| # taz.de -- „Tatort“ aus Berlin: Richtige Fragen | |
| > Was macht das mit einem, wenn man aus seiner Wohnung fliegt, in der man | |
| > jahrelang lebte? Und was würde man alles tun für eine erschwingliche | |
| > Wohnung? | |
| Bild: Karow und Rubin stellen den Mord am Immobilienmanager Ceylan nach | |
| Mitte April wäre das passendere Sendedatum gewesen, als das | |
| Bundesverfassungsgericht [1][den Berliner Mietendeckel kippte], oder auch | |
| davor. Denn im neuen RBB-„Tatort“ ist der Mietendeckel noch in Kraft. Thema | |
| des Krimis „Die dritte Haut“ ist der Mietenwahnsinn in der Hauptstadt. | |
| Es geht los mit einem Räumungstitel: Familie Wagner wird auf die Straße | |
| gesetzt. Scheißegal, was mit denen wird; Vater, Mutter, Kind landen in | |
| einer Notunterkunft für Obdachlose. Das Mietshaus, in dem ihre Wohnung | |
| liegt, wurde von einer Immobilienfirma übernommen. Und nun wird mit | |
| rabiaten Methoden entmietet. | |
| Nach einer Luxussanierung wird es hier Eigentumswohnungen geben und andere | |
| Mieter:innen. Da ist kein Platz für Leute wie die alte Frau Kirschner, die | |
| hier seit 55 Jahren wohnt. Sie hat große Angst, was aus ihr werden soll, | |
| wenn sie ausziehen muss – „das ist doch mein Zuhause!“ | |
| Oder die alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern, fest im Kiez | |
| verankert; ihr Ex-Mann ist obdachlos, man sieht ihn in der U-Bahn betteln. | |
| Und dann ist da noch ein freischaffender Journalist, der als Mietrebell in | |
| den sozialen Medien gegen die Auswüchse auf dem Wohnungsmarkt kämpft. | |
| ## Töten für eine Wohnung? | |
| Nach der ersten Viertelstunde denkt man, puh, so viel Not und Elend und | |
| Angst ums Überleben. Dieser „Tatort“ kommt quasi als verkappter | |
| „Polizeiruf“ daher, weil hier die sozialen Milieus mit den | |
| unterschiedlichsten Schicksalen so klasse herausgearbeitet werden, auch die | |
| der Immobilien-Fuzzis (die haben ja auch so ihre Sorgen). Fast könnte man | |
| meinen, dass der Fall Nebensache ist. | |
| Also: Der Juniorchef der Immobilienfirma liegt tot vor besagtem Mietshaus. | |
| Rubin und Karow, die beiden Kriminalhauptkommissare ohne Vornamen, haben | |
| damit ihren 13. Fall. Sie ermitteln mit Maske, Corona spielt ganz normal | |
| eine Rolle. Die beiden sind wie immer herrlich ruppig, siezen sich immer | |
| noch, dabei vögeln sie miteinander. | |
| Sehr schön diese Szene: [2][Weil die Clubs (noch) zu sind], tanzt Rubin zu | |
| einer Flasche Rotwein auch mal allein zu Hause. Dieser „Tatort“ stellt | |
| richtige, weil existenzielle Fragen: Was macht das mit einem, wenn man aus | |
| seiner Wohnung fliegt, in der man jahrelang lebte – mit dem Wissen, wie | |
| schwierig es ist, in Berlin bezahlbaren Wohnraum zu finden. Würde man für | |
| eine erschwingliche Wohnung jemanden töten? | |
| Der Film geht unter die Haut. Ach, man wünschte sich echt eine andere | |
| Auflösung des Falls. Das findet Rubin übrigens auch. | |
| 6 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Hergeth | |
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