| # taz.de -- Soziologin über Antifeminismus: „Alle meinen, dass sie mitreden … | |
| > Caroline Hesidenz sieht Antifeminismus als Strategie der extremen | |
| > Rechten, Zugang zu konservativen Kreisen zu bekommen. Solidarität kann | |
| > dagegen helfen. | |
| Bild: Was AfD-Politiker so von sich geben: Aktion der Organisation Avaaz am Bra… | |
| taz: Frau Hesidenz, mit dem Rechtsruck kehren dessen Kumpel zurück: | |
| Rassismus, Sexismus, Queer- und Frauenfeindlichkeit. Dazu kommt der | |
| Antifeminismus. Was genau ist Antifeminismus? | |
| Caroline Hesidenz: Antifeminismus gibt es, mal mehr, mal weniger stark, | |
| solange wie es den Kampf für Frauenrechte gibt. In den vergangenen zehn | |
| Jahren ist er auf dem Vormarsch, und in jüngster Zeit wird er öfter | |
| thematisiert. Beim Antifeminismus geht es um die organisierte Bekämpfung | |
| von Emanzipation, geschlechtlicher Vielfalt, von Feminismus und | |
| Feminist:innen. Er basiert auf dem alltäglichen Sexismus, den das | |
| patriarchale System mit sich bringt, fügt aber eine gezielte Strategie | |
| gegen feministische Institutionen hinzu. | |
| taz: Sie nehmen in Kiel an einer Debatte der Friedrich-Ebert-Stiftung teil, | |
| mit dabei sind die SPD-Landtagsabgeordnete Sophia Schiebe und Kerstin | |
| Hansen vom Netzwerk bei häuslicher Gewalt. Der Titel lautet | |
| „Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus – wie stoppen wir den Rollback?“ | |
| Gibt’s darauf eine kurze Antwort? | |
| Hesidenz: Oh je, kurz ist schwierig. In Stichworten: Weiter für | |
| Sichtbarkeit sorgen, sich nicht einschüchtern lassen und solidarisch gegen | |
| Angriffe zusammenstehen. | |
| taz: Warum ist Antifeminismus für die Rechte so wichtig? | |
| Hesidenz: Ich sehe zwei Komponenten: eine ideologische und eine | |
| strategische. Zweigeschlechtlichkeit, starre Geschlechterrollen und die | |
| daraus abgeleitete gesellschaftliche Ordnung ist in der Rechten zentral für | |
| die Vorstellung von Gesellschaft und Volksgemeinschaft. Strategisch stellt | |
| Antifeminismus ein [1][Scharnier zum konservativen Denken] jenseits der | |
| extremen Rechten dar. Das Thema eignet sich als Triggerpunkt, man kann | |
| damit polarisieren, und alle meinen, dass sie mitreden können. Hier lässt | |
| sich an die Ängste vieler Menschen vor jeder Art von Veränderung anknüpfen. | |
| taz: Das heißt, wenn Vertreter:innen demokratischer Parteien den Kampf | |
| um symbolische Gleichstellung abwerten, zum Beispiel von „Gendergaga“ | |
| reden, spielen sie das Spiel der Rechten? | |
| Hesidenz: Ja, absolut! Dazu gehört auch, wenn [2][queere Gruppen innerhalb | |
| von Parteien nicht am CSD teilnehmen dürfen] oder wenn es [3][Rückschritte | |
| bei der Beflaggung] gibt. Oder wenn in manchen Bundesländern gendersensible | |
| Sprache an Schulen oder in Behörden verboten wird. Das erfüllt Forderungen | |
| der AfD. | |
| taz: Was tun, wenn mir – zum Beispiel im Internet – antifeministische | |
| Argumente begegnen? | |
| Hesidenz: Je nachdem, wo und wie, muss ich überlegen, was sinnvoll ist. | |
| Bringe ich durch Widerspruch eine Aussage erst recht nach vorn? Lohnt es | |
| sich, inhaltlich einzusteigen, oder supporte ich andere Personen, die sich | |
| bereits geäußert haben? Kann ich die Aussage melden oder sogar Strafanzeige | |
| stellen? Wichtig finde ich, für die zu argumentieren, die auf den Post | |
| stoßen könnten. Dass ich Menschen durch eine Debatte auf Social Media von | |
| antifeministischen Überzeugungen abbringen kann, halte ich für | |
| unwahrscheinlich. | |
| taz: Auch [4][Frauen verhalten sich antifeministisch]. Warum? | |
| Hesidenz: Generell gilt, dass die [5][patriarchalen Strukturen] der | |
| Gesellschaft auf uns alle einwirken. Wir wissen genau, was als machtvoll | |
| und was als abweichend gilt. Davon kann ich mich emanzipieren und für eine | |
| andere Gesellschaft eintreten, oder ich mache es mir zu eigen. Wobei es | |
| aber darauf ankommt, ob eine Person ihre Haltung als bewusste Entscheidung | |
| für sich selbst definiert. Diese Haltung kann ich kritisieren, ist aber | |
| kein Antifeminismus. Der beginnt, wenn sie verkündet, es sei die Rolle | |
| aller Frauen, sich dem Mann zu unterwerfen, und jede Art von Auflehnung | |
| führe ins Elend. Um es ganz explizit zu machen: Beim [6][Antifeminismus] | |
| geht es nicht um Sprüche, sondern um Menschenrechte. Darum ist es wichtig, | |
| dass wir uns dagegen wehren. | |
| 1 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
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