| # taz.de -- Ausstellung im Mies van der Rohe Haus: Kunst ist konkret | |
| > Eine Ausstellung im Berliner Mies van der Rohe Haus zeigt Kunst von Max | |
| > Bill, der einst am Bauhaus studierte. Blieb dies in seinem Werk sichtbar? | |
| Bild: Die farbkräftigen Formfindungen von Max Bill kann man sich auch vom Gart… | |
| Frühling ist die beste Zeit für das [1][Mies Haus am Obersee in | |
| Alt-Hohenschönhausen im Nordosten Berlins]. Ganz praktisch für eine | |
| Eröffnung wie jüngst an einem Aprilsonntag ohnehin, weil die stattliche | |
| Zahl der Gäste dann bequem im Garten Platz findet, aber auch metaphorisch, | |
| weil der kleine Bungalow für einen Aufbruch in neue, bessere Zeiten steht – | |
| die es freilich, als er 1932 vollendet war, nicht mehr geben sollte. | |
| Und doch ist diese unterschwellige Verheißung Teil des Bauwerks, [2][des | |
| letzten des Architekten Ludwig Mies van der Rohe vor der Nazi-Zeit]. Mit | |
| der jetzigen Ausstellung, „Max Bill und die Wirkungskraft der | |
| Bauhaus-Ideen“, beschließt Wita Noack ihre mehr als 30-jährige Dienstzeit | |
| als unermüdliche Leiterin des Hauses, das sie zu dem gemacht hat, was es | |
| heute ist, eine anerkannte, weit über den sie tragenden Bezirk Lichtenberg | |
| hinaus strahlende Institution. | |
| Da ist die Wahl von Max Bill als Protagonisten der Abschiedsausstellung ein | |
| zusätzlicher Fingerzeig. Denn der Schweizer Bill, Jahrgang 1908, ging als | |
| junger Mann zum Studium ans Dessauer Bauhaus und wurde alsbald zu einem der | |
| führenden Gestalter auch in Deutschland. | |
| ## Einflussreicher Gestalter der Nachkriegszeit | |
| [3][Als Mitgründer der Ulmer hfg], der – klein geschriebenen – Hochschule | |
| für Gestaltung, für die Bill als Architekt auch die wunderbaren Bauten im | |
| Umland von Ulm schuf, übte Bill auf das Erscheinungsbild der jungen | |
| Bundesrepublik bis in die 1970er Jahre hinein enormen Einfluss aus. | |
| Und sei es nur mit dem berühmten „Ulmer Hocker“, von dem gleich mehrere | |
| Exemplare zur Eröffnung im Mies Haus bereitstehen; diesem Allzweckmöbel, | |
| das die Studierenden vermittels der praktischen, die Seiteneile | |
| verbindenden Holzstange überallhin mitnehmen konnten, um darauf einer | |
| weiteren Vorlesung zu folgen. | |
| Doch um die hfg und den weiten Bereich der Produktgestaltung geht es hier | |
| nicht, sondern um die Malerei Max Bills, mit besonderer Berücksichtigung | |
| seiner frühen Jahre am Bauhaus. Bill war Allrounder, und die bislang letzte | |
| Retrospektive seines umfangreichen Œuvres, 2005 im Kunstmuseum Stuttgart, | |
| war denn auch in schlichter Aufzählung überschrieben mit „architekt, | |
| designer, bildhauer, maler, grafiker, typograf“. | |
| Am Bauhaus belegte Bill die Kurse der dort lehrenden Künstler, Albers, | |
| Kandinsky, Klee, Moholy-Nagy, Schlemmer; aber auch Architektur bei [4][Mart | |
| Stam], keiner der „Meister“, sondern als Gastdozent für Städtebau eine | |
| wichtige Figur der späten Bauhaus-Jahre. So kam der Kontakt zu den | |
| holländischen „De Stijl“-Künstlern zustande, und daraus ergab sich später | |
| in Paris die Teilnahme an der Gruppe „abstraction – création“. | |
| ## Er wurde der Mathematiker der Malerei | |
| Bill selbst wählte die Bezeichnung „konkrete kunst“ für seine Arbeit, die | |
| nicht mehr in Wiedergabe von oder Anlehnung an sichtbare Dinge besteht, | |
| sondern nach eigenen Formgesetzen aufgebaut ist. Bill wurde der | |
| Mathematiker der Malerei, die er in präzisen Formgerüsten erprobte, in | |
| Geraden und Diagonalen, in Farbfeldern und Quadraten. | |
| Davon sind auch im Mies Haus Beispiele zu sehen, so die berühmte | |
| Dreier-Serigrafie „Trilogie“ von 1952 – [5][Josef Albers lässt grüßen]… | |
| aber zahlreicher sind frühere Arbeiten, vor allem die Anfang der 1930er | |
| Jahre als Aquarell auf Transparentpapier angelegten, dabei farbkräftigen | |
| Formfindungen von Ovalen, Bögen, gewundenen Strichen, an- und übereinander | |
| gelegt. | |
| Und dann ist da der Entwurf für eine Wandmalerei „mit großem O“, den Wita | |
| Noack tatsächlich von einem Theatermaler ausführen lassen hat. Er prangt an | |
| der Wand, die geradewegs vom Garten aus zu sehen ist, wie eine Metapher des | |
| blauschimmernden Obersees, mit der darüber gelegten zarten | |
| Gitterkonstruktion vielleicht einer Brücke. | |
| Noch weiter zurück liegen Aquarelle der Bauhaus-Zeit, die den starken | |
| Einfluss von Paul Klee zeigen, aber dessen Schöpfungen an Hintersinn | |
| durchaus nicht nachstehen, wie der „kleine Jammer-König“ von 1929. Manches | |
| ist direkter, wie das „Mädchen im Café“ oder der „Hermaphrodit“, von … | |
| Bill eine Version dem verehrten Lehrer Klee zum Geburtstag schenkte, oder | |
| „Zwei Freundinnen“, die zwei zeittypisch Zigarette rauchende Studentinnen | |
| von 1927 zeigen. | |
| So klein die Ausstellung ist, so gehaltvoll ist sie; alles aus Leihgaben | |
| der Max Bill-Stiftung. Dem Bauhaus blieb Bill immer verbunden, später in | |
| Gestalt des in Berlin angesiedelten Bauhaus-Archivs, für das er eine | |
| Farbsäule schuf. Sie stand bis zum derzeitigen Umbau gut sichtbar vor dem | |
| Gebäude. Im Beirat dieses Museums blieb Bill bis ins hohe Alter aktiv, im | |
| Anschluss an eine Sitzung ist er in Berlin im Dezember 1994 verstorben. Er | |
| hat zeitlebens immer nach vorne geblickt, mitschaffend an einer besseren | |
| Zukunft. | |
| 27 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Schulz | |
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