# taz.de -- Schwangerschaftsabbruch und Recht: Ungewollt Schwangere schützen, … | |
> Abtreibungen nicht zu legalisieren, war angesichts der erstarkenden AfD | |
> ein fataler Fehler der Ampel. Welche Gefahr das birgt, zeigt sich in den | |
> USA. | |
Bild: Unter dem US-Präsidenten Donald Trump könnten Reproduktionsrechte weite… | |
Kurz nach dem Scheitern der Ampelregierung bestand die historische Chance, | |
Abtreibungen in Deutschland innerhalb der ersten zwölf | |
Schwangerschaftswochen zu legalisieren. Doch mit ihrer Blockade einer | |
entsprechenden parteiübergreifenden Gesetzesinitiative von Abgeordneten der | |
SPD, der Grünen und der Linken hat die so „freiheitsliebende“ FDP die | |
vorerst [1][letzte Chance vertan], die reproduktive Selbstbestimmung | |
ungewollt Schwangerer in Deutschland zu stärken. | |
Dabei wäre genau das angesichts der wachsenden Macht der AfD heute | |
[2][wichtiger denn je]. Denn Antifeminismus sowie der Kampf gegen | |
Abtreibung und reproduktive Selbstbestimmung sind weltweit Bestandteil der | |
rechten Agenda. Dort, wo rechte Parteien an die Macht kommen, geraten | |
reproduktive Rechte massiv unter Druck. Mit oft fatalen Folgen für die | |
Betreffenden. | |
Das zeigt sich seit einigen Jahren in den USA, wo Donald Trump während | |
seiner ersten Präsidentschaft den Weg dafür ebnete, dass der Oberste | |
Gerichtshof 2022 das landesweite [3][Recht auf Abtreibung kippte]. In | |
zahlreichen republikanisch regierten Bundesstaaten traten daraufhin Gesetze | |
in Kraft, die den Schwangerschaftsabbruch unter fast allen Umständen | |
verbieten oder stark einschränken. | |
In den betreffenden Bundesstaaten haben die Verbote zu einer beispiellosen | |
Gesundheitskrise geführt. Schon kurz nach der historischen Entscheidung des | |
Supreme Court tauchten im ganzen Land wahre Horrorgeschichten von Frauen | |
auf, denen eine Abtreibung verweigert wurde, obwohl sich ihr | |
Gesundheitszustand drastisch verschlechterte. Im bevölkerungsreichen Texas, | |
wo eines der striktesten Abtreibungsgesetze der USA gilt, ist seit dessen | |
Inkrafttreten die Rate an Frauen, die aufgrund einer Fehlgeburt im | |
Krankenhaus eine lebensbedrohliche Sepsis entwickelten, um 50 Prozent | |
gestiegen. | |
Immer wieder kommt es aufgrund der Gesetze auch zu Todesfällen: Im Herbst | |
2024 verloren in Texas mindestens zwei junge Frauen ihr Leben, weil | |
Ärzt:innen sich aus Angst vor Strafverfolgung weigerten, die sterbenden | |
Föten, solange deren Herz noch schlug, aus dem Uterus der Schwangeren zu | |
entfernen. | |
Doch obwohl sich in Umfragen eine Mehrheit von 60 Prozent der | |
US-Amerikaner:innen für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ausspricht, | |
siegte am 5. November 2024 mit Trump jener Kandidat, dem die | |
Rechtsverschärfungen maßgeblich zuzuschreiben sind. Zwar hatte Trump seine | |
Rhetorik in der Abtreibungsfrage im Wahlkampf gemäßigt und versprochen, | |
kein nationales Abtreibungsverbot zu unterzeichnen. | |
Dennoch erwarten Expert:innen, dass die Regierung den Zugang zu | |
Abtreibungen landesweit einschränken wird – das [4][„Project 2025“] der | |
rechtskonservativen Heritage Foundation, ein detaillierter Plan zum | |
autoritären Umbau der US-Demokratie, dürfte dazu als Blaupause dienen. | |
Tatsächlich folgten die ersten Maßnahmen zur Einschränkung der | |
reproduktiven Selbstbestimmung Schwangerer prompt. Wenige Stunden nach | |
Trumps Amtsantritt war eine von der Biden-Regierung eingerichtete Website, | |
die über reproduktive Gesundheit und den Zugang zu Abtreibungen | |
informierte, nicht mehr abrufbar. Mit einem Dekret begnadigte Trump knapp | |
zwei Dutzend verurteilte Antiabtreibungsaktivist:innen, die wegen der | |
Blockade von Abtreibungskliniken sowie Angriffen auf Schwangere in Haft | |
saßen. | |
Ende Januar hob Trump überdies [5][zwei Dekrete] seines Vorgängers auf, die | |
den US-weiten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen trotz der Verbote in | |
einigen Bundesstaaten sicherstellen sollten. Steuergelder des Bundes dürfen | |
nun nicht mehr zur Finanzierung und Förderung von Abtreibungen verwendet | |
werden. | |
Die Trump-Administration könnte den Zugang zu Abtreibungen überdies noch | |
auf einem weiteren Weg landesweit einschränken – ganz ohne nationales | |
Verbot. Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. erklärte Ende Januar, die | |
Sicherheit des Wirkstoffs Mifepriston überprüfen zu wollen. | |
Dabei handelt es sich um ein durch zahlreiche Studien als sicher | |
eingestuftes Medikament – zwei Drittel aller Abtreibungen in den USA werden | |
inzwischen mithilfe einer Kombination aus Mifepriston und Misoprostol | |
durchgeführt. Das macht sie zu einem Hauptziel der Antiabtreibungsbewegung. | |
Sie fordert – [6][wie die „Project 2025“-Autoren] – deren Zulassung | |
aufzuheben oder den Zugang stark einzuschränken. Zuständig ist die Food and | |
Drug Administration, deren Leiter Marty Makary ausgewiesener | |
Abtreibungsgegner ist. | |
Noch gravierendere Folgen hätte die Wiederbelebung der sogenannten | |
Comstock-Gesetze. Das sind Bundesgesetze aus dem 19. Jahrhundert, die den | |
Versand von „obszönem Material“ per Post verbieten – darunter auch Artik… | |
die zur Herbeiführung einer Abtreibung bestimmt sind. | |
Allerdings hat Trump die [7][Antiabtreibungsbewegung] letzthin gegen sich | |
aufgebracht: Mitte Februar unterzeichnete er ein Dekret zur Ausweitung des | |
Zugangs zu künstlicher Befruchtung. Die Pro-Life-Bewegung lehnt selbst das | |
Einfrieren und Zerstören überzähliger Embryonen im Zuge künstlicher | |
Befruchtung ab. | |
Diese Auseinandersetzungen haben das Potenzial, die Republikaner zu | |
spalten. Noch ist offen, wer sich durchsetzen wird. Fest steht: Die | |
Verschärfung des Abtreibungsrechts in den Bundesstaaten hat schon heute | |
gravierende Folgen für die Gesundheit und das Leben von Frauen. | |
Der Pro-Choice-Bewegung bleibt nicht viel übrig, als für die Stärkung der | |
reproduktiven Rechte in den Bundesstaaten zu kämpfen – ein landesweites | |
Recht auf Abtreibung ist aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Kongress in | |
weite Ferne gerückt. | |
7 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anne Britt Arps | |
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