# taz.de -- About Blank in Berlin: Hotel bedroht Technoclub | |
> Gegen den Willen des Bezirks genehmigt der Berliner Senat einen | |
> Hotelneubau direkt neben dem Club About Blank. Der sieht sich in seiner | |
> Existenz bedroht. | |
Bild: Lärm gehört dazu, sonst wäre es ja kein Club: Das About Blank in Berlin | |
Berlin taz | Von einer „existenziellen Bedrohung“ spricht der weit über | |
Berlin bekannte Techno-Club About Blank. Einen „weiteren Schlag gegen die | |
Clubkultur und bezirkliche Sozialstrukturen“ nennt es die Clubcommission. | |
Die Rede ist von einem geplanten Hotelneubau in der Laskerstraße 1 am | |
Ostkreuz in Friedrichshain. Der [1][umstrittene Investor Trockland] will | |
dort ein sechsgeschossiges Gebäude mit 120 „hotelähnlichen Zimmern“ bauen. | |
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte das Vorhaben wegen | |
Nutzungskonflikten mit dem unmittelbar benachbarten About Blank abgelehnt. | |
Anders die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die den Hotelneubau in | |
einem Widerspruchsverfahren jetzt ihren Segen gab. | |
Das komme „so überraschend wie unnachvollziehbar“, sagt der Sprecher des | |
About Blank, Sulu Martini, der taz. Eine Hotelnutzung neben einem | |
Techno-Clubbetrieb sei nicht konfliktfrei möglich. „Es ist für uns daher | |
unerklärlich, warum die SPD-geführte Senatsverwaltung hier gegen ein seit | |
über 15 Jahren bestehendes Club- und Kulturzentrum entscheidet und die | |
Profitinteressen des Trockland-Konzerns gegen den bezirklichen Willen | |
durchsetzt.“ | |
Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) spricht von | |
einem „fahrlässigen Übergehen der Bedenken des Bezirks“. Der sieht in der | |
Genehmigung „eine negative Vorbildwirkung“. Denn der Senat hat auch weitere | |
Beherbergungsbetriebe in der näheren Umgebung grundsätzlich für zulässig | |
erklärt, indem er den Bereich rund um das About Blank zum Gewerbegebiet | |
erklärt hat. „Das konterkariert die Bemühungen des Bezirks, hier eine | |
städtebaulich nachhaltige Steuerung zu etablieren“, sagt Schmidt zur taz. | |
## Ein fragwürdiges Gutachten | |
Der Senat ist hingegen der Meinung, der Hotelneubau füge sich | |
„spannungsfrei“ in das Umfeld ein, so eine Sprecherin der | |
Stadtentwicklungsverwaltung zur taz. Konflikte um Lärm, insbesondere durch | |
den Außenbereich des Clubs, könnten durch Schallschutzmaßnahmen verhindert | |
werden. Oder wie die Senatsverwaltung es ausdrückt: Mit einer lärmrobusten | |
Planung werde der „Geräuschbelastung konstruktiv begegnet“. Die | |
schutzwürdigen Belange Dritter, eben des Clubs, würden nicht | |
beeinträchtigt. | |
Welche Schallschutzmaßnahmen das genau sind, die Nutzungskonflikte | |
verhindern sollen, ist nicht bekannt. Die Senatsverwaltung beruft sich auf | |
eine schalltechnische Untersuchung aus dem vergangenen Jahr – die | |
allerdings vom Investor selbst in Auftrag gegeben wurde. Und auch nur ein | |
theoretisches Berechnungsmodell darstellt und nicht mit den tatsächlichen | |
Emissionswerten des Clubs arbeitet. Demnach bestehen mit entsprechenden | |
Maßnahmen „überhaupt keine Bedenken gegen eine Beherbergung“ neben dem | |
Techno-Club, behauptet Trockland. | |
Um das seriös einschätzen zu können, reiche ein einzelnes Gutachten des | |
Investors allerdings nicht aus, bemängelt das About Blank. Vielmehr brauche | |
