| # taz.de -- Nukleare Bedrohung: Wie wir lernten, mit der Bombe zu leben | |
| > Vor 80 Jahren fiel die Atombombe. Seither lebt die Welt mit der Drohung | |
| > totaler Vernichtung. Warum die Bombe bleibt – und was das über uns | |
| > verrät. | |
| Bild: Mit dem ersten Atombombentest der USA in New Mexico endete am 16. Juli 19… | |
| Die Menschheit ist eine dumme Spezies. Mit [1][Atomwaffen] hat sie ein | |
| Mittel geschaffen, mit dem sie sich selbst ausrotten könnte, mehrfach. Auf | |
| so eine Idee muss man erst mal kommen. Atombomben waren nie dafür gedacht, | |
| gezielt und vor allem begrenzt gegen militärische Ziele eingesetzt zu | |
| werden. Atomwaffen sind Terror. Sie drohen mit vollkommener Auslöschung | |
| jeglichen Lebens und jeglicher Infrastruktur, und das, dank des | |
| radioaktiven Fallouts, auf Jahre. | |
| Trotz dieses Irrsinns erscheint eine Welt ohne Atomwaffen jeden Tag | |
| unrealistischer, rückt in immer weitere Ferne. Seit es die Bombe gibt, ist | |
| da auch das Gefühl, dass niemand ein solches Instrument des Massenmords in | |
| der Hand haben sollte. Aber wenn man von den früheren Sowjetstaaten | |
| Belarus, Kasachstan und der Ukraine absieht, die 1994 die auf ihrem | |
| Territorium stationierten sowjetischen [2][Atomwaffen an Russland abgaben], | |
| hat nur eine einzige ehemalige Atommacht die Bombe wieder abgeschafft: | |
| Südafrika zerstörte 1991 die bis zu sechs eigenen Sprengköpfe, als es dem | |
| Atomwaffensperrvertrag beitrat. | |
| US-Präsident Barack Obama kündigte in seiner berühmten Prager Rede im April | |
| 2009 an, sich für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen zu wollen. Aber auch | |
| er, damals noch frisch ins Amt getragen mit den Schlagworten „Hope“ und | |
| „Change“, bekannte, er werde eine solche Welt vermutlich nicht mehr | |
| erleben. | |
| Dabei gibt es zahlreiche Initiativen, die Waffen loszuwerden. Am | |
| bekanntesten ist die Organisation ICAN, die Internationale Kampagne für ein | |
| Atomwaffenverbot. Es war nicht zuletzt ihr zu verdanken, dass 2017 122 | |
| UN-Mitgliedsstaaten für einen Atomwaffenverbotsvertrag stimmten. Bis heute | |
| haben immerhin 94 Staaten den Vertrag unterzeichnet, 2021 trat er in Kraft. | |
| [3][ICAN erhielt 2017 den Friedensnobelpreis] – aber noch immer hat keine | |
| einzige Atommacht den Vertrag unterzeichnet, auch kein einziger | |
| Nato-Mitgliedsstaat, und es sieht auch nicht so aus, als ob irgendjemand | |
| das vorhabe. | |
| Wäre es aber nicht absolut wünschenswert, ja notwendig, eine Waffe aus der | |
| Welt zu schaffen, die Zehntausende Menschen in ihrem direkten Radius | |
| verdampfen lässt, weitere Zehntausende zerfetzt und noch einmal | |
| Zehntausende qualvoll an Verstrahlung sterben lässt? Wie kann es sein, dass | |
| Abermilliarden in die Entwicklung einer Technik gesteckt wurden und werden, | |
| deren Anwendung das Ende menschlicher Zivilisation bedeutet? Was aber | |
| andersherum würde es bedeuten, wenn alle oder einige der derzeitigen | |
| Atomstaaten abrüsten, das Wissen um die Bombe aber bleibt? Wäre eine Welt | |
| ohne Atomwaffen wirklich eine friedlichere? | |
| Eine solche atomwaffenfreie Welt gab es einmal. Sie endete am 16. Juli 1945 | |
| um 5.29 Uhr Ortszeit in der Wüste des US-Bundesstaats New Mexico. Da | |
| zündete die erste Atombombe, in jahrelanger geheimer Arbeit des sogenannten | |
| Manhattan Projects entwickelt unter Leitung des [4][Physikers Robert J. | |
| Oppenheimer]. Nur drei Wochen später ließ US-Präsident Harry Truman am 6. | |
| und 9. August 1945 Atombomben auf die [5][japanischen Städte Hiroshima und | |
