# taz.de -- Debatte um BDS und documenta 15: Kunstfreiheit und Antisemitismus | |
> Gerät die Documenta 15 zum Vernetzungstreffen von Kunstaktivisten und | |
> Israelfeinden? Eine Kassler Initiative erhebt schwere Vorwürfe. | |
Bild: Das Kunstkollektiv Ruangrupa aus Indonesien leitet die documenta 15 | |
Am 18. Juni will die documenta 15 in Kassel eröffnen. Doch schweben mal | |
wieder dunkle Wolken über der internationalen Kunstschau. Das Kassler | |
Bündnis gegen Antisemitismus wirft den Verantwortlichen vor, die documenta | |
15 als Plattform zur Verbreitung israelfeindlicher und antisemitischer | |
Positionen zu missbrauchen. | |
In einem ausführlich [1][mit Belegen gespickten Beitrag des Bündnisses] | |
heißt es, dass schon die Findungskommission für die künstlerische Leitung | |
mit entsprechenden Personal besetzt war. | |
Namentlich genannt werden Amar Kanwar und Charles Esche, die im | |
Kulturbetrieb als „Israelkritiker“ und Unterstützer der antisemitischen | |
Israel-Boykottbewegung BDS bekannt und trotz ihrer antiimperialistischen | |
Positionen in Kassel gesetzt seien. Die documenta 15 wird nun vom | |
Kunstkollektiv Ruangrupa aus Indonesien künstlerisch geleitet. | |
„Als documenta-Kommission benennt der Beirat nicht lediglich die jeweilige | |
Künstlerische Leitung, sondern begleitet darüber hinaus auch den weiteren | |
Projektprozess,“ heißt es auf der documenta-Website. Nach dem finanziellen | |
Desaster 2017 [2][und der Kritik an der documenta 14] wurde der Beirat | |
installiert, um die Kuratoren anzuleiten und zu kontrollieren. | |
## Demokratisierung oder Trick? | |
Ruangrupa galt bis 2019 international weitgehend als unbekannt in der | |
Kunstwelt. Ihre documenta-Berufung konnte als Geste der Demokratisierung | |
des institutionellen Kunstbetriebs bewertet werden. Aber auch als | |
Taschenspielertrick, der es den Kulturfunktionären leichter macht, | |
vermeintlich schwache Player zu funktionalisieren. | |
Die Wirklichkeit mag dazwischen liegen, aber unzweifelhaft hat der | |
documenta-Beirat nun eine klar postulierte, größere Verantwortung für das | |
Kommende übernommen. | |
„Auf ihren eigenen Territorien errichten die Europäer Konzentrationslager | |
und bezahlen ihre Gauleiter in der Türkei, Libyen und Ägypten dafür, die | |
Drecksarbeit entlang der Küsten des Mittelmeers zu erledigen, wo Salzwasser | |
mittlerweile das Zyklon B ersetzt hat“, dichtete Franco (Bifo) Berardi in | |
„Auschwitz on the Beach“. Die Gleichsetzung europäischer Migrationspolitik | |
mit der NS-Vernichtungspolitik reichte 2017 zur Einladung für eine | |
Performance nach Kassel. | |
Nun steht das Ruangrupa-Mitglied Ada Darmawan in der Diskussion. Er | |
unterschrieb (wie der künstlerische Leiter der documenta 14 Adam Szymczyk) | |
von palästinensischen Nationalisten angeleitete Aufrufe, in denen Israel | |
pauschal diffamiert und sein Existenzrecht infrage gestellt wird. | |
## Antiisraelischer Aktivismus | |
Das Kasseler Bündnis gegen Antisemitismus weist ausführlich auf die | |
Vernetzung der documenta 15 mit Propagandisten des | |
völkisch-palästinensischen Extremismus hin. Genannt werden das Khalil | |
Sakakini Cultural Center in Ramallah sowie der palästinensische | |
Kunstaktivist Yazan Khalili. Dessen von Ruangrupa nun protegierten | |
Positionen wären künstlerisch wohl kaum der Rede wert, würde es nicht genau | |
um seine eindimensional ausgerichtete Propaganda gegen Israel gehen. Hass | |
im Namen der Kunstfreiheit? | |
Elke Buhr behauptet in der Kunstzeitschrift Monopol, die documenta-Praxis | |
sei alternativlos sonst könne man ja niemanden mehr einladen: „Sobald man | |
Künstlerinnen und Künstler mit Verbindungen zur arabischen Welt oder zum | |
Globalen Süden einlädt, wird man auf Menschen treffen, die eine andere | |
Haltung zum BDS haben, als es die offiziellen Leitlinien bundesdeutscher | |
Politik vorsehen.“ Lassen sich menschenrechtliche Standards so leicht außer | |
Kraft setzen? | |
Oder müsste es nicht vielmehr heißen, so manche Kunstfunktionäre laden gern | |
ein, wer den eigenen stereotypen Vorstellungen einer Kritik an „dem“ | |
Kapitalismus und Israel entspricht? All die anderen vermögen sie oft nicht, | |
als „authentische“ Subjekte zu erkennen. | |
14 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://bgakasselblog.wordpress.com/ | |
[2] /Documenta-14-in-Athen/!5396633 | |
## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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