# taz.de -- Reaktion auf US-Zölle: Big Tech besteuern würde Trump treffen | |
> Neue Steuern für die großen US-Digitalkonzerne könnten eine Antwort auf | |
> Trumps Zollpolitik sein. Nachteile für Verbraucher ließen sich umgehen. | |
Bild: US-Exportschlager: Apps von Tech-Konzernen | |
Berlin taz | Außenministerin Annalena Baerbock verbreitete die Idee schon, | |
bevor Trump die Details seiner [1][Zollpläne] vorstellte: „Wie oft updaten | |
wir unser iPhone? So zehn Cent darauf – das würde viel Geld für Europa | |
bringen, anderen vielleicht nicht so gut gefallen“, sagte Baerbock auf | |
einer Konferenz Ende März. | |
Die Vorstellung, Abgaben auf digitale Produkte zu erheben, bei denen die | |
USA im Export dominant sind, nimmt mit der Konkretisierung von Trumps | |
Plänen an Fahrt auf. So sprach sich nach der Verkündung der neuen Zölle | |
unter anderem die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer für eine Digitalsteuer | |
für US-Tech-Konzerne aus. Und eine französische Regierungssprecherin sagte, | |
die EU könne „die digitalen Dienste angreifen“. | |
Weil Zölle auf digitale Güter deutlich komplizierter umzusetzen wären als | |
auf Autos oder Stahl – schließlich wird im Digitalen nichts physisch über | |
eine Staatsgrenze hinweg bewegt – geht die Debatte aktuell in Richtung | |
Digitalsteuern. Die waren vor etwa 7 Jahren schon einmal im Gespräch. Doch | |
die Verhandlungen auf OECD-Ebene brachten kein Ergebnis und die Idee wurde | |
nicht weiter verfolgt. | |
Das könnte sich nun ändern. Das Centre for European Policy Studies, ein | |
europäischer Thinktank, hat im Auftrag der Europäischen Grünen Anfang April | |
eine [2][Analyse] dazu vorgelegt, wie eine solche Steuer aussehen könnte. | |
Gelten könnte die Steuer demnach für Unternehmen mit einem weltweiten | |
konsolidierten Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Das würde | |
sicherstellen, dass nur große, multinationale Konzerne so besteuert werden. | |
Eine 5-prozentige Abgabe auf Erlöse aus digitalen Werbedienstleistungen und | |
Dienstleistungen von Plattformen würde demnach im Jahr 2026 Steuereinnahmen | |
in Höhe von 37,5 Milliarden Euro generieren. Das sei etwa ein Fünftel des | |
EU-Haushalts. | |
## Plattformregeln durchsetzen | |
„Big-Tech-Konzerne zahlen in Europa so gut wie keine Steuern“, sagt der | |
Digitalexperte Markus Beckedahl. Mit politischem Willen lasse sich das aber | |
schnell ändern – zumindest schneller als eine Durchsetzung der | |
[3][Plattformgesetze Digital Services Act und Digital Markets Act]. Die | |
beiden sollen dazu dienen, die Macht großer Techplayer einzudämmen und auch | |
inhaltlich in die Verantwortung zu nehmen, etwa mit Mindeststandards zur | |
Moderation. Weil die Regeln vor allem die großen Konzerne treffen, könnte | |
die EU diese Karte ebenfalls in den Zollverhandlungen mit den USA spielen. | |
Bei der Durchsetzung der beiden Regularien waren die Behörden laut | |
Beckedahl in den vergangenen Jahren jedoch zurückhaltend – mit dem | |
Argument, dass man keinen Handelskrieg mit den USA entfachen wolle. „Aber | |
dieses Argument fällt jetzt weg“, sagt Beckedahl und spricht sich für eine | |
konsequente Durchsetzung aus. Die hätte gleich mehrere Vorteile: Bußgelder | |
würden Einnahmen generieren, europäische Anbieter würden gestärkt und die | |
hiesigen Demokratien geschützt – zum Beispiel vor der Flut von | |
Desinformation, die von mancher US-Plattform ausgeht. | |
Die Verfahren dauern aber: Untersuchungen werden eingeleitet, Briefe | |
