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# taz.de -- Schuldenpaket des Bundes: Wir sind reich!
> Das im Bundestag beschlossene Milliardenpaket weckt im klammen Berlin
> heiße Begehrlichkeiten. Grüne warnen vor Privatschatullen-Allüren der
> Koalition.
Bild: Money, money, money: In Berlin wird schon groß geplant
Berlin taz | Die Gewerkschaft der Polizei ließ sich nicht lange bitten.
Unmittelbar nachdem Union und SPD im Bund im Zuge der Regierungsbildung
ihre neue Offenheit fürs Schuldenmachen angekündigt hatten, forderte die
GdP vom Senat in Berlin ein eigenes „milliardenschweres Sondervermögen für
innere Sicherheit“.
Auch SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe meldete recht zügig Bedarf an, in
dem Fall, dass bei dem zu erwartenden Geldsegen auch die „soziale
Infrastruktur“ bedacht wird. Und SPD-Fraktionschef Raed Saleh erklärte,
dass ein Großteil der Milliarden natürlich in den Wohnungsneubau fließen
soll.
Es gilt die bewährte Berliner Haushaltsregel: Wo viel Geld, da viel Begehr.
Dies aktuell umso mehr, als die schwarz-rote Landesregierung eine
Kürzungsrunde nach der anderen dreht. Absehbar ist dann auch, dass die
Diskussion um das Geldausgeben nach [1][der Zustimmung des Bundestags zum
neuen Schuldenpakt an diesem Dienstag] erst richtig Fahrt aufnehmen wird.
Schließlich geht es um zusätzliche 500 Milliarden Euro für Investitionen in
Infrastruktur und Klimaschutz, 100 Milliarden davon für die Länder. Hinzu
kommt die Lockerung der Schuldenbremse. Berlin könnte dadurch [2][Kredite
in Höhe von rund 675 Millionen Euro pro Jahr] aufnehmen. Stimmt am Freitag
auch der Bundesrat zu, ist der Weg theoretisch frei fürs heitere
Geldausgeben im klammen Berlin.
## Bauen, bauen, bauen
„Es kommt jetzt aufs Kleingedruckte an“, sagt Raed Saleh am Dienstag zur
taz. Die schwarz-rote Koalition im Land Berlin werde „genau schauen müssen,
wofür wir das Geld ausgeben“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende bleibt
gleichwohl dabei: Dringlich sei vor allem der Neubau von Wohnungen.
Schützenhilfe gibt es vom Koalitionspartner.
„In dem Punkt hat Saleh recht“, sagt Christian Gräff, der
wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion. „Zuallererst brauchen wir
mehr neue Wohnungen, 200.000 insgesamt, ob auf der grünen Wiese oder durch
Nachverdichtung.“ Auch der barrierefreie Umbau von Bestandswohnungen könnte
mit den Milliarden vorangetrieben werden, sagt Gräff zur taz.
Was auch der Landeskoalition klar sein dürfte: Die 5 Milliarden Euro, die
Berlin anteilig von dem Bundessondergeld für Infrastruktur und Klimaschutz
ungefähr zustehen, könnten schnell verfrühstückt sein. Voraussetzung wäre,
dass es überhaupt genügend Kapazitäten gibt, die Wunschprojekte auch
umzusetzen – Zweifel daran sind berechtigt.
Dabei knirscht es mit Blick auf die Berliner Infrastruktur ja tatsächlich
an allen Ecken und Enden. Allein der Sanierungsbedarf im U-Bahn-Netz und an
den U-Bahnhöfen wurde Anfang 2024 auf mehr als 2,8 Milliarden Euro
geschätzt. Auch bei den Brücken oder Hochschulen der Hauptstadt [3][gehen
die Sanierungskosten in den Milliardenbereich]. Von den Ausgaben für die
energetische Ertüchtigung öffentlicher Gebäude ganz zu schweigen.
## Grünen-Chef fordert Transparenz
Die Berliner Grünen – deren [4][anfangs widerborstige Kolleg:innen auf
Bundesebene dem Finanzpaket am Dienstag zugestimmt] haben – warnen bereits
davor, dass die Koalition mit den zusätzlichen Mitteln macht, wonach ihr
gerade gelüstet. Die Milliarden müssten „transparent unter Einbeziehung des
Parlaments und der Öffentlichkeit“ eingesetzt werden, sagt
Grünen-Landeschef Philmon Ghirmai.
Im Mittelpunkt müssten Investitionen in den Klimaschutz, die
Verkehrsinfrastruktur und die soziale Infrastruktur stehen. Das umfasse die
energetische Sanierung öffentlicher Gebäudebestände ebenso wie den Ausbau
des ÖPNV und von Radwegen oder den Bildungs- und Hochschulbereich.
Nur eines gehe gar nicht, sagt Ghirmai zur taz: „Auf keinen Fall dürfen die
zusätzlichen Mittel zur Privatschatulle des Regierenden Bürgermeisters
verkommen, um den Frieden seiner auseinanderdriftenden Koalition zu
sichern.“
Dass es genau so kommen könnte, befürchtet auch der Umweltverband BUND.
Auch hier ist der Forderungskatalog lang und reicht von der massiven
Aufstockung der Mittel für die energetische Gebäudesanierung über eine
„Ausbauoffensive“ für den ÖPNV, Fuß- und Radverkehr bis zum Ausbau der
erneuerbaren Energien.
Keineswegs jedoch, sagt BUND-Geschäftsführerin Gabi Jung, dürften die
Investitionsmittel in klima- und umweltfeindliche Straßenbauprojekte wie
[5][die umstrittenen Planungen für die „tangentiale Verbindung Ost“
zwischen Marzahn und Köpenick] fließen. Denn: „Verantwortungslose
Beton-Neubauorgien, von denen manche in CDU und SPD träumen, sind kein
Beitrag zur Zukunft, sondern gefährden die Funktionsfähigkeit und
Lebensqualität Berlins.“
Philmon Ghirmai von den Grünen bereitet bei alldem noch ein ganz anderer
Punkt Kopfzerbrechen, nämlich die von CDU/CSU und SPD im Bund zugleich
angekündigte Steuerreform. Diese Reform käme „dem reichsten Prozent
zugute“, für Berlin könnte sie „in Summe über 500 Millionen Euro
Steuer-Mindereinnahmen bedeuten“, so Ghirmai. Am Ende des Tages stünde
Berlin genauso blank da wie aktuell. Sondervermögen hin, gelockerte
Schuldenbremse her.
18 Mar 2025
## LINKS
[1] /-Bundestagssitzung-zum-Finanzpaket-/!6076721
[2] /Schuldenplaene-des-Bundes/!6070368
[3] /Marode-Infrastruktur-in-Berlin/!6071734
[4] /Verhandlungsstrategie-der-Gruenen/!6072682
[5] /Umstrittenes-Strassenprojekt-in-Berlin/!6026214
## AUTOREN
Rainer Rutz
## TAGS
Schuldenbremse
Regierungsbildung
Haushaltsdefizit
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Kürzungen
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Wirtschaftswachstum
Schuldenbremse
Stefan Evers
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