| Nagasaki] abwerfen. | |
| Die zwei Bomben töteten innerhalb kürzester Zeit mehr als 100.000 Menschen, | |
| etwa genauso viele in den Folgemonaten, und an den radioaktiven | |
| Langzeitfolgen erkrankten und starben Zehntausende noch Jahrzehnte später. | |
| Es war ein Einschnitt: Die Menschheit hatte sich nunmehr technisch in die | |
| Lage versetzt, sich selbst auszulöschen. | |
| Präsident Truman hatte die Bomben mit der Begründung eingesetzt, damit | |
| Japan in die schnelle Kapitulation zwingen und somit viel größeres | |
| Blutvergießen vermeiden zu wollen. Das ist ziemlich sicher vorgeschoben: | |
| Nicht nur wollten die US-Atomwissenschaftler und Militärs tatsächlich | |
| wissen, wie eine solche Bombe im Einsatz über einer Stadt wirkt. Es ging | |
| außerdem darum, die Welt wissen zu lassen, dass die USA den Wettlauf um die | |
| Erstellung dieser apokalyptischen Waffe gewonnen hatte und bereit und in | |
| der Lage war, sie auch einzusetzen. Historiker jedenfalls gehen davon aus, | |
| dass Japan auch ohne die Zerstörung der beiden Städte durch Atombomben kurz | |
| vor der Kapitulation stand. | |
| Aber die US-amerikanischen Entscheidungsträger bis hin zu [6][Bomberpilot | |
| Paul Tibbets], der den Bomber „Enola Gay“ über Hiroshima geflogen und die | |
| Bombe abgeworfen hatte, beharrten darauf, guten Gewissens gehandelt und | |
| einen Krieg beendet zu haben. Es braucht wohl Verdrehungen, um Massenmord | |
| an vollkommen wehrlosen Menschen zu rechtfertigen. | |
| Das ist die Macht, die Atomwaffen verleihen – wenn nur eine Seite sie hat. | |
| Zwar hat der Internationale Gerichtshof 1996 entschieden, dass ein Einsatz | |
| wie 1945 oder auch nur die Drohung damit völkerrechtswidrig sei. Aber dass | |
| [7][Macht über Völkerrecht geht], können wir heute auch in anderen | |
| Zusammenhängen beobachten. | |
| Die USA behielten die Alleinstellung nur kurz. Der erste Atomwaffentest der | |
| Sowjetunion folgte im August 1949. Die beiden Großmächte begannen ein | |
| atomares Wettrüsten, das bis weit in die 1980er Jahre anhielt. | |
| Dabei ging es zunächst darum, wer die Bombe mit der tödlichsten Wirkung | |
| bauen könnte. Schon während des Manhattan-Projektes hatte Oppenheimers | |
| Rivale, der Atomphysiker Edward Teller, mit Überlegungen zu einer | |
| [8][Wasserstoffbombe] begonnen. Diese thermonukleare Waffe sollte noch eine | |
| wesentlich höhere Sprengkraft entfalten als die in Hiroshima und Nagasaki | |
| eingesetzten Bomben „Little Boy“ und „Fat Man“. | |
| 1952 testeten die USA eine erste Wasserstoffbombe, sie war gut 500-mal | |
| stärker als die Nagasaki-Bombe. Auch die Sowjetunion arbeitete an einer | |
| solchen Bombe. Sie brachte 1961 die stärkste je von Menschen verursachte | |
| Explosion zustande, die Sprengkraft war mehr als 4.000-mal stärker als die | |
| der Hiroshima-Bombe. Die Explosion erzeugte einen Feuerball mit einem | |
| Radius von 3,5 Kilometern und eine Druckwelle, die die Erde mehrmals | |
| umrundete. Der Atompilz stieg kurzzeitig in eine Höhe von 64 Kilometern. | |
| All das waren Machtdemonstrationen, die vor allem dazu dienten, die Drohung | |
| mit einer vollkommenen Vernichtung zu untermauern. | |
| Andere Mächte folgten. [9][Großbritannien testete 1952] die erste eigene | |
| Atombombe, Frankreich folgte 1960, China zog 1964 nach. Israel hat den | |
| Besitz von Atomwaffen nie offiziell eingeräumt, Experten gehen jedoch davon | |
| aus, dass der Staat spätestens seit 1967 darüber verfügt. | |
| Die Atomtests blieben nicht ohne Konsequenzen. Überall dort, wo getestet | |
