Waffen wie die
schultergestützte Panzerabwehrhandwaffe AT4. Ukrainische Soldaten könnten
damit das Einrollen russischer Panzer zumindest stören. Wallace sagte: „Es
handelt sich nicht um strategische Waffen und sie stellen keine Bedrohung
für Russland dar. Sie sollen zur Selbstverteidigung eingesetzt werden.“
Für Großbritannien ist die militärische Unterstützung der Ukraine eine
Verpflichtung. Das Vereinigte Königreich ist Garantiemacht der Ukraine
gemäß dem Budapester Memorandum von 1994, als die vier Atommächte
Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA der Ukraine für den
Verzicht auf ihr sowjetisches Atomwaffenarsenal im Gegenzug die
Souveränität und territoriale Unversehrtheit des Landes garantierten. Als
Russland sich 2014 nicht an die Vereinbarung hielt, die Krim besetzte und
Rebellen in der Ostukraine aufrüstete, blieben die drei westlichen Mächte
aber tatenlos – dies wird heute weithin als Fehler gesehen. Nun soll die
Ertüchtigung der ukrainischen Streitkräfte einen erneuten russischen
Einmarsch möglichst unattraktiv gestalten.
## Großbritannien baut die Marine der Ukraine neu auf
„Opferzahlen unter den ukrainischen Streitkräften verringern und ihre
Kapazität und Widerstandsfähigkeit aufbauen“, nannte das britische
Verteidigungsministerium bereits 2015 das Ziel seiner Militärhilfe für die
Ukraine. Unter der damals gestarteten britischen „Operation Orbital“ laufen
auch die neuen Lieferungen, die eine erhebliche Ausweitung der bisherigen
Unterstützung darstellen. Parallel dazu baut Großbritannien die Marine der
Ukraine neu auf, die bei der russischen Besetzung der Krim größtenteils
verlorenging. Minenjagdboote, moderne Kriegsschiffe und schiffsbasierte
Raketen sollen geliefert werden; dafür wurden im vergangenen November
umgerechnet zwei Milliarden Euro bereitgestellt.
Mit all dem ist die britische Unterstützung fast so umfangreich wie die der
USA, die seit 2014 Militärhilfe im Wert von über 2,2 Milliarden Euro an die
Ukraine geleistet haben. Am interessantesten für Kiew sind dabei die vor
wenigen Monaten gelieferten Javelin-Panzerabwehrraketen – mit einer
Reichweite von bis zu 2.000 Metern, die modernsten der Welt. Dazu gibt es
unter anderem Radar- und Überwachungstechnologie sowie zwei
Patrouillenboote.
Noch weiter vor wagen sich die kleineren Nato-Partner Türkei und Kanada. Am
26. Oktober 2021 setzte die ukrainische Armee erstmals eine türkische
Bayraktar-TB2-Drohne ein, um eine Scharfschützenposition der prorussischen
Separatisten im Donbass auszuschalten. Es kam niemand zu Tode, aber die
Stellung wurde zerstört – ein perfekter Einsatz.
Türkische Drohnen sollen nun auch unter Lizenz in der Ukraine hergestellt
werden. Dies könnte der Regierung die Oberhand im Stellungskrieg im Donbass
geben: Im Berg-Karabach-Krieg 2021 hatten sich die hochmodernen russischen
Systeme zur elektronischen Kriegsführung, über die Armenien verfügte und
die auch im Donbass stationiert sind, als untauglich gegen die von
Aserbaidschan eingesetzten türkischen Drohnen erwiesen. Die Ukraine bemüht
sich derzeit auch um türkische Investitionen in den zu sowjetischer Zeit
führenden Militärflugzeughersteller Antonow, um eine neue Generation
besonders großer Transportflugzeuge zu bauen.
## Belarus kündigt Militärmanöver mit Russland an
Kanada wiederum hat als erster Nato-Staat Spezialkräfte in die Ukraine
entsandt. Ein kanadischer Militärsprecher bestätigte diese Woche,
Trainingseinsätze fänden seit 2020 statt und aktuell sei ein am 9. Januar
dieses Jahres entsandtes Kontingent dort. Bereits 2019 belieferte Kanada
die Ukraine mit Scharfschützengewehren, seit Jahren laufen Gespräche über
den Bau einer kanadischen Munitions- und Kleinwaffenfabrik in der Ukraine.
[1][Die Haltung Deutschlands, selbst keine Waffen an die Ukraine zu liefern
und nach Möglichkeit auch die Lieferungen anderer Staaten zu verhindern],
stößt in diesen Ländern wie auch in Kiew auf Unverständnis. Im November
legte Deutschland sein Veto gegen neue Lieferungen von
Scharfschützengewehren an die ukrainische Armee ein; die Regierung
protestierte.
Für Erstaunen sorgt, dass die britischen Rüstungsflüge in die Ukraine seit
Montag einen großen Bogen um Deutschland fliegen – sie nutzen den dänischen
und polnischen Luftraum. In britischen Medien heißt es dazu, Deutschland
habe eine Überfluggenehmigung verweigert. Dieser Darstellung widersprach am
Dienstagmittag die britische Regierung. Auch das
Bundesverteidigungsministerium in Berlin sagte, es habe keine entsprechende
britische Anfrage gegeben. In deutschen Regierungskreisen hieß es, die
Genehmigung sei von Dänemark schneller zu bekommen gewesen als von
Deutschland, weil Großbritannien und die skandinavischen Länder eng
zusammenarbeiten.
Nun bemühen sich die westlichen Regierungen verschärft, eine gemeinsame
Linie gegenüber Russland zu vertreten und die vergangene Woche begonnenen
Gespräche mit Moskau in die Länge zu ziehen, um es Russland zu erschweren,
sie für gescheitert zu erklären. Am Dienstag reiste US-Außenminister Antony
Blinken nach Kiew; er soll am Donnerstag nach Berlin weiterreisen und seine
deutschen, britischen und französischen Amtskollegen treffen. In Berlin
traf am Dienstag Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Bundeskanzler Olaf
Scholz und sagte, er habe alle Mitglieder des Nato-Russland-Rates zu einer
„Reihe von Treffen“ eingeladen. Derweil kündigte die Regierung von Belarus
gemeinsame Militärmanöver mit Russland auf belarussischem Gebiet vom 10.
bis 20. Februar an.
18 Jan 2022
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[1] /Bundesaussenministerin-in-Moskau/!5828674
## AUTOREN
Dominic Johnson
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