# taz.de -- Finanzpaket des Bundes: Seid umschlungen Milliarden | |
> Das Schuldenpaket des Bundes verschafft Berlin einen unverhofften | |
> Geldsegen. Die taz macht Vorschläge, wie die Kohle verpulvert werden | |
> könnte. | |
Bild: Das Beste für Berlin: Skywalk und Minigolf, Friedrich Merz sei Dank! | |
Für das im Bundestag beschlossene [1][500-Milliarden-Euro-Paket für | |
Infrastruktur und Klimaschutz] hat nun auch der Bundesrat grünes Licht | |
gegeben. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will die Gelder | |
für „Zukunftsinvestitionen“ verwenden. Angesichts der [2][Vorliebe der CDU | |
für Autos] und des Koalitionspartners SPD [3][für teure Neubauwohnungen] | |
macht die taz Vorschläge, wie das Geld sinnvoll investiert werden könnte. | |
## Spaßparadies Görlitzer Park | |
Seit seinem Amtsantritt bemüht sich CDU-Senatschef Kai Wegner, den | |
Görlitzer Park in Kreuzberg von Kriminalität zu befreien. Allein, seine | |
teuren Law-and-Order-Pläne inklusive Zaun und nächtlicher Sperrung | |
[4][stoßen bei Anwohner*innen auf wenig Gegenliebe]. Was wäre also | |
besser geeignet, die innerstädtische Grünfläche zu befrieden, als ihn in | |
eine gigantische Minigolf-Anlage zu verwandeln? Mit 100-prozentigem | |
Spaßfaktor und obendrein familienfreundlich. Und dank des Geldregens des | |
Bundes sogar komplett gratis. | |
Wer in Berlin schon mal Minigolf spielen war, weiß, wie langweilig das nach | |
einer Weile wird. Jeder Platz gleicht dem anderen, das Einzige, was sich | |
ändert, ist der Verfallsgrad der Bahnen und die Qualität der Bockwurst am | |
Büdchen. Doch so muss es ja nicht sein. Wie überall dieser Tage taugen die | |
USA als Vorbild: keine Spur von genormter Einöde, stattdessen gigantische | |
Landschaften mit abwechslungsreichen Hindernissen. Wer wollte nicht schon | |
immer wie die Simpsons in ein Windrad einlochen? Oder den Ball über einen | |
Wasserfall schlagen? | |
Hügel und Krater gibt es im Görli zuhauf, auch das bereits vorhandene | |
Schwarzlicht-Minigolf bietet eine hervorragende Ergänzung zum | |
innerstädtischen Spaßparadies. Und das Beste: Aufgrund der [5][drastischen | |
Kürzungen von CDU und SPD im Kultursektor] gibt es jede Menge arbeitslose | |
Künstler*innen, die sich über einen Auftrag zur kreativen Gestaltung der | |
Minigolf-Bahnen freuen würden. Und wer weiß, vielleicht findet man am Ende | |
statt eines Balls, sogar ein bisschen Gras im Ziel? (mfr) | |
## Skywalk am Alexanderplatz | |
„Keine Freude mehr am Sommer/Keine Lust auf Sonnenschein/Keine Wolke, keine | |
Gnade/ Und im Prinzenbad allein.“ Schon 2018 haben [6][Element of Crime] | |
mit ihrem Song „Im Prinzenbad allein“ die erbarmungslose Hitze eines | |
Berliner Sommers popkulturell thematisiert. Und es ist ja wirklich so: Wer | |
im Juli und August bei 35 Grad im Schatten auf der Liegewiese im Prinzenbad | |
brutzelt oder auf dem heißen Pflaster rund ums Schloss oder [7][am | |
Gendarmenmarkt] unterwegs ist, sehnt sich nach allem – nur nicht nach noch | |
mehr Sonne. | |
Fragt sich nur, ob der Schluss des Songs realistisch ist: „Lass es endlich | |
wieder regnen/Damit die Blumen sich erholen.“ Oder ob es nicht ganz | |
anderer, radikaler Klimaanpassungsmaßnahmen bedarf. | |
Im spanischen Sevilla zum Beispiel schützt der „Metropol Parasol“ seit 2011 | |
Flaneure und Bewohnerinnen vor einem Hitzestich. Die gewagte, amöbenhafte | |
und dazu noch begehbare Konstruktion aus Holz ist längst nicht mehr nur | |
Sonnenschutz, sondern auch eine der Touristenattraktionen der andalusischen | |
Metropole. Wäre so etwas auch für Berlin denkbar? | |
Geld dafür ist da. Der Parasol in Sevilla, gebaut nach den Plänen von | |
Jürgen Mayer H. auf der Plaza de la Encarnación, hat zwar die anvisierte | |
Kostenschätzung von 50 Millionen Euro locker überschritten. Aber im | |
Vergleich zum Bundesmilliardenwumms von Friedrich Merz sind das Peanuts. | |
Dem naheliegendsten taz-Vorschlag steht also nichts mehr im Weg: Die | |
[8][künftigen Hochhäuser am Alexanderplatz] müssen mit einem Skywalk aus | |
Holz miteinander verbunden werden, dazwischen sind Sonnensegel zu spannen. | |
Wagemutige können sich dann in die Segel fallen lassen und von dort | |
abseilen. Auch Bungee-Jumping sollte möglich sein. Arbeitstitel des | |
Projekts: Himmel über Berlin. | |
Mit den Merz-Milliarden wären dann gleich zwei Fliegen auf einmal | |
erschlagen. Niemand müsste mehr wie Element of Crime über den Berliner | |