| worden war, erkrankten Menschen an den Folgen der freigesetzten | |
| Radioaktivität. 1963 wurde der Vertrag zum Verbot von Atomwaffenversuchen | |
| in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser unterzeichnet. | |
| ## Unterirdisches Wettrüsten | |
| Doch das Wettrüsten ging unterirdisch weiter. Denn nur wenn sichergestellt | |
| ist, dass ein Ersteinsatz von Atomwaffen durch die eine Seite auch deren | |
| eigene nukleare Vernichtung durch einen Gegenschlag bedeutet, kann so etwas | |
| wie Abschreckung funktionieren. Wenn Moskau zerstört wird, ist New York | |
| nicht zu retten, und umgekehrt. So soll der Atomkrieg unführbar werden. Die | |
| Drohung mit dem Ende der Zivilisation, so bis heute das Kalkül nuklearer | |
| Abschreckung, soll den Frieden bewahren. Eine riskante Wette mit | |
| existenziellem Einsatz. | |
| Denn sobald eine Seite in der Lage wäre, mit einem Erstschlag die | |
| gegnerische Fähigkeit zum Zurückschlagen auszuschalten, bricht das | |
| Abschreckungstheorem zusammen. Und genau daran haben beide Seiten im Kalten | |
| Krieg stets gearbeitet: die eigene Fähigkeit zum Erstschlag erhöhen, die | |
| Fähigkeit zum Zweitschlag, zum Zurückschlagen erhalten. | |
| Die Idee der Abschreckung basiert also auf der Idee der gegenseitigen | |
| Bereitschaft und Fähigkeit zum Massenmord. Wer eine Atomwaffe losschicken | |
| und den Gegner vernichten könnte, so die Theorie, tut es nur deshalb nicht, | |
| weil er zu 100 Prozent davon ausgeht, dass auf der anderen Seite jemand | |
| sitzt, der innerhalb von Minuten die Entscheidung trifft, ebenfalls | |
| Hunderttausende Menschen zu töten. Und der das vor allem auch dann tut, | |
| wenn das nichts an der Zerstörung des eigenen Landes ändert oder sogar noch | |
| weitere Gegenschläge auslöst. | |
| Es ist eine vollkommen irrationale Entscheidung, das wirklich zu tun. Aber | |
| wer nicht glaubhaft versichern kann, genau diese wahnwitzige Entscheidung | |
| im Falle eines Falles quasi automatisiert zu treffen, der setzt die | |
| erstrebte Abschreckungswirkung seiner eigenen Atomwaffen aufs Spiel. Das | |
| ist alles so irrational, dass eine friedlichere Welt doch ohne Atomwaffen | |
| auskommen müsste. | |
| Heute wird die Glaubwürdigkeit dieser Zweitschlagsdrohung auch an der Frage | |
| des sogenannten „nuklearen Schutzschirms“ der USA über Europa diskutiert. | |
| Das Wort ist irreführend – denn da ist kein Schirm, der Atomwaffen abhält, | |
| sondern das Versprechen der USA, mit der Zweitschlagsdrohung jeden | |
| Angreifer vor einem Atomangriff auf Europa abzuschrecken. | |
| Aber würden die USA tatsächlich im Falle eines russischen Angriffs mit | |
| taktischen Nuklearwaffen auf Polen eigene Sprengköpfe Richtung Moskau | |
| schicken mit der Gefahr eines Gegenschlags auf US-Städte? Und wenn nicht, | |
| muss dann Europa womöglich eigene Atomwaffen in die Hand bekommen, oder | |
| sollten die [10][französischen und britischen Bomben als „Schutzschirm“] | |
| dienen? | |
| Die Wirklichkeit kennt viele Fragezeichen, die es in der Theorie der | |
| friedenssichernden atomaren Abschreckung nicht geben darf. Sie braucht die | |
| Drohung des unaufhaltsamen Weltuntergangs, wie sie filmisch in Stanley | |
| Kubricks Film „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ 1964 | |
| genial visioniert ist. | |
| ## Stanislaw Petrows Entscheidung gegen den Zweitschlag | |
| Dabei ist es exakt das gegenteilige Verhalten, was die Welt tatsächlich vor | |
| einem Atomkrieg aus Versehen gerettet hat. Als am 26. September 1983 das | |
| sowjetische Vorwarnsystem eine ankommende, mutmaßlich nuklear bestückte | |