es „Gutachten und Expert*innen, die das unter Einbeziehung aller Parteien | |
und Bedenken prüfen und absichern“, so der Sprecher. Und davon gibt es | |
einige: „Selbst wenn sich durch dicke Beton- und Glasscheiben die | |
Innenräume schallisolieren lassen würden – sollen die Hotelgäste zum | |
Beispiel keine Fenster öffnen können? Und wer prüft, ob die notwendigen | |
Schallschutzmaßnahmen wirklich umgesetzt worden sind?“ | |
Das About Blank sei als ortsansässiger Bestandsbetrieb von der | |
Senatsverwaltung jedoch nicht einbezogen worden, es habe auch keinerlei | |
Sach- oder Rückfragen gegeben. Stattdessen sei die Entscheidung zugunsten | |
des Hotels bereits gefallen. Der Club befürchtet, „dass es hier – wie in | |
anderen Fällen auch – intransparente Einflussnahmen auf die | |
Entscheidungsträger*innen gegeben hat“. | |
## Am Bedarf vorbei | |
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass der Senat den grün regierten | |
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kurzerhand entmachtet, wenn der sich gegen | |
umstrittene Bauvorhaben von Investoren stellt. Erst im April hatte | |
Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) im Streit um ein | |
[2][Hochhausprojekt an der Warschauer Straße] dem Bezirk die Planungshoheit | |
entzogen. Ebenso im vergangenen Jahr bei einem Teil eines [3][Bauvorhabens | |
am Gleisdreieck]. | |
Dabei gehen die Planungen dieser Investor*innen am Bedarf der örtlichen | |
Bevölkerung vorbei. So auch im Laskerkiez. „Das Angebot an Hotels in | |
Friedrichshain-Kreuzberg betrachtet das Bezirksamt als ausreichend“, sagt | |
Stadtrat Schmidt. Tatsächlich lag die Auslastung der insgesamt 722 | |
Beherbergungsbetriebe in Berlin im vergangenen Jahr nur bei knapp über 50 | |
Prozent. Trotzdem werden aktuell [4][mehr als 80 neue Hotels und Hostels | |
geplant], von denen der Großteil bereits genehmigt wurde. Das sind mehr als | |
doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. | |
Eine berlinweite Steuerung von neuen Hotelstandorten, die sich am Bedarf | |
ausrichtet und Übertourismus verhindern soll, wie sie der rot-grün-rote | |
Vorgängersenat vorgesehen hatte, gibt es bis heute nicht. | |
„Hotels gegen die lokale Bevölkerung zu bauen, ist kein guter Plan“, sagt | |
Grünen-Politiker Schmidt. Mehr Hotels bedeuteten mehr Belastungen für die | |
Nachbarschaften, insbesondere durch Lärm und Müll. Schmidt kündigt an, | |
„alle rechtlichen und dialogischen Mittel zu ergreifen, um zusätzliche | |
Hotels zu vermeiden“. Im Fall des About Blank will das Bezirksamt, das auch | |
Vermieter des Clubs ist, alles in seiner Macht Stehende tun, um eine | |
Gefährdung der Clubnutzung zu verhindern. | |
Das About Blank fordert den Senat auf, die Genehmigung zurückzuziehen und | |
die Entscheidungsbefugnis an den Bezirk zurückzugeben. Der linke Club, der | |
bereits wegen [5][steigenden Kosten] und der [6][A100-Verlängerung] | |
gefährdet ist, lehnt die Hotelpläne auch jenseits der eigenen | |
Bedrohungslage wegen seiner „Verdrängungs- und Verteuerungseffekte“ ab. | |
„Auch deshalb ist diesem Projekt entschiedener Widerstand und ein | |
krachendes Scheitern zu wünschen“, sagt Sulu Martini. | |
1 Jul 2025 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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