| # taz.de -- Berliner Mietendeckel gekippt: Klassenkampf von oben | |
| > Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Berliner | |
| > Mietendeckel gefährdet den sozialen Frieden. | |
| Bild: Großes Mobilisierungspotenzial: Demo am Donnerstagabend in Berlin | |
| Der Begriff der Klassenpolitik, als Politik einer herrschenden Klasse gegen | |
| die Mehrheit der Bevölkerung, ist von vielen in der Mottenkiste politischer | |
| Propaganda entsorgt worden. Zu Unrecht, wenn man auf die Entscheidung über | |
| den [1][Mietendeckel] durch das Bundesverfassungsgericht vom Donnerstag | |
| schaut. Auf Betreiben der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU | |
| und FDP hat das Gericht das Instrument, mit dem Berlins rot-rot-grüne | |
| Regierung die Mieter*innen der Stadt vor existenziellen Sorgen schützen | |
| wollte, für nichtig erklärt. | |
| Selten ist so offensichtlich geworden, wie sich ein gewichtiger Teil der | |
| politischen Klasse vor den Karren einiger Wohlhabender spannen lässt. Mit | |
| ihrer [2][Klage] haben sich die Abgeordneten zu Gehilfen weniger tausend | |
| Vermieter*innen gemacht, darunter Hedgefonds und Briefkastenfirmen, | |
| denen ein Großteil des Berliner Wohnungsbestandes gehört. Die Mieter*innen, | |
| die aufgrund der Mietpreisexplosion des vergangenen Jahrzehnts | |
| existenzielle Sorgen haben, sind ihnen egal. Die Botschaft ist klar: Der | |
| Profit steht über dem Schutzbedürfnis der nicht besitzenden Klasse. | |
| Als Vertreterin derjenigen, für die das soziale Gut [3][Wohnen] ein reines | |
| Geschäftsmodell ist, agiert die sich in dauerhafter politischer | |
| Verantwortung befindende Union aber nicht erst jetzt. Wirksame Regelungen | |
| zum Schutz vor Spekulation auf den Wohnungsmärkten besonders in den Städten | |
| verhindern die Konservativen seit jeher mit aller Macht. Die bundesweite | |
| Mietpreisbremse, hinter der sie ihr neoliberales Gesellschaftsbild zu | |
| verstecken suchen, gehört aufgrund vieler Ausnahmen und mangelnder | |
| Kontrolle zu den wirkungslosesten Gesetzen dieses Landes. | |
| Geradezu zynisch mutet es da an, wenn das Gericht nun mit Hinweis auf diese | |
| Fehlleistung von einer abschließenden Regelung durch den Bund spricht. | |
| Unverantwortlich ist, dass die Richter*innen das Gesetz nicht nur ab | |
| sofort, sondern auch rückwirkend für nichtig erklärt haben. Damit öffnen | |
| sie Nachzahlungsforderungen Tür und Tor, statt – wie es auch möglich | |
| gewesen wäre – für die Vermeidung sozialer Härten und damit für die Wahru… | |
| des gesellschaftlichen Friedens zu sorgen. | |
| Dieser steht auf dem Spiel, wenn bei der Mehrheit ankommt: Eine soziale | |
| Mietenpolitik verstößt gegen die Verfassung. Zugleich schwindet der Glaube | |
| daran, dass Politik in der Lage ist, Menschen vor der Verwertungslogik der | |
| Märkte zu schützen. Der Versuch, mit dem Mietendeckel wirksam in eine | |
| Preisspirale einzugreifen, war in dieser Hinsicht ein – nun jäh zerstörter | |
| – Hoffnungsschimmer. Er steht trotz seines Scheiterns weiterhin dafür, dass | |
| ein Mitte-links-Bündnis mit dem nötigen Druck der Straße durchaus für einen | |
| anderen Politikansatz stehen kann. | |
| Dass sich Berlins Landesregierung unter Drängen der Linken traute, eine | |
| kompromisslose Mietpreisbegrenzung zu verabschieden, ist allemal besser, | |
| als sich von vornherein der Alternativlosigkeit kapitalistischer Logiken zu | |
| unterwerfen. Eine sich als progressiv verstehende Regierung könnte sonst | |
| auch gleich freiwillig das Feld räumen und den Neoliberalen überlassen. | |
| Oder auch einer Expertenriege von Managern. Am Ende macht es nämlich keinen | |
| Unterschied, ob in Berlin ein Kai Wegner an der Spitze der CDU steht oder | |
| ein Christoph Gröner, der als Immobilienspekulant allein im vergangenen | |
| Jahr fast eine Million Euro in die Partei steckte. | |
| Den Mieter*innen bleibt nun nichts anderes mehr übrig, als selbst eine | |
| Antwort auf den von oben forcierten Klassenkampf zu finden. Die Forderung | |
| nach einem bundesweiten Mietendeckel oder mehr Kompetenzen für die Länder | |
| ist da nur logisch. Die richtige Reaktion für die Berliner*innen liegt | |
| auch schon auf dem Tisch: Die Unterstützung für das Volksbegehren Deutsche | |
| Wohnen und Co. Enteignen, das die großen privaten Immobiliengesellschaften | |
| der Stadt vergesellschaften will. | |
| 16 Apr 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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