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# taz.de -- Trumps Angriff auf die Justiz: Rechter Staat statt Rechtsstaat
> Mit Weißem Haus und Kongress kontrolliert Donald Trump zwei von drei
> Staatsgewalten. Jetzt zieht er gegen die Judikative ins Feld.
Bild: US-Vizepräsident J. D. Vance und Mike Johnson, Sprecher des Repräsentan…
Dass es US-Präsident Donald Trump mit geltenden Gesetzen nicht so genau
nimmt, ist nichts Neues. Aber Trump ist mehr als eine Person, die zeit
ihres Lebens Regeln gebrochen hat und immer irgendwie damit durchgekommen
ist. Trump ist auch derjenige, der einer Regierungsmannschaft vorsteht, die
das gesamte unabhängige Justizsystem zerschlagen und zur Waffe ihres
autoritären – manche sagen nicht zu Unrecht: faschistischen – Staatsumbaus
machen will.
Bei einem Treffen der Conservative Political Action Conference vor rund
einem Jahr erklärte der Trump-Berater [1][Stephen Miller] sehr klar, was
die Linie der MAGA-Republikaner an der Macht sein müsse: Wo Gesetze gemacht
werden, dürfen die nicht neutral sein, sonst wenden sie sich gegen die
eigenen Leute. Sein Tipp daher: „Schreiben wir die Gesetze so, dass sie
unsere Freunde beschützen und den anderen wehtun!“ Und: Jeder einzelne
Richter- oder Staatsanwaltsposten im Land müsse mit rechtskonservativen
„legal warriors“, also juristischen Kriegern gefüllt werden.
Miller, der sich gern als eine Art strategischer Vordenker der
MAGA-Bewegung versteht und mit dem Begriff Hardliner vollkommen
unzureichend beschrieben ist, ist heute stellvertretender Stabschef im
Weißen Haus.
Der erste Punkt auf Trumps Agenda war folgerichtig der Umbau des
Justizministeriums auf möglichst vielen Ebenen, oben angefangen. Trumps
erste Nominierung für den Kabinettsposten war ein Fehlgriff: Der
Abgeordnete [2][Matt Gaetz] war auch in den eigenen Reihen so unbeliebt und
hatte so viele Skandale am Bein, dass er noch vor der ersten Senatsanhörung
[3][zurückgezogen] wurde. Schließlich nominierte Trump einfach [4][Pam
Bondi]. Die kannte er schon länger – bis 2019 war sie Staatsanwältin im
republikanischen Florida, bei Trumps erstem Amtsenthebungsverfahren hatte
sie zu seinem Anwaltsteam gehört, auf dem Parteitag der Republikaner
2020 war sie mit scharfen, aus der Luft gegriffenen Korruptionsvorwürfen
gegen Joe Biden aufgefallen. Und 2023, als die Strafverfahren gegen Trump
sich häuften, erklärte sie, die Ankläger würden eines Tages zur
Rechenschaft gezogen werden. Sie ist also „legal warrior“ ganz nach Stephen
Millers Geschmack.
## MAGA-Kämpfer auf allen Ebenen
Bondis erster Job: [5][Säuberungen] im Ministerium. Wer auch nur
irgendetwas mit den Ermittlungen gegen Donald Trump zu tun hatte, flog
raus. Und es ist noch nicht vorbei: Trump hatte schon in den ersten
Amtstagen das sogenannte Schedule F wieder eingeführt. Das ist eigentlich
ein dröger Verwaltungsakt, aber bedeutsam. Denn mit Schedule F werden
diverse Karrierebeamte, die eigentlich nicht zum politischen und damit
nach einem Regierungswechsel austauschbaren Personal gehören, in genau
diese Kategorie gezogen.
Was damit bezweckt ist, kann man im von der rechten Heritage Foundation
kuratierten [6][„Project 2025“] nachlesen, der Blaupause für Trumps zweite
Amtszeit: Alle Verwaltungsebenen sollen mit loyalen MAGA-Kämpfern besetzt
werden – Erfahrung und Fähigkeiten zweitrangig. Auch das passiert jetzt im
Justizministerium. Die eigentlich unabhängige und ausschließlich dem Gesetz
verpflichtete Behörde – die Justizministerin ist auch die
Generalstaatsanwältin – ist so zum Instrument der Durchsetzung von Trumps
Politik geworden.
Schon nach der ersten Woche im Amt sah sich Trump mit seinen Dutzenden
Dekreten [7][juristischem Gegenwind] ausgesetzt, und das hat auch nach
zweieinhalb Monaten nicht nachgelassen. Wie auch, wenn er per Dekret den
14. Verfassungszusatz über die Staatsbürgerschaft qua Geburt aushebeln
will; oder Ausgaben streicht, die das Parlament beschlossen hat; oder
Behörden und Ministerien auflöst, was auch nur der Kongress darf; oder in
eindeutig diskriminierender Weise trans Personen aus dem Militärdienst
ausschließt. All dies stoppten Richter*innen zumindest vorläufig. Doch
inzwischen geht die Regierung sogar mit finanziellem Druck gegen
Anwaltskanzleien vor, die Kläger gegen Regierungspolitik vertreten – und
[8][einige große Kanzleien haben Unterwerfungserklärungen unterzeichnet].