Sommer jammern. Und die Stadt wäre über ihren Schatten gesprungen und um | |
eine Touristenattraktion reicher. (wera) | |
## Brückenglück für Spandau | |
Apropos Brückenwerke. Kai Wegner war ja in die Wahlschlacht 2023 mit dem | |
schönen Satz gezogen: „Wir lassen uns das Auto in Berlin nicht verbieten.“ | |
Nur aufgrund seiner Wahl zum Regierenden wurde das Auto dann gottlob doch | |
nicht verboten. Wegners Allseits-freie-Fahrt-Versprechen blieb gleichwohl | |
uneingelöst. | |
Aktuell und noch auf sehr lange Zeit werden Autofahrer*innen | |
bekanntlich vor allem am sanierungsbedürftigen Dreieck Funkturm und auf der | |
anschließenden A100 [9][wegen der Ringbahnbröckelbrücke gequält]. Allein | |
deshalb sollte spätestens jetzt ein visionärer Plan der CDU Spandau aus dem | |
Jahr 2018 aus der Schublade geholt werden. Der sah vor, den durch die Havel | |
vom autogerechten Leben abgeschnittenen Südspandauer Ortsteilen Kladow und | |
Gatow endlich einen direkten Anschluss an die Avus zu schenken. Funkturm | |
und A100 können von den Spandauer*innen so locker umgangen werden. | |
Konkret sollte die Straßenwunderschneise von der A115 flott durch den | |
Grunewald führen, auf Höhe der Insel Lindwerder auf einer 1,2 Kilometer | |
langen Brücke die Havel überspannen und dann auf der anderen Uferseite in | |
Hohengatow enden. „Dies wäre eine erhebliche Verbesserung und Entlastung, | |
da der weite Bogen über die Heerstraße und den Messedamm entfallen würde“, | |
hieß es hierzu im sogenannten Verkehrskonzept der Bezirks-CDU. | |
Passiert ist leider nichts. Kein Wunder, schließlich standen die | |
Miesmacher*innen großer Ideen schon 2018 schnell parat. Von „einer | |
unsäglichen Verschandelung der Havellandschaft“ war die Rede. Die CDU hielt | |
dagegen: Seit den 80er Jahren sei in Spandau „kein massentauglicher | |
Verkehrsträger mehr gebaut worden“, begründete der damalige Chef des | |
Kreisverbands seinen Plan. | |
Der hieß zufälligerweise Kai Wegner, [10][zog vor bald zwei Jahren ins Rote | |
Rathaus um] – und hat dank der Sondermilliarden des Bundes demnächst eine | |
Menge Geld zu verteilen. Dass davon sehr viel nach Spandau im Allgemeinen, | |
in Wegners Wohnort Kladow im Besonderen und in die hoffentlich mindestens | |
sechsspurige Autobahnanbindung samt Monsterbrücke im Allerbesonderen | |
fließen muss, versteht sich von selbst. Da können sich die Grünen noch so | |
aufregen, [11][die zusätzlichen Mittel dürften nicht „zur Privatschatulle | |
des Regierenden Bürgermeisters verkommen“]. Das lernt ein Regierungschef | |
der Union bereits in der Grundausbildung. (rru) | |
## Die ZLB tieferlegen | |
Berlin hat ja angeblich nicht nur ein Verkehrs-, sondern baupolitisch auch | |
ein Platzproblem. Und immer wieder muss mit Blick auf Letzteres das per | |
Volksentscheid vor jeglicher Bebauung bewahrte [12][Tempelhofer Feld] als | |
Verhandlungsmasse herhalten. Aber jetzt, wo Geld da ist, kann man endlich | |
out of the box denken: Wenn wir auf dem Feld nicht bauen dürfen, warum dann | |
nicht eben unter dem Feld? | |
Dabei geht es nicht darum, die alten Katakomben unter dem Rollfeld zu | |
ertüchtigen, das wäre freilich nur ein kleinmütiger Kompromiss. Von allen | |
Rändern aus wird das Erdreich unter den prominenten 300 Hektar Leere im | |
Schildvortrieb aufgedrillt – für den Aushub findet sich garantiert eine | |
Verwendung. | |
Ein, zwei, ganz viele unterirdische Stockwerke von schier unendlicher | |
Fläche lassen sich so unter Tage schaffen, während oben weiter die Lerchen | |
singen und die Drachen steigen. Gezielt gebohrte Lichthöfe sorgen für ein | |
paar Sonnenstrahlen. Wobei: Sonne hat’s ja bald eh viel zu viel. | |
Abertausende Wohnungen können so quasi im Verborgenen entstehen. Aber es | |
gibt auch genug Platz für Fahrradparkhäuser, ein erdwärmegespeistes | |
Tiefenschwimmbad und, ganz, ganz tief unten, eine gigantische [13][Zentral- | |
und Landesbibliothek]. | |
Jetzt der Clou: Die Tiefen-ZLB wird schön dick in Beton gegossen, denn | |
funktionierende Bunker hat Berlin kaum noch, und Altbaukeller waren schon | |
in den 1940er Jahren ein mehr als dürftiger Schutz vor Bomben und Granaten. | |
Wenn’s also tatsächlich irgendwann klappt mit dem ganz großen Krieg, kann | |
man tief unter Tempelhof – bis die Luft ausgeht – noch eine letzte Runde | |
schmökern. (clp) | |
23 Mar 2025 | |
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