# taz.de -- Queere Sichtbarkeit: Bundestagsgruppe darf nicht zum CSD | |
> Erstmals dürfen queere Mitarbeitende des Bundestags nicht als Gruppe beim | |
> Berliner CSD laufen. Am Verbot gibt es Kritik aller demokratischen | |
> Parteien. | |
Bild: Aus dem Bundestag, auf die Straße fällt dieses Jahr aus. Die Bundestags… | |
Berlin taz | Die Bundestagsverwaltung verbietet ihren queeren | |
Mitarbeitenden, die im sogenannten Regenbogennetzwerk organisiert sind, die | |
Teilnahme als sichtbare Gruppe am Berliner Christopher Street Day. Der | |
Direktor beim Deutschen Bundestag, Paul Göttke, habe die Entscheidung | |
getroffen, „dass die Bundestagsverwaltung als solche, insbesondere aufgrund | |
der gebotenen Neutralitätspflicht, nicht an politischen Demonstrationen und | |
öffentlichen Veranstaltungen teilnimmt“, so ein Sprecher der Verwaltung. | |
Außerhalb des Dienstes stehe den Mitarbeitenden eine Teilnahme frei. Göttke | |
war im Mai von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner vorgeschlagen worden. | |
Ob er auf ihre Weisung handelte, beantwortete die Pressestelle nicht. | |
Das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend | |
wird dagegen mit eigenem Wagen beim CSD vertreten sein. Ministerin Karin | |
Prien (CDU) sagte der taz: Der Wagen sei „ein wichtiges Zeichen für die | |
Anerkennung und den Respekt vor der Vielfalt in unserer Gesellschaft – | |
gerade angesichts zunehmender Diskriminierung aufgrund sexueller | |
Orientierung und geschlechtlicher Identität weltweit und leider auch in | |
Deutschland“. Klöckners Vorgängerin im Amt, Bärbel Bas (SPD), hatte in | |
ihrer Funktion als Bundestagspräsidentin 2023 am Berliner CSD | |
[1][teilgenommen]. | |
## Kritik an der Entscheidung | |
Auch bei Mitarbeitenden der Bundestagsverwaltung stieß die Entscheidung auf | |
Unverständnis. Am Mittwoch fand im Bundestag eine Personalversammlung | |
statt, an der mehrere Hundert Mitarbeitende teilnahmen. Wie die taz aus | |
Teilnehmerkreisen erfuhr, wurde auch dort die CSD-Entscheidung kritisiert: | |
Man erlebe einen „internationalen Rollback“, Homosexuelle müssten anderswo | |
um ihr Leben fürchten. Da sei es kein gutes Zeichen, wenn man im Deutschen | |
Bundestag nun Debatten über die Teilnahme am CSD führe. | |
Der Verein [2][Berliner CSD] kritisierte die Entscheidung der | |
Bundestagsverwaltung scharf. Sie sei „eine aktive politische Absage an | |
queere Sichtbarkeit“, so der Vorstand. Da die Absage in den Pride Month | |
falle, käme sie „einer bewussten Entscheidung gegen die Community gleich“. | |
Wer die Teilnahme von queeren Netzwerkgruppen staatlicher Institutionen | |
untersage, kündige den Konsens auf, dass Grundrechte sichtbar verteidigt | |
gehören. Der CSD erwartet am 26. Juli unter dem Motto „Nie wieder still“ | |
wie in den Vorjahren Hunderttausende Teilnehmer*innen. | |
Kritik am Verbot kam auch aus CDU, SPD, Grünen und Linken. Die | |
Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), sagte, sie halte | |
es für „ein falsches und unnötiges Signal“. Gerade in Zeiten, in denen | |
CSD-Demonstrationen abgesagt und Vielfaltsfeste angegriffen würden, brauche | |
es „große Solidarität und sichtbare Unterstützung“. | |
## „Entsetzt und enttäuscht“ | |
„Entsetzt und enttäuscht“ zeigte sich die LSU, die Interessenvertretung | |
queerer Menschen in der Union. Die Entscheidung sei „ein Rückschritt“, so | |
LSU-Bundeschef Sönke Siegmann. Man appelliere an die Verantwortlichen, | |
„diese Haltung zu überdenken.“ Auch der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete, | |
Jan-Marco Luczak, forderte eine Lösung jenseits der Neutralitätspflicht. | |
Die grüne Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik bezeichnete das Verbot als | |
„schwerwiegenden politischen Rückschritt, für den Julia Klöckner die | |
Verantwortung trägt.“ Klöckner müsse erklären, „wie sie sicherstellen w… | |
dass queere Mitarbeitende auch in Zukunft als Teil einer offenen, diversen | |
Parlamentskultur sichtbar sein dürfen“. Wer diese Sichtbarkeit verweigere, | |
gestalte politische Realität, so Slawik. | |
Die Absage an das Regenbogennetzwerk reiht sich ein in weitere | |
Entscheidungen Klöckners um queere Sichtbarkeit im Bundestag. Mitte Mai | |
hatte sie mitgeteilt, dass die Regenbogenflagge am Christopher Street Day | |
nicht mehr neben der Bundestags- und Europaflagge über dem | |
Reichstagsgebäude wehen wird. Die Bundesflagge repräsentiere „das Recht auf | |
sexuelle Selbstbestimmung und gegen Diskriminierung“ ausreichend, hieß es | |
dazu in einer Pressemitteilung. | |
## Petition auf „All Out“ | |
Auf „All Out“ wurde eine Petition gestartet, die bereits mehr als 10.000 | |
Unterstützer*innen hat. Entscheidungen wie diese seien „enttäuschend | |
und politisch kurzsichtig“, schreiben die Initiator*innen. Gerade in einer | |
Zeit, in der queere Menschen weltweit und hierzulande zunehmend unter Druck | |
geraten, brauche es „öffentliche Zeichen staatlicher Solidarität“. | |
17 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundestag.de/services/soziale_medien/instagram_praesidentin/4-b… | |
[2] https://csd-berlin.de/ | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
Kersten Augustin | |
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