# taz.de -- Kämpfe zwischen Pakistan und Indien: Eskalation im Kaschmir-Konfli… | |
> Die beiden Atommächte Indien und Pakistan liefern sich erbitterte Kämpfe. | |
> Und die USA als bewährter Vermittler fallen aus. | |
Bild: Eine Frau durchsucht die Trümmer ihres Hauses in der Nähe des Dorfs Uri… | |
Berlin taz | Es waren überschaubare militärische Schläge, mit denen Indien | |
auf die mutmaßliche Beteiligung Pakistans am Anschlag in Pahalgam | |
reagierte, jener Kleinstadt im indischen Unionsterritorium Jammu und | |
Kaschmir, das im Gegensatz zu den Bundesstaaten der indischen | |
Zentralregierung untersteht. Auf die Militärschläge folgten Vorfälle an der | |
Grenze beider Staaten sowie die Ankündigung Pakistans, dass es reagieren | |
werde. W[1][ie weit wird die Auseinandersetzung zwischen den beiden | |
Atommächten eskalieren?] | |
Bisher folgt die Entwicklung Mustern. Es ist der fünfte Konflikt, in dem es | |
um das seit 1947 von beiden Ländern beanspruchte Kaschmir geht. Mit | |
Luftangriffen geht Indien nach der „Cold Start Strategy“ vor, die es seit | |
der Jahrtausendwende bei Auseinandersetzungen mit Pakistan anwendet, | |
letztmalig 2019 bei den Grenzscharmützeln mit dem verfeindeten Nachbarland. | |
Sie sieht vor, in beschränktem Umfang anzugreifen, um das Risiko eines | |
umfassenden Kriegs zu reduzieren. Auf dieser Linie liegt auch die Erklärung | |
des indischen Verteidigungsministeriums unmittelbar nach den Angriffen, in | |
der es jene als „angemessen“, „nichteskalatorisch“ und allein mit dem Z… | |
Terroristen zu treffen, beschrieb. Wenngleich die indische Regierung auch | |
wenig subtil betonte, von umfassenderen Maßnahmen abgesehen zu haben. | |
Indiens Nukleardoktrin sieht keinen Erstschlag vor. Hauptziel der | |
Atomdoktrin des militärisch wesentlich schwächeren Pakistan ist es dagegen, | |
auch gegen eine konventionelle Aggression Indiens abzuschrecken. In | |
gewissen Bedrohungslagen ist demnach ein früher Ersteinsatz von Atomwaffen | |
vorgesehen. So hat Pakistans Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif | |
schon am 5. Mai an diese Option erinnert: „In der aktuellen Situation | |
müssen einige strategische Entscheidungen getroffen werden.“ Die aktuelle | |
militärische wie auch die zivile Führung [2][in Islamabad] scheinen noch | |
weniger als ihre Vorgänger geneigt, Konflikte mit Neu-Delhi zu | |
deeskalieren. | |
Die Gefahr einer atomaren Eskalation ist also durchaus gegeben und war es | |
bereits in der Vergangenheit: Das US-Außenministerium kam laut einer im | |
Februar veröffentlichten Studie zu den zurückliegenden | |
indisch-pakistanischen Konflikten zu der Ansicht, dass trotz einer | |
grundsätzlich geringen Wahrscheinlichkeit eines Kriegs durch eine | |
„Fehleinschätzung oder irrationalen Reaktion“ ein „konventioneller Krieg | |
[…] in einen Atomwaffenaustausch“ hätte münden können. Ein besonders | |
gefährlicher Schritt auf der Eskalationsleiter ist demnach der hin zu einem | |
offenen Krieg. | |
## Internationale Lage hat sich verändert | |
Einen Faktor, der zur Eskalation beitragen könne, sah die Studie im | |
Erstarken radikaler Kräfte, namentlich der BJP, der | |
hindunationalistischen Partei des heutigen Premierministers Narendra | |
Modi. Mit ihr ist Modi bereits in der dritten Legislaturperiode an der | |
Macht. Indien hat sich von der Gleichberechtigung der Religionen weitgehend | |
verabschiedet und benachteiligt, in seinem Teil Kaschmirs wie im gesamten | |
Land, die muslimische Minderheit – mit breiter Unterstützung wachsender | |
Teile der Bevölkerung, zunehmend auch der Opposition. | |
Doch die internationale Lage hat sich geändert. Die USA sind nicht mehr | |
Pakistans strategischer Partner. [3][Indien ist von Moskau weg]- und näher | |
an Washington herangerückt. Auch weil Washington Neu-Delhi als Verbündeten | |
im Machtkampf gegen Peking sieht. Gleichzeitig greift von der Ukraine bis | |
Gaza international das Gesetz des Stärkeren um sich, wenn es um die Lösung | |
von Grenzfragen oder Gebietsansprüchen geht. | |
Pakistan ist unterdessen in den vergangenen Jahren politisch und | |
wirtschaftlich weiter ins Abseits geraten. China hat die USA als Partner | |
der Islamischen Republik abgelöst, aber der Einfluss Pekings, das über den | |
kleinen Nachbarn im Süden einen Zugang zum Arabischen Meer hat, ist | |
begrenzt und vor allem umstritten. Immer wieder kommt es im Land zu | |
Angriffen auf Chinesen. | |
Dass Peking im aktuellen Konflikt zur Besonnenheit aufruft, ist wenig | |
überraschend. Auch Iran versucht zu schlichten. Die USA sind bisher | |
ausgefallen. Dabei waren sie in vergangenen Konflikten entscheidend. Doch | |
während Washington letztmalig 2019 insbesondere Pakistan zum Einlenken | |
bewegt hat, hat Donald Trump jetzt nicht mehr getan, als zu erklären, der | |
aktuelle Konflikt sei eine „Schande“, er gehe davon aus, dass die | |
Kontrahenten ihn „auf dem einen oder anderen Weg“ lösen werden. | |
Dass die USA sich in Bezug auf diesen Konflikt als wenig verantwortlich | |
betrachten, entspricht Trumps außenpolitischer Linie. Doch damit fehlt es | |
jetzt an einem machtvollen Vermittler, der eine diplomatische Lösung | |
herbeiführen könnte, bei der beide Seiten das Gesicht wahren können. | |
Allerdings beschädigen die USA damit auch ihre eigenen Interessen: | |
Anhaltende Spannungen in Südasien würden den neuen Partner Indien im | |
Machtkampf gegen China binden. Ganz egal, welche Dimension sie haben. | |
9 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Oliver Schulz | |
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