# taz.de -- Befreiungsaktion in Texas: Mann nimmt Geiseln in US-Synagoge | |
> Eine Geiselnahme in einer Synagoge in Texas ist mit einer | |
> Befreiungsaktion geendet. Über viele Stunden verhandelten Polizisten mit | |
> dem Geiselnehmer. | |
Bild: Michael Miller, Polizeichef von Colleyville, im Gespräch mit Journalist*… | |
COLLEYVILLE/WASHINGTON dpa | Eine Geiselnahme in einer Synagoge hat am | |
Samstag eine Stadt im US-Bundesstaat Texas in Atem gehalten. Nach | |
stundenlangen Verhandlungen mit dem Geiselnehmer drangen Spezialkräfte am | |
Samstagabend (Ortszeit) in die Synagoge ein und befreiten die Geiseln, wie | |
die Polizei in der Stadt Colleyville nahe Dallas mitteilte. | |
Der Geiselnehmer sei ums Leben gekommen. Wie genau, ließ die Polizei offen. | |
Auch zu den Hintergründen der Tat hielten sich die Behörden bedeckt. | |
US-Medien berichteten unter Berufung auf Ermittler, der Geiselnehmer habe | |
eine Gefangene mit mutmaßlichen Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida | |
freipressen wollen. | |
Der Mann hatte am Samstagvormittag (Ortszeit) während eines Gottesdienstes | |
in der Synagoge der 26.000-Einwohner-Stadt vier Geiseln genommen und sich | |
über Stunden mit ihnen in dem Gebäude verschanzt. Unter ihnen war der | |
Rabbi. Der Gottesdienst wurde auf der Facebook-Seite der Gemeinde live | |
übertragen. | |
Die lokale Zeitung Fort Worth Star Telegram berichtete, in dem Livestream | |
sei die Stimme eines wütenden Mannes zu hören gewesen, der geschimpft und | |
geflucht und unter anderem über Religion gesprochen habe. Er habe mehrmals | |
gesagt, er wolle niemandem weh tun, und er glaube, dass er sterben werde. | |
Irgendwann brach die Übertragung ab. | |
## 200 Polizist*innen samt Spezialeinheiten | |
Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot von etwa 200 Beamten an – | |
darunter Spezialeinheiten, die auf Geiselnahmen spezialisiert sind. | |
Experten der Bundespolizei FBI hielten den Tag über mit dem Geiselnehmer | |
Kontakt und verhandelten mit ihm. | |
Die Lage war lange unübersichtlich. Am frühen Abend kam die erste | |
Entwarnung: eine männliche Geisel wurde freigelassen – unversehrt. Ein paar | |
Stunden später verkündete dann der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, auf | |
Twitter, alle Geiseln seien frei und in Sicherheit. | |
Der zuständige FBI-Beamte Matt DeSarno sagte, alle vier Geiseln seien | |
wohlauf und unverletzt. Der Geiselnehmer sei identifiziert. Angesichts der | |
laufenden Ermittlungen könne die Polizei aber keine näheren Angaben zu ihm | |
machen. Umfangreiche Nachforschungen mit Blick auf sein Motiv und mögliche | |
Kontakte seien im Gang. | |
„Unsere Ermittlungen werden globale Reichweite haben“, betonte DeSarno. | |
Nach bisherigen Erkenntnissen sei der Geiselnehmer auf ein Thema fokussiert | |
gewesen, das nicht speziell die jüdische Gemeinschaft betreffe. Der | |
Polizeichef von Colleyville, Michael Miller, sagte, es sei bislang unklar, | |
warum der Mann die örtliche Synagoge als Ziel ausgewählt habe. | |
## Ging es um Aafia Siddiqui? | |
Mehrere US-Medien, darunter die [1][Washington Post] und der Sender CNN, | |
berichteten übereinstimmend unter Berufung auf Ermittlerkreise, der Mann | |
habe die Freilassung der pakistanischen Wissenschaftlerin Aafia Siddiqui | |
aus einem nahe gelegenen Gefängnis in Texas erreichen wollen. | |
Siddiqui wurde im Juli 2008 im afghanischen Ghasni festgenommen und 2010 | |
wegen eines Angriffs auf US-Soldaten in Afghanistan von einem | |
US-Bundesrichter zu 86 Jahren Haft verurteilt. Beim Verhör auf einer | |
Polizeiwache hatte sie eine am Boden liegende Waffe an sich genommen und | |
auf einen US-Soldaten und einen Übersetzer gezielt, ohne diese zu treffen. | |
Siddiqui war zuvor in einer der Top-Universitäten der USA, dem MIT in | |
Cambridge, ausgebildet worden. Später wurde ihr Name von US-Behörden auf | |
eine Liste von Verdächtigen gesetzt, die mit Al-Kaida-Terroristen in | |
Verbindung stehen könnten. | |
Die Polizei äußerte sich nicht zu dem Motiv des Täters. Offen ließen die | |
Behörden auch, wie sich die Szene der Geiselbefreiung abspielte, wie der | |
Geiselnehmer bewaffnet war und ob er von Einsatzkräften getötet wurde oder | |
sich womöglich selbst das Leben nahm. | |
## Biden: „Gegen Antisemitismus und Extremismus“ | |
US-Präsident Joe Biden erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme: „In | |
den kommenden Tagen werden wir mehr über die Beweggründe des Geiselnehmers | |
erfahren.“ Er betonte, jeder, der Hass verbreiten wolle, müsse aber wissen: | |
„Wir werden uns gegen Antisemitismus und gegen die Zunahme des Extremismus | |
in diesem Land stellen.“ | |
Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett äußerte sich nach der | |
Befreiung in einem Tweet erleichtert und dankbar. „Dieser Vorfall hat uns | |
deutlich vor Augen geführt, dass Antisemitismus noch lebendig ist, und dass | |
wir ihn weltweit weiter bekämpfen müssen.“ | |
Behörden in anderen US-Städten, unter anderem in New York und Los Angeles, | |
teilten mit, angesichts der Lage in Colleyville hätten sie ihre Präsenz an | |
Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen aus Vorsicht vorerst | |
verstärkt. | |
16 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.washingtonpost.com/nation/2022/01/15/texas-synagogue-hostages/ | |
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