| # taz.de -- Ausstellung im Brandenburg Museum: Funken für das Reich im kolonia… | |
| > In Nauen bündelten sich die Funkverbindungen zum kolonialen Afrika. Eine | |
| > Ausstellung rückt nun die koloniale Vergangenheit künstlerisch ins | |
| > Zentrum. | |
| Bild: Tuli Mekondjo in Nauen bei einer rituellen Performance (2024) | |
| Nauen, so heißt es auf der Website der Stadt, liegt „27 km nordwestlich der | |
| Landeshauptstadt Potsdam und 41 km westnordwestlich des Zentrums der | |
| Bundeshauptstadt Berlin“. Seit 2009 schmückt sich Nauen mit dem Motto | |
| „Funkstadt mit Herz“. Grund ist die Großfunkstelle Nauen, äußerlich durch | |
| zwei bis zu 80 Meter hohe Sendeantennen und ein von Werkbund-Mitglied | |
| Hermann Muthesius entworfenes, 1920 eingeweihtes großes Sendegebäude | |
| gekennzeichnet. | |
| Seit 1906 wird aus Nauen gesendet, die Anlage gilt als älteste noch aktive | |
| Sendeanlage der Welt. Es sind vor allem christliche Missionssendungen, die | |
| von einem privaten Betreiber und im Auftrag ebenfalls privater Auftraggeber | |
| über Kurzwelle etwa nach Äthiopien, Eritrea oder Nigeria gesendet werden. | |
| Zur Beschreibung der geografischen Lage Nauens könnte man also durchaus | |
| auch andere Entfernungen heranziehen – [1][etwa die zum togoischen Kamina] | |
| und zum namibischen Windhoek. Dort nämlich errichtete die seinerzeit für | |
| den Betrieb der Hochfrequenzfunkstation in Nauen zuständige Firma | |
| Telefunken im Auftrag des Deutschen Kaiserreichs jeweils ebenfalls | |
| Großfunkstationen, die transkontinentale Funkverbindungen [2][zwischen | |
| Deutschland und seinen afrikanischen Kolonien ermöglichten.] | |
| Die Station in Kamina befand sich dabei etwa auf halbem Luftweg nach | |
| Windhoek und wurde so auch als Relaisstation zur Verstärkung der Signale | |
| aus Deutschland errichtet. „Signale der Macht“ seien dies gewesen, so | |
| Dieter Daniels und Katalin Krasznahorkai, die dieser Tage die von ihnen | |
| kuratierte gleichnamige Ausstellung am Brandenburg Museum für Zukunft, | |
| Gegenwart und Geschichte in Potsdam eröffneten. | |
| ## Die Nauener Funkstation als Instrument kolonialer Macht | |
| Der Medientheoretiker und die Kunsthistorikerin haben hierfür gemeinsam mit | |
| einem Projektteam die Rolle der Nauener Funkstation als Instrument | |
| untersucht, mit dem koloniale, imperiale Macht gesichert, Verwaltung | |
| organisiert und wirtschaftliche sowie militärische Interessen durchgesetzt | |
| wurden. Es geht der Potsdamer Ausstellung also nicht um die | |
| technologiehistorischen Aspekte dieser „wichtigsten unbekannten | |
| Sehenswürdigkeit Brandenburgs“ (Daniels), die zudem für die Öffentlichkeit | |
| kaum zugänglich ist. | |
| Vielmehr solle „Signale der Macht“ „erinnerungskulturelle Perspektiven“ | |
| ermöglichen, durch die die drei Länder – nun im Sinn „postkolonialer | |
| Kunstpraxen“ – miteinander verbunden werden. Drei künstlerische Arbeiten | |
| wurden hierfür in Auftrag gegeben: Frederike Moormann und Angelika Warniek | |
| aus Deutschland halten sich mit ihrer Installation eher ans Allgemeine, | |
| verweben heutige Sounds und Videobilder der drei (teils verlassenen | |
| beziehungsweise verfallenden) Funkstationen mit Filmaufnahmen startender | |
| Raketen – ein Verweis auf heutige Public-private-Partnerships für | |
| Satellitenkommunikation als eine Nachfolgetechnologie des Funks. | |
| Der togoische Filmemacher Madjé Ayité suchte einen spezifischeren Blick und | |
| zeigt zwei Ausschnitte aus seinem Dokumentarfilm „Fragmente“, in dem er | |
| nicht nur den heutigen Zustand der Station in Kamina abbildet und einen | |
| togoischen Germanisten bezüglich der Bedeutung der Anlage zu Wort kommen | |
| lässt, sondern auch die Anlage in Nauen oder das Afrikanische Viertel in | |
| Berlin besucht. | |
| Für den Zweck produziert, an Schulen in Togo gezeigt zu werden, hat der | |
| Film also ursprünglich eine togoische Zielgruppe. Er trage also das sich | |
| auch in Archiven in Deutschland befindende Wissen über den Sender in Kamina | |
| nach Togo zurück, so Ayité. Ebenfalls teilweise im Nauener Sendegebäude | |
| entstand der Film der namibischen Künstlerin Tuli Mekondjo. | |
| ## War Telegrafie ein Werkzeug des Völkermords? | |
| Hier sowie vor den Ruinen der Windhoeker Station versucht sie darin, durch | |
| an die menschenunwürdigen Baubedingungen erinnernde performative | |
| Bewegungen, den Traumata der von den Deutschen unterdrückten und im | |
| Völkermord an den Herero und Nama umgebrachten Kolonisierten im Land der | |
| Täter Sichtbarkeit zu verschaffen. Ihr Film stellt so auch die Frage, | |
| inwiefern Telegrafie ein Werkzeug des Völkermords war. | |
| Denn auch wenn der Sender in Nauen erst 1906 errichtet wurde und die erste | |
| direkte Funkverbindung zur damaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ erst | |
| 1914 hergestellt wurde, waren es doch auch schon „Feldstationen“ der | |
| Telefunken, [3][die während des 1904 beginnenden Aufstands der Herero die | |
| deutschen Befehlsketten sicherten, wie nicht zuletzt Fotografien aus dem | |
| Firmenarchiv zeigen], die Mekondjo in einer ebenfalls gezeigten | |
| Installation verwendet. | |
| Sie sind auch Teil einer großen Archivwand, die anhand von Texten und | |
| Reproduktionen historischer Quellen die verbundene Geschichte der Sender in | |
| Nauen, Kamina und Windhoek umfangreich visualisiert. | |
| 19 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Conrads | |
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