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# taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Weidels rassistischer Rundumschlag
> Die AfD nutzt die Generaldebatte im Bundestag zum völkischen Vortrag. Der
> SPD-Fraktionsvorsitzende reagiert mit der Forderung, die Partei zu
> verbieten.
Bild: Von der Mäßigung, die sich die AfD gerade erst auferlegt hatte, war bei…
Berlin taz | Wenige Minuten nach Beginn der Bundestagssitzung droht
Matthias Miersch der AfD-Chefin Alice Weidel mit Konsequenzen. „Ihre Rede
war ein Beispiel dafür, dass Sie verfassungsfeindlich agieren, und deshalb
muss es ein Verbotsverfahren geben“, rief der SPD-Fraktionsvorsitzende in
Richtung der extrem rechten Politikerin. Zuvor hatte Weidel ihre
zehnminütige Ansprache am Rednerpult für einen rassistischen Rundumschlag
genutzt. Dieser gipfelte in der völkischen Aussage, dass Einbürgerungen
„das Staatsvolk“ in Deutschland transformieren und für „Religionskriege�…
Land sorgen würden.
Es ist traditionell das Recht der stärksten Oppositionsfraktion, die
Generaldebatte in den Haushaltsberatungen des Bundestags zu eröffnen.
Weidel wusste dieses Privileg am Mittwoch zu nutzen, indem sie nur am Rande
auf die Etatverhandlungen zu sprechen kam. Stattdessen schwadronierte sie
unter dem johlenden Applaus ihrer Fraktion über „inkompatible Kulturen“,
eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands, „die rasend und aggressiv“
voranschreite, sowie die „hohe Kriminalitätsbelastung bestimmter
Bevölkerungsgruppen“. [1][Von der Mäßigung in ihrem äußeren Auftreten, d…
sich die AfD neuerdings auferlegt hatte, war im Parlament am Mittwoch gar
nichts zu hören.]
Als Bundeskanzler Friedrich Merz nach ihr ans Rednerpult trat, warf er
Weidel eine „rein nationalistische Rede“ vor. „Halbwahrheiten, üble
Nachrede und persönliche Herabsetzungen muss auch in einer Demokratie
niemand unwidersprochen einfach hinnehmen“, sagte der CDU-Chef.
## Merz beschwört Stimmungsumschwung
Die neue Regierung aus Union und SPD ist seit 65 Tagen im Amt. Für Merz war
es die erste Rede als Bundeskanzler in einer Haushaltsdebatte. Er begnügte
sich in seiner Ansprache weitestgehend mit Selbstlob. In den vergangenen
Wochen sei „ein Stimmungsumschwung“ gelungen, erklärte er.
Merz zeigte sich überzeugt, dass die Haushaltsplanung den Grundstein für
erhebliche Investitionen lege. „Damit hat die Bundesregierung die Wende in
der Wirtschaftspolitik eingeleitet“, sagte er. Der Kanzler rechtfertigte
die [2][noch mit den Mehrheiten des alten Bundestags beschlossenen
zusätzlichen Schuldenaufnahmen.] Nichts zu tun und keine Investitionen zu
ermöglichen, sei keine bessere Alternative.
„Wir haben viel angepackt, wir haben einiges erreicht, aber es bleibt noch
sehr viel zu tun“, sagte er. Schwarz-Rot wolle allen Menschen in
Deutschland, „den Mut und die Zuversicht vermitteln“, dass es sich lohne,
in diesem Land zu arbeiten und in Frieden und Freiheit zu leben. „Wir
wollen, dass Deutschland ein offenes, ein liberales, ein freiheitliches
Land bleibt, und wir wollen vor allem, dass Deutschland ein tolerantes Land
bleibt.“
Katharina Dröge, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisierte die
Haushaltspläne der Regierung. Sie warf Merz vor, dass reiche Menschen
weitaus mehr von den geplanten Steuersenkungen profitierten. Finanzminister
Lars Klingbeil (SPD) warf sie vor, eine Finanzpolitik wie Christian Lindner
zu betreiben, und zweifelte die angekündigten Investitionen an: „Sie
investieren nicht, sie verzocken, sie nutzen jeden Trick, um das Geld nicht
in die Investitionen zu schicken.“ Dröge nannte auch den Klimaschutz in den
neuen Haushaltsplänen eine „klimapolitische Bankrotterklärung“.
SPD-Fraktionsvorsitzender Miersch ging auf diese Vorwürfe ein. „Auch von
der Opposition erwarte ich Respekt für den Wert des Kompromisses.“ Hier
klang eine leichte Kritik am Koalitionspartner durch, als sei mit der Union
an mancher Stelle eben nicht mehr zu erreichen. „Was wir investieren, ist
gelebter Klimaschutz“, sagte er aber auch.
Eines könne die neue Regierung schon genauso gut wie die vorherige, sagte
die Linken-Co-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek: „sich nämlich
ordentlich auf die Schulter klopfen“. Dabei habe die schwarz-rote Regierung
bislang nichts weiter geliefert als „Chaos und gebrochene Versprechen“.
Deren Etatentwurf bezeichnete sie als einen „Haushalt der
Hoffnungslosigkeit“. Gekürzt werde ausgerechnet bei den Vorhaben, die den
Menschen wirklich helfen würden.
„Sie verteilen von unten nach oben, wir wollen von oben nach unten
verteilen“, sagte Reichinnek. „Sie versuchen nicht mal, die Schere zwischen
Arm und Reich zu schließen, Sie reißen sie immer weiter auseinander.“ In
Richtung von SPD-Fraktionschef Miersch sagte die Linke: „Ja, Matthias,
Kompromisse sind wichtig, aber die SPD geht in dieser Koalition unter.“
Die viertägige Haushaltsdebatte begann am Dienstag mit der Vorstellung des
Etatentwurfs 2025 durch Finanzminister Klingbeil. Geplant sind deutlich
höhere Investitionen, die vor allem durch mehr Schulden finanziert werden
sollen.
Die Bundesregierung plant für dieses Jahr Ausgaben von 503 Milliarden Euro
– 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr. 81,8 Milliarden Euro sollen im
Kernhaushalt über Kredite gedeckt werden, mehr als doppelt so viel wie
2024. Hinzu kommen über 60 Milliarden Euro aus schuldenfinanzierten
Sondertöpfen. Bis 2029 will die Regierung im Kernhaushalt und in
Sondertöpfen zusammen fast 850 Milliarden Euro Schulden aufnehmen.
Die Beratungen über den Etat des Kanzleramts gelten traditionell als
Höhepunkt der Haushaltsberatungen. Insgesamt sind vier Stunden für die
Debatte vorgesehen. Nach der Generaldebatte stellte sich Merz erstmals in
einer Regierungsbefragung den Fragen der Abgeordneten. Dafür waren 70
Minuten vorgesehen. Danach debattiert das Parlament über die Etats für das
Auswärtige Amt, Verteidigung und Entwicklungshilfe.
9 Jul 2025
## LINKS
[1] /Neuer-Verhaltenskodex-der-AfD/!6098609
[2] /Schiene-Strasse-Schule/!6074315
## AUTOREN
Pascal Beucker
Marc Tawadrous
Cem-Odos Güler
## TAGS
Friedrich Merz
Haushalt
Alice Weidel
Lars Klingbeil
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