zwischen EU-Kommission und den beanstandeten Unternehmen hin und her | |
geschickt und wenn am Ende die Entscheidung über ein Bußgeld steht, geht es | |
erst los mit den Gerichtsverfahren. Denn kaum ein Techkonzern wird so eine | |
Entscheidung einfach akzeptieren. | |
## Widerstand aus der Wirtschaft | |
Eine gesetzliche Basis für eine Digitalsteuer ließe sich schneller | |
schaffen. Doch Widerstand kommt aus der Wirtschaft: „Wir würden uns da ins | |
eigene Fleisch schneiden“, sagt Fabian Zacharias vom IT-Verband Bitkom. Zum | |
einen wäre es schwierig, eine Digitalsteuer so auszugestalten, dass | |
tatsächlich nur die großen US-Konzerne getroffen würden und nicht auch | |
deutsche oder europäische Unternehmen. | |
Zum anderen seien hiesige Firmen in Teilen auf die Dienstleistungen der | |
US-Anbieter angewiesen, weil es keine gleiche oder gleich leistungsfähige | |
Alternative aus Europa gebe. „Die Nutzung digitaler Technologien würde | |
teurer werden und zwar sowohl für Unternehmen als auch für die Verwaltung | |
und für die Bürgerinnen und Bürger“, sagt Zacharias. | |
Es sei denn, man präzisiert das Konzept einer Digitalsteuer ein wenig. Das | |
schlägt Stefan Heumann vor, Geschäftsführer von Agora Digitale | |
Transformation. | |
Basis dafür ist zu wissen, womit die Techkonzerne eigentlich ihr Geld | |
verdienen. Und das ist bei vielen: Werbung. „Sogar Amazon verdient | |
mittlerweile mehr Geld mit Werbung als mit dem Verkauf von Produkten“, sagt | |
Heumann. Wer also den Fokus darauf lege, die Umsätze aus dem Werbegeschäft | |
zu besteuern, nehme Verbraucher:innen und hiesige Firmen aus der | |
Schusslinie. Hard- oder Software – etwa eine Windows-Lizenz, ein iPhone | |
samt Updates oder der Cloud-Dienst eines US-Anbieters – müssten so nicht | |
teurer werden. | |
Im Gegensatz zu der im Sande verlaufenen Debatte von vor 7 Jahren hält es | |
Heumann für realistisch, dass es dieses Mal etwas wird mit einer | |
Digitalsteuer. „Bislang haben wir uns das in Europa nicht getraut, aber | |
Trump öffnet nun diese Tür.“ | |
## Mehr Souveränität | |
Und falls die EU die Digitalsteuer nicht nur auf das Werbegeschäft | |
beschränkt? „Dann würde es tatsächlich kurzfristig teurer – aber | |
mittelfristig würden europäische Unternehmen profitieren“, sagt Heumann. | |
Damit es etwas wird mit der digitalen Souveränität in Europa – also einer | |
weitgehenden Unabhängigkeit etwa von den USA was zentrale digitale Produkte | |
und Dienste betrifft – muss laut Heumann aber auch der Staat umdenken: „Die | |
Beschaffung müsste viel stärker auf Open-Source-Lösungen und europäischen | |
Angeboten liegen.“ | |
Momentan ist zumindest die deutsche Bundesregierung noch weit davon | |
entfernt: „Das digitale Souveränitätsdefizit des Bundes ist enorm“, | |
kritisiert Anke Domscheit-Berg, die bis vor kurzem für die Linke im | |
Bundestag saß. Einer kleinen Anfrage der Linken zufolge verdoppelte der | |
Bund die Ausgaben für Cloud-Dienste von 2021 bis 2024 auf 286 Millionen | |
Euro. In den Listen der Auftragnehmer dominieren die ganz Großen: Amazon, | |
Microsoft und Google. | |
7 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /US-Praesident-Trumps-Handelspolitik/!6080272 | |
[2] https://cdn.ceps.eu/wp-content/uploads/2025/04/2025_04_FMI-Toward-a-Europea… | |
[3] /Digital-Markets-und-Digital-Services-Act/!5992274 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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