Im Fall der mehr als [9][200 ohne Verfahren nach El Salvador in ein
berüchtigtes Hochsicherheitsgefängnis ausgeflogenen Venezolaner] brachte
die Regierung den Alien Enemies Act von 1798 in Stellung – ein umstrittenes
Gesetz, das letztmals im Zweiten Weltkrieg angewandt wurde. Das Gesetz
lässt es zu, Staatsbürger*innen eines Landes, mit dem sich die USA im
Krieg befinden, ohne Prozess auszuweisen oder zu internieren. Dass es nicht
dazu taugen kann, mutmaßliche Mitglieder einer kriminellen Gang so zu
behandeln, ist offensichtlich.
## „Es ist mir egal, was die Richter denken“
Hier beginnt die nächste Etappe im Kampf gegen die einschränkende Macht
geltenden Rechts. Bezirksrichter James Boasberg ordnete noch am Abend der
Abschiebeflüge an, sie zu stoppen oder die Flugzeuge umkehren zu lassen –
die Regierung ignorierte das einfach.
Seither wurde deutlich, dass etliche der Deportierten, die jetzt gedemütigt
und kahl geschoren in einem salvadorianischen Gefängnis sitzen, mit der
Tren-de-Aragua-Gang absolut nichts zu tun haben. Aber die Regierung tut
nichts, um sie zurückzuholen.
Das schafft eine neue Lage. Was passiert, wenn die Regierung
Gerichtsentscheidungen nicht mehr folgt? Statt der Anordnung nachzukommen,
beschimpfte Trump Richter Boasberg als „linksradikalen Spinner“, der des
Amtes enthoben gehöre. Trumps „Grenzzar“ Tom Homan erklärte: „Wir werden
nicht aufhören. Es ist mir egal, was die Richter denken. Es ist mir egal,
was die Linken denken. Wir kommen.“
Justizministerin Bondi veröffentlichte nach Boasbergs Entscheidung die
[10][Erklärung]: „Diese Anordnung missachtet gut etablierte Standards über
Präsident Trumps Macht und bringt die Öffentlichkeit und Sicherheitskräfte
in Gefahr. Das Justizministerium ist unbeirrt in seinem Bestreben, mit dem
Weißen Haus, dem Heimatschutzministerium und allen unseren Partnern daran
zu arbeiten, diese Invasion zu stoppen und Amerika wieder sicher zu
machen.“ [11][Seitdem geht es hin und her zwischen Richter Boasberg und der
Regierung], die argumentiert, es könne doch nicht angehen, dass
irgendwelche Bezirksrichter sich anmaßten, in ihr Handeln einzugreifen.
## Trump will eine dritte Amtszeit
Über allen juristischen Auseinandersetzungen steht die Zuversicht der
Trump-Regierung, sich in letzter Instanz auf die konservative
6:3-Mehrheit im Obersten Gerichtshof verlassen zu können. So [12][rief sie
schon dreimal den Supreme Court an], um sich gegen die aufmüpfigen
Bezirksrichter helfen zu lassen. Entschieden hat der Supreme Court noch
nichts, doch der konservative Vorsitzende des Gerichts, John Roberts,
kritisierte Trump ausnahmsweise mit der Bemerkung, dass ein
„Amtsenthebungsverfahren keine angemessene Reaktion auf
Meinungsverschiedenheiten bezüglich einer gerichtlichen Entscheidung ist“.
Inzwischen spricht Trump von einer dritten Amtszeit. Einer solchen steht
der 22. Verfassungszusatz entgegen. Eigentlich.
5 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=pgG7MbIPI2g&ab_channel=ForbesBreakingNe…
[2] /Nominierungen-fuer-Trumps-Kabinett/!6049286
[3] /Trumps-Regierungsbildung/!6050824
[4] /Donald-Trumps-Regierungsbildung/!6050910
[5] /Umbau-der-Justiz/!6067186
[6] /Project-2025-Manifest-in-den-USA/!6043014
[7] /Rechtsstaat-unter-Donald-Trump/!6065187
[8] https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/usa-kanzleien-trump-verein…
[9] /Abschiebungen-in-den-USA/!6073153
[10] https://www.justice.gov/opa/pr/statement-attorney-general-pamela-bondi-fed…
[11] /Streit-um-Abschiebungen-nach-El-Salvador/!6079799
[12] https://edition.cnn.com/2025/04/01/politics/only-this-court-trump-supreme-…
## AUTOREN
Bernd Pickert
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