Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tricks beim Waffenexport: Verdächtige Bauernopfer-Strategie
> Gegen Mitarbeiter der Rüstungsfirma Heckler & Koch wird wegen illegaler
> Ausfuhr von Kriegswaffen ermittelt. Gehalt erhalten sie trotzdem weiter.
Bild: Heckler & Koch hat zwischen 2006 bis 2009 einige tausend Gewehre an die m…
FREIBURG taz | Die Rüstungsfirma Heckler & Koch nahm zwei Kündigungen
zurück. Dazu verpflichtete sie sich in einem Vergleich, der am Montagabend
vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) in Freiburg geschlossen wurde. Sollten
die beiden Mitarbeiter jedoch wegen illegaler Ausfuhr von Kriegswaffen
verurteilt werden, sind sie auch den Job los.
Heckler & Koch hatte von 2006 bis 2009 einige Tausend G36-Gewehre an die
Polizei Mexikos geliefert. Diese tauchten dann in Unruheprovinzen auf,
obwohl der Export dahin nicht genehmigungsfähig war. Das deutsche
Wirtschaftsministerium hatte den Export nur erlaubt, weil es
„Endverbleibserklärungen“ für ruhige mexikanische Bundesstaaten gab.
Das Unternehmen hatte lange illegale Tricks bestritten, im Vorjahr dann
aber überraschend den Bereichsleiter Axel H. und die Sachbearbeiterin
Marianne B. entlassen. Die beiden hätten gemeinsam mit einem
Handelsvertreter unverdächtige Verbleibserklärungen von der mexikanischen
Regierung beschafft.
## „Eroberung Mexikos“
In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht Freiburg die Kündigungen im
Januar für unwirksam erklärt. Wegen der über 30-jährigen
Betriebszugehörigkeit wäre nur eine Abmahnung möglich gewesen. Das
Unternehmen ging jedoch in Berufung. „Es ist Heckler & Koch nicht
zuzumuten, mit diesen Beschäftigten weiter zusammenzuarbeiten“, erklärte
Anwalt Volker Teigelkötter vor dem LAG.
Er machte die Mexiko-Affäre indirekt für die wirtschaftliche Krise bei dem
schwäbischen Rüstungsunternehmen verantwortlich. Die Anwälte der
Beschäftigten erklärten das für „absurd“. Eventuelle Mitwisser im
Unternehmen beschuldigten sie jedoch nicht.
Nach einer mehrstündigen Verhandlung erklärte der Vorsitzende LAG-Richter
Christoph Tillmanns, es sei noch offen, ob ein kriminelles Delikt begangen
wurde. Als Kündigungsgrund komme derzeit nur eine „schwere
arbeitsrechtliche Pflichtverletzung“ in Betracht. Diese liege vor, wenn die
Mitarbeiter mit Hilfe der mexikanischen Behörden gezielt die deutsche
Genehmigungsbehörde hinters Licht geführt hätten – und so die
Vertrauenswürdigkeit von Heckler & Koch gefährdeten. Da die
Arbeitnehmeranwälte jedoch jede Täuschungsabsicht bestritten, hätte man vor
Gericht unzählige E-Mails von H., B. und dem Handelsvertreter auswerten
müssen. Darin war etwa von einer „Eroberung Mexikos“ die Rede.
## Bis auf Weiteres freigestellt
Doch dazu kam es nicht mehr, weil Richter Tillmanns einen Vergleich
vorschlug, auf den beide Seiten eingingen. Der Fortbestand der
Arbeitsverhältnisse hängt nun ganz vom Ausgang der strafrechtlichen
Ermittlungen ab. Bis auf Weiteres bleiben H. und B. freigestellt, erhalten
aber ihre Gehälter. Auch die Verteidigerkosten im Strafprozess wird Heckler
& Koch bezahlen.
Der Freiburger Rüstungskritiker Jürgen Grässlin, der den Skandal 2010 mit
einer Strafanzeige ins Rollen brachte, sagte nach der Verhandlung: „Mit
dieser Bauernopfer-Strategie wird Heckler & Koch nicht durchkommen.“ Die
Staatsanwaltschaft werde wohl auch andere Verantwortliche im Unternehmen
anklagen. Wie vor dem LAG bekannt wurde, hat inzwischen das Zollkriminalamt
seine Ermittlungen abgeschlossen und der Staatsanwaltschaft eine Anklage
empfohlen.
3 Dec 2014
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Waffenlieferung
Heckler & Koch
Waffenexporte
Rüstungsexporte
Mexiko
Waffenexporte
Guerrero
Mexiko
Heckler & Koch
Waffen
Arbeitsplätze
Verteidigungspolitik
Sigmar Gabriel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Deutschlands Waffenexporte: Ein Mordsgeschäft
Der Kreis der Kunden ist pikant: Die meisten Lieferungen gingen nach
Saudi-Arabien, Algerien und Ägypten. Nur die USA und Russland exportieren
mehr Rüstungsgüter.
Studentenmassaker in Mexiko: Deutsche Waffen, deutsches Geld
Immer wieder finden sich Sturmgewehre aus deutscher Produktion in
Krisengebieten. So auch in der mexikanischen Provinz Guerrero.
Heckler & Koch unter Verdacht: Die Spur führt nach Iguala
Benutzten die Mörder der 43 Studenten in Mexiko deutsche Waffen? 36 Gewehre
von Heckler & Koch wurden jüngst beschlagnahmt.
Illegaler Waffenexport: Für Polizei und Mafia-Killer
Wer ist verantwortlich für den Export von G36-Gewehren nach Mexiko? Ein
Gerichtsprozess könnte Licht auf Geschäfte von Heckler & Koch werfen.
Kolumne Wir retten die Welt: Militärmurks? Ja bitte!
Turnschuhe, Kinderspielzeug oder auch Handys sind schnell im Eimer. Aber
warum sind gerade Waffen made in Germany so unbegrenzt haltbar?
Kommentar Waffenhersteller: Werkzeuge statt Knarren
Bei Waffenexporten gibt es keine Planungssicherheit. Um Arbeitsplätze zu
sichern, sollten Rüstungsunternehmen ihr Angebot verändern.
Rüstungsprojekte der Bundesregierung: Wo das Geld verballert wird
Seit Anfang Juli durchleuchten Wirtschaftsprüfer die deutschen
Rüstungsprojekte. Deren Kosten übersteigen die des Hauptstadtflughafens.
Kommentar Waffenexporte: Gut gebrüllt, Löwe!
Kleinwaffen deutscher Produktion töten in Bürgerkriegen Zivilisten. Eine
Schande, wie Gabriel bemerkt. Doch ob Restriktionen folgen, bleibt unklar.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.