| # taz.de -- IEA zur Energiewende in Deutschland: Jetzt bloß nicht aufhören | |
| > Die deutsche Energiewende sei auf einem guten Weg, meint die | |
| > Internationale Energie Agentur. Einen Politikwechsel hält sie für | |
| > gefährlich. | |
| Bild: Der Ausbau der Erneuerbaren geht in Deutschland mit Rekordtempo voran | |
| Berlin taz | Deutschland hat „beeindruckende Fortschritte“ bei der | |
| Energiewende gemacht. Diese könnte zum „Motor“ des Wachstums im Land | |
| werden. Das stellt die Internationale Energie Agentur IEA in einem Bericht | |
| zur deutschen Energiepolitik fest. | |
| Gegenwärtig befinde sich Deutschland an einem „Wendepunkt“, an dem das | |
| Zeitalter von Kernkraft, Kohle und russischem Erdgas ende. In einem Umfeld | |
| enormer geopolitischer Herausforderungen habe das Land in den vergangenen | |
| Jahren große Anstrengungen unternommen, um die Energiewende zu | |
| beschleunigen. | |
| „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber müssen ihn weiter beschreiten“, sagte | |
| Stefan Wenzel, Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium, | |
| bei der Vorstellung des IEA-Berichts. | |
| Eine Kehrtwende würde nicht nur dem Kampf gegen die Erderhitzung schaden | |
| [1][und so die Kosten von Extremwetter steigern], sondern auch die | |
| Resilienz und Zukunftsfähigkeit Europas schwächen. | |
| ## IEA warnt vor fossilen Abhängigkeiten | |
| Auch Divya Reddy, Analystin bei der IEA, betonte, dass Kontinuität bei der | |
| Energiepolitik und -finanzierung von großer Bedeutung seien, um die | |
| Vorteile der Energiewende zu erlangen. | |
| Die IEA warnt in ihrem Bericht davor, die Kosten der Energiewende als | |
| fundamentales Hindernis zu betrachten. Nicht nur aus Klimaschutzgründen sei | |
| sie drängend. Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei eine „krasse | |
| Mahnung“, welche Risiken mit einer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen | |
| einhergehen. | |
| Zudem sei die Energiewende eine Möglichkeit für die deutsche Industrie, die | |
| Konkurrenz bei den erneuerbaren Technologien der Zukunft auszustechen. | |
| Der IEA zufolge sei die [2][nächste Etappe der Energiewende in | |
| Deutschland], die Preise für Strom zu senken. Diese waren hierzulande 2023 | |
| unter allen 31 IEA-Mitgliedsländern die zweithöchsten. Dort, wo eine | |
| Elektrifizierung nicht möglich ist, zum Beispiel in Teilen der chemischen | |
| und Schwerindustrie, müsse die Politik zudem klare Wege zur | |
| Dekarbonisierung zeigen. | |
| ## Streit um Strompreiszonen | |
| Um die Strompreise zu senken, seien laut IEA der Einbau von smarten | |
| Stromzählern sowie der Ausbau von Stromnetzen und Stromspeichern zentral. | |
| Die Agentur spricht sich auch dafür aus, die Strompreise in Deutschland | |
| ortsabhängiger zu gestalten. | |
| Bislang kostet Strom in ganz Deutschland gleich viel. [3][In den aktuellen | |
| Koalitionsverhandlungen] spricht sich die SPD für Strompreiszonen aus. Der | |
| Strom solle der Industrie dort günstiger zur Verfügung gestellt werden, wo | |
| er auch erzeugt wird, um ihn nicht über weite Strecken transportieren zu | |
| müssen. Die Union ist dagegen. | |
| Verlieren würde bei ortsabhängigen Preisen wahrscheinlich unter anderem | |
| Bayern, weil Strom dort aufgrund des schleppenden Zubaus von | |
| Windkraftwerken teurer ist als zum Beispiel in Schleswig-Holstein. | |
| Zu schwach ist der Klimaschutz weiterhin im Verkehrssektor, warnt die IEA. | |
| Um auch diesen Bereich zu dekarbonisieren seien langfristige Investitionen | |
| in den öffentlichen Nahverkehr und das Schienennetz wichtig. Außerdem müsse | |
| der Verkauf von E-Autos wieder angekurbelt werden. Der war eingebrochen, | |
| nachdem die Ampelregierung 2023 wegen der Haushaltslücke den Kaufbonus | |
| gestrichen hatte. | |
| ## IEA warnt davor, das Heizungsgesetz abzuschaffen | |
| Das „unfassbare Erbe im Fracht- und Personentransportsektor“ und die starke | |
| Auto- und Eisenbahnindustrie hätten das Potenzial, Deutschland in der | |
| Verkehrswende voranzubringen – aber nur, wenn der Übergang zu E-Mobilität | |
| und mehr Schienenverkehr gut organisiert werde. | |
| Die IEA warnt auch davor, das Heizungsgesetz abzuschaffen, wie es die | |
| Koalitionsverhandler*innen von CDU und SPD derzeit planen. Die | |
| Wärmewende könne nur gelingen, wenn Bürger*innen klar gesagt werde, dass | |
| Wärmepumpen und Fernwärme bei neuen Heizungen Vorrang haben sollten. Dafür | |
| müssten auch die Kommunen mit mehr Geld ausgestattet werden. | |
| Die IEA fordert die deutsche Politik zudem auf, die Rolle von Erdgas zu | |
| „klären“. Verbraucher*innen und Industrie müssten wissen, mit wie viel | |
| Verbrauch und mit welchen Preisen die Bundesregierung über die nächsten | |
| Jahre rechnet. Noch wüssten vor allem Industrie und Stromerzeuger nicht, | |
| wie sie mit Erdgas verfahren sollen, während im Gebäudesektor bislang klar | |
| sei, dass die „Abhängigkeit“ von importiertem Gas verringert werden soll. | |
| Auch eine zu hohe Nachfrage für Gas bei der Stromerzeugung dürfe nicht | |
| angenommen werden, schreibt die IEA in ihrem Bericht Gaskraftwerke gelten | |
| als notwendig, um bei hohem Strombedarf aber geringer Sonneneinstrahlung | |
| und wenig Wind flexibel Strom erzeugen zu können. Das sei aber | |
| möglicherweise gar nicht nötig, so die IEA, würden genügend Stromspeicher | |
| gebaut, die bei entsprechender Nachfrage Strom ins Netz einspeisen können. | |
| Anm. d. Red.: In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass in | |
| Bayern der Zubau von Solarkraftwerken schleppend läuft. Tatsächlich läuft | |
| der Zubau von Solarkraftwerken in Bayern gut, aber der Ausbau der Windkraft | |
| ist langsam. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. | |
| 7 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Waack | |
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