| # taz.de -- Von Riesenbombe bis Rucksackding: Wie funktioniert eine H-Bombe? | |
| > Nordkorea hat angeblich eine Wasserstoffbombe gezündet. Das ist nicht | |
| > unmöglich: Die Technik ist inzwischen leichter zu meistern. | |
| Bild: Zündung der ersten Wasserstoffbombe im Jahr 1952. | |
| Berlin taz | Nordkorea hat nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe | |
| „erfolgreich“ getestet. Geologen außerhalb des Landes bezweifeln jedoch, | |
| dass da eine echte Wasserstoffbombenexplosion stattgefunden hat. Dafür sei | |
| die Erschütterung nicht stark genug gewesen. | |
| Bisherige Tests der Nordkoreaner in den Jahren 2006, 2009 und 2013 wurden | |
| mit einfachen Plutonium- oder auch Uranbomben durchgeführt. Die sind | |
| technisch einfacher (grob gesagt nur die Zünderbombe aus dem | |
| Wasserstoffbomben-Aufbau), haben aber eine geringere Sprengkraft: Die über | |
| Nagasaki 1945 abgeworfene Plutoniumbombe hatte zwanzigtausend Tonnen | |
| herkömmlichen Sprengstoffs TNT, Wasserstoffbomben erreichen hunderttausende | |
| bis Millionen Tonnen TNT-Sprengkraft. | |
| Eine Wasserstoffbombe ist das Non plus ultra der nuklearen Abschreckung. | |
| Die ersten Exemplare, getestet von den USA Anfang der 50er Jahre auf | |
| Atollen im Pazifik, waren wahre Monster. Sie hätten nie in eine Rakete | |
| gepasst. Im Laufe der Jahre wurden sie immer kleiner, robuster und | |
| verlässlicher. | |
| Inzwischen passen mehrere der etwa einen 1,80 Meter hohen Kegel in eine | |
| einzige Interkontinentalrakete. Sie treffen mit einer Genauigkeit von etwa | |
| 100 Metern, bei einem Zerstörungsradius von etwa zehn Kilometern – dieser | |
| Zerstörungsradius hängt allerdings sehr stark von den örtlichen | |
| Gegebenheiten ab. | |
| ## Mehrere Sprengköpfe | |
| Vieles am Design ist geheim. Teilweise bekannt und heute noch häufig in | |
| Raketenköpfen stationiert ist der US-Sprengkopf W 88. Er wiegt etwa 360 | |
| Kilogramm. Gezündet wird er von einer Plutoniumbombe ähnlich der von | |
| Nagasaki 1945. Dieser Primärsprengkopf ist jedoch viel kleiner und leichter | |
| als die damalige Bombe und nicht viel größer als ein Straußenei. Die äußere | |
| Schicht besteht aus chemischem Sprengstoff. Bei der Explosion nach innen | |
| verdichtet er eine Plutoniumlinse derart, dass die Atome platzen, die | |
| entstehende Strahlung dann die eigentliche Bombe zündet, die sekundäre | |
| Wasserstoffbombe. | |
| Die Plutoniumbombe ist so winzig, weil es zusätzliche Neutronenquellen gibt | |
| (Neutronen sind die Spaltkeile für Atomkerne): Eine Berylliumschicht rund | |
| um das Plutonium spiegelt die Neutronen, die nach außen wollen. Die | |
| Plutoniumlinse ist hohl und mit den radioaktiven Wasserstoffarten Deuterium | |
| und Tritium gefüllt. Deuterium und Tritium verdoppeln die Sprengkraft, weil | |
| ihre Atomkerne verschmelzen und viele Neutronen liefern. Die Bombe „Fat | |
| man“ auf Nagasaki hatte keinen solchen Booster-Wasserstoff und brauchte | |
| alleine über drei Tonnen Sprengstoff für die Zündung. | |
| Diese primäre Bombe zündet nun also die zweite, sekundäre Bombe. Hier liegt | |
| eine der Hauptschwierigkeiten der Bombenentwicklung: Der Primärkopf stößt | |
| so viel Strahlung und Teilchen aus, dass ein Druck von mehr als dem | |
| milliardenfachen der Erdatmosphäre entsteht. Wie aber den Druck und die | |
| Strahlung so leiten, dass er das spaltbare Material des zweiten, daneben | |
| liegenden Sprengkopfes zusammenpresst und damit zündet? | |
| Der Sekundärsprengkopf ist beim W88 rund wie eine Mozartkugel aufgebaut. Er | |
| spaltet und verschmilzt die Atome gleichzeitig. Das spalten entspricht der | |
| Energiegewinnung eines Atomreaktors, nur viel schneller. Das Verschmelzen | |
| von Wasserstoff ähnelt Vorgängen in der Sonne. | |
| ## Hammer-und-Amboss-Prinzip | |
| Die verschiedenen Schichten dieser zweiten Bombe arbeiten nach dem | |
| Hammer-und-Amboss-Prinzip: Außen und innen findet eine Explosion ähnlich | |
| wie im Primärsprengkopf statt, jedoch mit Uran-235 statt Plutonium. | |
| Dazwischen zündet dann eine Wasserstoffbombe mit Kernverschmelzung. Als | |
| Fusionsstoff dient meist das Leichtmetall Lithium und die Wasserstoffart | |
| Deuterium. | |
| Der W88 hat eine Kraft von gut 30-mal der Hiroshima-Bombe, entspricht knapp | |
| 500.000 Tonnen des konventionellen Sprengstoffs TNT. Dazu kommt die | |
| radioaktive Strahlung. Zum Vergleich: der Gesamtverbrauch an Sprengstoff im | |
| zweiten Weltkrieg wird auf drei Millionen Tonnen TNT geschätzt. | |
| Elektronische Bauteile für Bomben müssen robust sein und von sehr hoher | |
| Präzision, eine Zündung muss an verschiedenen Punkten der Primärbombe genau | |
| gleichzeitig erfolgen, zum Beispiel. Materialen müssen einen sehr hohen | |
| Reinheitsgrad aufweisen. Diese Bedingungen waren in den Anfangsjahren der | |
| Atombombenentwicklung entscheidende Hürden. Inzwischen sind viele solche | |
| Dinge von der Stange zu kaufen – wenn nicht Sanktionen greifen, wie gegen | |
| Nordkorea. | |
| Stunden vor der jüngsten nordlkoreanischen Explosion hatten südkoreanische | |
| Medien schon von einem Raketentest der Nordkoreaner Ende Dezember 2015 | |
| berichtet. Die Rakete sei von einem U-Boot aus abgefeuert worden. Das sind | |
| Hinweise, was Nordkorea vorhaben könnte: Einen Sprengkopgf zu entwickeln, | |
| der klein genug ist für eine Rakete, die in ein U-Boot passt. | |
| U-Boote sind schwer zu orten und damit weitaus weniger angreifbar als | |
| Landbasen. Wer atombestückte U-Boote hat, ist also immer in der Lage einen | |
| Atomschlag auszuführen. Die Technik ist jedoch auch anspruchsvoller. | |
| Nordkorea hat von Land aus erfolgreich Interkontinentalraketen getestet | |
| (etwa per Satellitenstart im Jahr 2012). Wie genau sie treffen und welche | |
| Reichweite die unter Wasser gestarteten nordkoreanischen Raketen haben, ist | |
| in der Öffentlichkeit unbekannt. | |
| NaN NaN | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Metzger | |
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