# taz.de -- Deutschlands Waffenexporte: Ein Mordsgeschäft | |
> Der Kreis der Kunden ist pikant: Die meisten Lieferungen gingen nach | |
> Saudi-Arabien, Algerien und Ägypten. Nur die USA und Russland exportieren | |
> mehr Rüstungsgüter. | |
Bild: Schönen guten Tag, wo soll's denn hingehen heute? | |
LONDON dpa | Deutschland ist im vergangenen Jahr hinter den USA und | |
Russland der drittgrößte Waffenexporteur weltweit gewesen. Wie der | |
Branchendienst „Jane's“ in seinem jährlichen Rüstungsbericht feststellt, | |
verkauften deutsche Unternehmen 2015 Rüstungsgüter im Wert von rund 4,78 | |
Milliarden US-Dollar (4,2 Mrd Euro) ins Ausland – Kleinwaffen und Munition | |
nicht mitgerechnet. | |
Davon ging etwas weniger als ein Drittel (29 Prozent) in den Krisengürtel | |
Nahost-Nordafrika. Wichtigster Abnehmer in dieser Region war im vergangenen | |
Jahr Saudi-Arabien, gefolgt von Algerien, Ägypten und Katar. Laut „Jane's“ | |
werden die Lieferungen nach Nordafrika und Nahost 2018 sogar 40 Prozent der | |
deutschen Rüstungsexporte ausmachen. Danach fällt der Anteil | |
voraussichtlich wieder ab, auf 28 Prozent. | |
Im Vorjahr hatte Deutschland in der Liste der größten Exporteure noch auf | |
dem fünften Platz gelegen. Dass es 2016 wohl nur für den vierten Platz | |
reichen wird, liegt nach Auskunft des Autors Ben Moores allerdings nicht | |
daran, dass Deutschland seine Rüstungsexporte zurückfährt. Im Gegenteil: | |
Der Gesamtbetrag wird den Berechnungen zufolge sogar noch einmal minimal | |
steigen. | |
Grund sei vielmehr die Tatsache, dass Frankreich seine Rüstungsindustrie | |
„wiederbelebt“ habe, sagte Moores. Die Gesamtsumme der französischen | |
Rüstungsexporte in diesem Jahr schätzt er auf rund sechs Milliarden | |
US-Dollar. Seinen Berechnungen zufolge wird Frankreich 2018 sogar Russland | |
überrunden und zum zweitgrößten Exporteur von Rüstungsgütern aufsteigen. | |
Der weltweit größte Importeur von Waffen und Ausrüstung ist und bleibt | |
Saudi-Arabien. Laut „Jane's“ wurden im vergangenen Jahr Rüstungsgüter im | |
Wert von rund 9,3 Milliarden US-Dollar in das islamische Königreich | |
geliefert. In diesem Jahr liegen die saudischen Militär-Importe sogar knapp | |
über zehn Milliarden Dollar. | |
## Späh- und Überwachungstechnik gefragt | |
Indien belegte in der Liste der wichtigsten Importeure in diesem und im | |
vergangenen Jahr jeweils den zweiten Platz. Die Emirate steigern ihre | |
Rüstungsausgaben den Angaben zufolge massiv. In diesem Jahr sollen sie | |
Material im Wert von rund drei Milliarden US-Dollar erhalten. Damit sind | |
sie aktuell der drittgrößte Importeur von Rüstungsgütern. | |
Zwar macht den Golfstaaten der Rückgang der Öl- und Gaspreise zu schaffen. | |
Moores gibt allerdings zu bedenken: „Nur weil ein Land sehr stark von | |
Öleinkünften abhängig ist, heißt das nicht automatisch, dass es seine | |
Verteidigungsausgaben senken wird, nur weil der Ölpreis sinkt.“ | |
Saudi-Arabien habe große Ölreserven und kaum Schulden. Dies ermögliche es | |
dem Königreich, auch in den kommenden Jahren große Aufträge an | |
Rüstungskonzerne zu vergeben. Anders sei dies im Falle Russlands oder des | |
Sultanats Oman. In beiden Staaten sei bei einem anhaltend niedrigen Ölpreis | |
langfristig mit sinkenden Rüstungsausgaben zu rechnen. | |
Aus der Art der Rüstungsgüter, die von den arabischen Staaten derzeit | |
bestellt werden, lässt sich laut Moores viel über ihre strategischen Ziele | |
und Allianzen ablesen. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: | |
„Saudi-Arabien, Katar und die Emirate investieren viel in Späh- und | |
Überwachungstechnik.“ Dies könne auf ein wachsendes Streben nach | |
Unabhängigkeit von ihrem Langzeit-Sicherheitspartner USA hindeuten. | |
Die Golfstaaten und Ägypten hätten sich zudem Militärtechnik zugelegt, die | |
auch anderen Zwecken diene als der rein defensiven Landesverteidigung. Der | |
neue Fokus auf Präzisions-Lenkwaffen deutet nach Ansicht des | |
Rüstungsexperten darauf hin, dass man sich auf Konflikte vorbereitet, „in | |
denen es auch darum geht, sich die Unterstützung der Bevölkerung zu | |
sichern, indem man eine große Anzahl ziviler Opfer vermeidet“. | |
13 Jun 2016 | |
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