# taz.de -- Ukraine gratuliert Boris Johnson: „Lächerlich“? Wohl kaum | |
> Boris Johnsons Kritiker sind empört, dass der im Amt gerettete britische | |
> Premierminister Glückwünsche aus Kiew beansprucht. Aber die gibt es | |
> wirklich. | |
Bild: „Wichtiger Alliierter“: Boris Johnson mit Ukraines Präsident Selensk… | |
BERLIN taz | Die Empörung in gewissen Londoner Milieus war groß, als am | |
späten Montagabend Großbritanniens Bildungsminister Nadham Zahawi den Sieg | |
des Premierministers Boris Johnson bei der Vertrauensabstimmung der | |
regierenden Konservativen mit einem Verweis auf die Ukraine kommentierte. | |
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenski, [1][behauptete Zahawi], werde vor | |
Freude „die Faust in die Luft recken, weil morgen früh sein großer | |
Verbündeter Boris Johnson Premierminister sein wird“. | |
Auf Twitter hagelte es Häme und Kritik: „Verrückt“, „ekelhaft“, | |
„lächerlich“ gehörten noch zu den höflicheren Kommentaren, und Johnson | |
wurde vorgeworfen, die Ukraine zu instrumentalisieren. | |
Das Problem mit dieser Kritik: Zahawi hatte recht. | |
Keine Stunde nach der Verkündigung von Johnsons Sieg [2][gratulierte | |
Selenskis Chefberater Mychailo Podoljak] per Twitter: „Führung ist immer | |
eine schwere Last. @BorisJohnson war einer der Ersten, der die Bedrohung | |
erkannte und mit @ZelenskyyUa stand, um die freie Welt vor barbarischer | |
Invasion zu schützen. Die Welt braucht solche Führer.“ | |
Und am Dienstag legte Selenski persönlich nach: „Ich bin froh, dass wir | |
einen wichtigen Alliierten nicht verloren haben, das ist eine tolle | |
Nachricht“, [3][sagte der ukrainische Präsident] auf einer virtuellen | |
Konferenz der Financial Times. Boris Johnson sei „ein wahrer Freund“. | |
Solches Lob ist für den bedrängten Premier selten geworden. Vor der | |
Londoner St.-Pauls-Kathedrale wurde Boris Johnson am vergangenen Freitag | |
bei dem Gottesdienst für das 70. Thronjubiläum der Queen von einigen | |
Zuschauern ausgebuht. | |
Fast genau acht Wochen vorher, am 9. April, war Boris Johnson in Kiew | |
bejubelt worden, als er als erster westlicher Regierungschef seit | |
Kriegsbeginn die ukrainische Hauptstadt besuchte und [4][mit Selenski | |
zusammen] durch die Straßen ging. | |
Aus Sicht der Ukraine ist Großbritannien der wichtigste Verbündete in | |
Westeuropa. Schon vor Kriegsbeginn lieferte London tausendfach | |
panzerbrechende Raketen nach Kiew. Ohne die frühere Aufrüstung aus | |
Großbritannien hätte die Ukraine die erste Phase des russischen Angriffs | |
nicht überstanden. | |
Auch seitdem liefert die britische Regierung nicht etwa ausrangiertes | |
Kriegsgerät wie Deutschland, sondern hochmoderne Rüstung aus eigener | |
Produktion. | |
Kiew weiß den Unterschied zu schätzen – und es wäre erstaunlich, würde | |
Boris Johnson diesen klarsten außenpolitischen Erfolg seiner Amtszeit nicht | |
auch innenpolitisch nutzen. | |
8 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/GBNEWS/status/1533909657026183169 | |
[2] https://twitter.com/Podolyak_M/status/1533902519784595456 | |
[3] https://www.ft.com/content/1960a644-fb40-494c-a80c-68f961c546dc | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=EcKkHIRNhnU | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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