| US-amerikanische Interkontinentalrakete meldete, entschied der | |
| diensthabende sowjetische Offizier [11][Stanislaw Petrow] aus der in der | |
| Nähe von Moskau gelegenen Vorwarnzentrale, das für einen Fehlalarm zu | |
| halten, bis es weitere Beweise gebe. | |
| Das war nicht, was das Prinzip der „Mutually Assured Destruction“, der | |
| wechselseitig garantierten Zerstörung, die auch die sowjetische Atomdoktrin | |
| beherrschte, eigentlich von ihm verlangt hätte. Er hätte die Warnung sofort | |
| weitergeben und Moskau hätte sofort mit dem Abschuss eigener | |
| Interkontinentalraketen auf die USA reagieren müssen. Dass er es nicht | |
| getan hat und insofern keine sowjetischen Raketen auf Europa oder die USA | |
| geschossen wurden, hat vermutlich den Atomkrieg verhindert. Der Fehlalarm | |
| des sowjetischen Frühwarnsystems blieb aufgrund der Entscheidung eines | |
| Menschen ohne Folgen. Ein Irrsinn. | |
| Seit den 1960er Jahren waren die Menschen in Europa mit der Gewissheit | |
| aufgewachsen, dass vom europäischen Kontinent im Falle eines Atomkriegs | |
| nicht viel übrigbleiben würde. Als Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre | |
| in Westeuropa Hunderttausende auf die Straße gingen, um gegen die Gefahr | |
| eines Atomkrieges – in Deutschland konkret gegen die Stationierung neuer | |
| US-amerikanischer Mittelstreckenraketen – zu protestieren, da schwang bei | |
| vielen das Gefühl mit, dass angesichts der atomaren Überrüstung ein | |
| Atomkrieg aus Versehen oder als Unfall durchaus wahrscheinlich war. | |
| Und [12][Unfälle gab es in der Geschichte der atomaren Bewaffnung zuhauf]. | |
| Ab 1961 etwa behielten die USA permanent eine große Anzahl von schweren | |
| Bombern in der Luft unterwegs zwischen Nordamerika und Europa – bestückt | |
| mit Atom- oder Wasserstoffbomben. So sollte sichergestellt werden, dass die | |
| Flotte nicht am Boden zerstört werden konnte – und sich außerdem immer in | |
| Reichweite sowjetischen Territoriums befand. Ein Symbolbild für den | |
| Wahnsinn, der mit der Idee von nuklearer Abschreckung einhergeht. Zwischen | |
| 1950 und 2000 wurden 32 Unfälle mit diesen Atomwaffen dokumentiert – | |
| inoffizielle Quellen gehen von rund 1.000 aus. | |
| So sehr sich die Supermächte permanent darum bemühten, sich gegenseitig zu | |
| übertrumpfen, so sehr gehörte auch die Idee der atomaren Rüstungskontrolle | |
| dazu. Oder zumindest die Vorstellung, dass nicht alle Staaten Atomwaffen | |
| haben sollten. | |
| 1968 wurde der [13][Atomwaffensperrvertrag], initiiert von Großbritannien, | |
| den USA und der Sowjetunion, unterzeichnet. Damit wurden die fünf Staaten, | |
| die bis dahin erklärtermaßen im Besitz von Atomwaffen waren – | |
| praktischerweise die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrats – als | |
| Atommächte legitimiert. | |
| ## Regulierung wichtig für mehr Frieden | |
| Sie selbst und alle anderen Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich, jeden | |
| weiteren Besitz von Atombomben über diese bisherigen fünf Länder hinaus zu | |
| verhindern. Gleichzeitig wird allen Unterzeichnerstaaten das Recht zur | |
| zivilen Nutzung der Kernenergie zugebilligt – unter regelmäßiger Kontrolle | |
| der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA). Diese Regulierung war | |
| ein wichtiger Schritt zu einer friedlicheren Welt – und Atomwaffen spielten | |
| darin eine entscheidende Rolle. | |
| [14][Indien wurde 1974 Atommacht, Pakistan 1988] und Nordkorea 2006. | |
| Pakistan und Indien hatten den Atomwaffensperrvertrag nie unterzeichnet, | |
