# taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Getrieben von den Rechtsextremen | |
> Ohne die AfD wird es schwer, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. | |
> Aber mit der AfD will es auch niemand. | |
Bild: Die Rechtsextremen stellen fast jeden vierten Abgeordneten im Parlament | |
Schon im Sommer werden die Menschen Besserung spüren, hatte Bundeskanzler | |
Friedrich Merz in seiner ersten Regierungserklärung versprochen. Der Sommer | |
ist da, die Regierung seit neun Wochen im Amt und die Generaldebatte zum | |
Haushalt am Mittwoch zeigte: Was sich vor allem verändert hat, ist der | |
Diskurs. Aber nicht zum Besseren. | |
Als stärkste Oppositionspartei durfte die AfD den Aufschlag machen, und | |
Fraktionschefin Alice Weidel nutzte den Großteil ihrer gut halbstündigen | |
Rede dazu, offen [1][völkisch gegen Menschen mit Migrationsgeschichte] zu | |
hetzen. Von Sozialmigranten war die Rede und gar einer Transformation des | |
deutschen Staatsvolkes durch Einbürgerungen. Der Applaus so kräftig wie | |
nie. Die Rechtsextremen stellen fast jeden vierten Abgeordneten im | |
Parlament. | |
Und wie reagierte der Bundeskanzler? Merz wehrte sich gegen die pauschale | |
Herabwürdigung – seiner Regierung. Sich hinter die eben Verunglimpften zu | |
stellen, kam ihm nicht in den Sinn. Wie auch? Was die schwarz-rote | |
Regierung migrationspolitisch bewegt, entspricht dem, was die AfD schon | |
lange fordert: k[2][ein Familiennachzug] mehr, verschärfte Grenzkontrollen | |
und das Ende schneller Einbürgerungen. | |
Da konnte sich der Kanzler noch so bewegt bei seinem Innenminister und beim | |
Koalitionspartner bedanken, der SPD, die jede Verschärfung abnickt. Nicht | |
sie geben den Takt vor, sondern die AfD. Am Donnerstag folgt der nächste | |
Streich: Die Koalition will sichere Herkunftsstaaten künftig ohne | |
Zustimmung von Bundestag und Bundesrat bestimmen und Menschen in | |
Abschiebehaft den verpflichtenden Rechtsbeistand streichen. | |
## Neun Stimmen zu wenig | |
Natürlich lässt sich die AfD auch damit nicht zufriedenstellen. Weidel wird | |
die Union weiter vor sich her treiben. Wie sehr eine Regierung die | |
Migrationspolitik auch verschärft – die Rechtsextremen werden immer noch | |
mehr fordern. Wer ihre Forderungen übernimmt, liefert sich ihnen aus. Schon | |
jetzt hat die AfD durch ihre Stärke die Macht, parlamentarische Kontrolle | |
im Bundestag einzuschränken. | |
Ohne AfD können die beiden Oppositionsparteien Grüne und Linke keinen | |
Untersuchungsausschuss mehr einsetzen. Dieses effektivste und schärfste | |
Instrument, um Missstände der Regierung aufzudecken, kann das Parlament nur | |
mit einem Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten einsetzen. Aktuell wäre | |
ein solcher Untersuchungsausschuss geboten, um die [3][chaotische | |
Maskenbeschaffung von Jens Spahn] aufzuklären. | |
Der Ex-Gesundheitsminister beschaffte in den ersten Wochen der | |
Coronapandemie Masken für sagenhafte 6 Milliarden Euro – gegen Warnungen | |
aus dem eigenen Haus und anderer Ministerien. Dabei setzte er auf seine | |
Kontakte zu CDU-nahen Unternehmen. Spahn nutzte fast seine gesamte Redezeit | |
am Mittwoch, um sein Wirken, das die Steuerzahler heute weitere vier | |
Milliarden Euro kosten könnte, zu verteidigen. Transparenter wird es | |
dadurch nicht. | |
Grünen und Linken fehlen neun Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss | |
einzusetzen. Die AfD stünde bereit, doch um welchen Preis? Mit denen, die | |
die Demokratie schleifen wollen, demokratische Kontrolle sichern? Gerade | |
die SPD, die ja die AfD verbieten lassen will, sollte sich der Einsetzung | |
eines U-Ausschusses nicht verschließen. Generell kann keine demokratische | |
Partei im Bundestag Interesse haben, der AfD Macht zuzubilligen – weder | |
diskursiv noch institutionell. Denn die missbraucht ihre Macht bereits | |
jetzt. | |
9 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Generaldebatte-im-Bundestag/!6100163 | |
[2] /Familiennachzug-ausgesetzt-/!6096907 | |
[3] /Masken-Affaere-um-Jens-Spahn/!6095813 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Schwarz-rote Koalition | |
Schwerpunkt AfD | |
Migration | |
Jens Spahn | |
Generaldebatte | |
Bundestag | |
Social-Auswahl | |
Kanzler Merz | |
Friedrich Merz | |
Schwerpunkt Flucht | |
Kanzler Merz | |
Asyl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Generaldebatte im Bundestag: Merz, Spahn und der Schatten der Vergangenheit | |
Rechtfertigungen für Maskenkäufe und Hetze von rechts: In der | |
Generaldebatte geht es im Bundestag heiß her. Dabei sollte es eigentlich um | |
anderes gehen. | |
Generaldebatte im Bundestag: Weidels rassistischer Rundumschlag | |
Die AfD nutzt die Generaldebatte im Bundestag zum völkischen Vortrag. Der | |
SPD-Fraktionsvorsitzende reagiert mit der Forderung, die Partei zu | |
verbieten. | |
Dobrindt will mit Taliban sprechen: Deutschlands „Migrationswende“ wird am … | |
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will direkt mit den Taliban | |
über Abschiebungen verhandeln. Daran gibt es deutliche Kritik. | |
Erste Sitzung des Koalitionsausschusses: „Deutschland besser, schneller und g… | |
Zum ersten Mal tagt der Koalitionsausschuss mit den Spitzen von CDU, CSU | |
und SPD. Die neue Regierung will die Wirtschaft entlasten. | |
Schwarz-rote Migrationspolitik: Verschärfte Grenzkontrollen stoßen auf Kritk | |
Nach Dobrindts Ankündigung sind inzwischen stärkere Grenzkontrollen | |
angelaufen. Die Kritik daran reißt nicht ab – auch aus den Nachbarländern. |