| Nordkorea war 2003 ausgetreten. | |
| Mitte der 1980er Jahre verfügten die USA und die Sowjetunion zusammen über | |
| rund 60.000 Atomsprengköpfe – nach dem Ende des Kalten Krieges rüsteten | |
| beide Seiten massiv ab. Heute sind in den Arsenalen [15][noch gut 12.000 | |
| Atomsprengköpfe], davon gehören Russland 5.459, den USA 5.177, China 600, | |
| Frankreich 290, Großbritannien 225, Indien 180, Pakistan 170, Israel | |
| geschätzt 90 und Nordkorea 60. Für eine mehrfache Ermordung der gesamten | |
| Weltbevölkerung reicht das noch immer. | |
| ## Abschreckung kann versagen | |
| Und von Abrüstung ist derzeit nicht die Rede. Fast alle atomaren | |
| Rüstungskontrollverträge zwischen den USA und Russland sind ausgelaufen | |
| oder gekündigt. Spätestens seit 2017 modernisieren alle bekannten | |
| Atommächte ihre Arsenale, die Zahl einsatzbereiter Sprengköpfe steigt. | |
| Außerdem entwickeln die Atommächte neue Raketentypen, die schwerer | |
| abzuwehren sind. | |
| Und selbst wenn es – wofür derzeit nichts spricht – gelingen sollte, alle | |
| Atomwaffenstaaten zur Abrüstung bis auf null zu bewegen: Das Wissen um die | |
| Technik ist aus der Welt nicht mehr zu löschen. Wenn es aber da ist, kann | |
| es auch in die Hände terroristischer Organisationen geraten, welcher | |
| Couleur auch immer. Die Gefahr der atomaren Apokalypse bestimmt heute nicht | |
| mehr das Denken und Fühlen – dabei erscheint die Gefahr einer nuklearen | |
| Eskalation angesichts der diversen Akteure heute nicht weniger real als zu | |
| Hochzeiten des Kalten Krieges. | |
| Die Bedrohung allen Lebens auf der Erde und der menschlichen Zivilisation | |
| durch nukleare Selbstzerstörung ist eigentlich unvorstellbar, aber die | |
| Menschheit ist eben eine dumme Spezies. Dem gegenüber steht, dass | |
| vermutlich die gegenseitige nukleare Bedrohung dafür gesorgt hat, den | |
| Systemkonflikt des Kalten Krieges nicht zu einem dritten Weltkrieg ausufern | |
| zu lassen. Die Anti-Atomwaffen-Kampagne ICAN schreibt: „Der Fakt, dass | |
| nukleare Abschreckung versagen kann, ist unbestreitbar. Und solange die | |
| Wahrscheinlichkeit eines Versagens größer als null ist, steht alles auf dem | |
| Spiel.“ | |
| Ja, diese Waffen müssten verschwinden. Im vergangenen Jahr erhielt Nihon | |
| Hidankyo, die Japanische Konföderation der Atombomben- und | |
| Wasserstoffbombenopfer, die sich vehement für eine vollständige Abschaffung | |
| von Atomwaffen einsetzen, den Friedensnobelpreis. Verändert hat das nichts. | |
| Als die Welt zuletzt atomwaffenfrei war, starben im Zweiten Weltkrieg 60 | |
| Millionen Menschen, ganz konventionell. Eine Welt ohne Atomwaffen ist nicht | |
| zwangsläufig eine friedliche Welt. Womöglich sogar im Gegenteil. Aber | |
| können wir es uns leisten, die Friedenshoffnung nur um den Preis der | |
| totalen Vernichtungsdrohung zu erhalten? Das bleibt ein Spiel mit dem | |
| Feuer. Ob es noch einmal 80 Jahre gut geht, dass diese Waffen existieren, | |
| ohne dass sie jemand einsetzt, scheint mehr als fraglich. | |
| Es ist also gar nicht unbedingt die Frage nach der Existenz von Atomwaffen, | |
| die man sich für eine Utopie stellen muss, sondern vielmehr die Frage, wie | |
| man eine friedliche Welt erreichen kann. Eigentlich bräuchte es dafür neue | |
| Abrüstungsverträge, im atomaren und konventionellen Sektor. Bis das | |
| passieren kann, ist sind die Voraussetzungen für eine Welt ohne Atomkrieg | |
| zumindest bilaterale Kontrollabkommen und rote Telefone, um notfalls eine | |
| Eskalation zu verhindern. | |
| 1 Aug 2025 | |
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