# taz.de -- Marode Infrastruktur in Berlin: Kaffeefahrt mit modularem Beton | |
> Auch in der Hauptstadt müssen Brücken dringend saniert werden. Im | |
> Verkehrsausschuss sorgte das Thema am Mittwoch für einen kleinen Eklat. | |
Bild: Manchmal geht's ganz schnell, dann muss plötzlich Ersatz her: Elsenbrüc… | |
Berlin taz | Selten kommt es im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses | |
vor, dass Grüne und AfD ins selbe Horn stoßen – aber am Mittwoch war es so | |
weit. Beide Fraktionen wähnten sich im Rahmen einer Anhörung zum Thema | |
Infrastruktur und Brückensicherheit auf einer „Verkaufsveranstaltung“, ja | |
einer „Kaffeefahrt“. | |
Es sei „ausgesprochen ungewöhnlich“, dass ein Privatunternehmen zur | |
Vorstellung seiner Produkte eingeladen werde, sagte die verkehrspolitische | |
Sprecherin der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, nach einem Beitrag des | |
Bauunternehmens Max Bögl aus der bayerischen Oberpfalz. | |
Tatsächlich hatten die beiden Vertreter von Max Bögl eine bunte | |
Präsentation ihres Portfolios an „Modulbrücken“ abgeliefert, sogar mit | |
Videoeinspielern aus der hauseigenen Werbeabteilung. Ihre Botschaft: Mit | |
modularen, also vorgefertigten Brücken könnten Kommunen Geld sparen und vor | |
allem den Ersatzneubau für marode Bauwerke deutlich beschleunigen. Kapek | |
vermisste dabei „jeden Bezug zur spezifischen Berliner Situation“ und warf | |
die Frage auf, ob es sich um eine Gefälligkeit handele, nachdem die Bayern | |
[1][mit ihrer Magnetschwebebahn in der Hauptstadt abgeblitzt] waren. | |
Johannes Kraft, dessen CDU sich die Bögl-Vertreter als Anzuhörende | |
gewünscht hatte, wehrte sich gegen den Vorwurf: „Wir haben immer gesagt, | |
wir wollen Praktiker einladen, dem hat niemand widersprochen.“ | |
Dass die Aussagekraft der „Verkaufsveranstaltung“ begrenzt war, fand aber | |
auch Lutz Adam. Für den Leiter der Tiefbauabteilung der | |
Senatsverkehrsverwaltung können modulare Lösungen höchstens „ein Baustein�… | |
sein: „Die Bögl-Brücken, die ich gesehen habe, stehen auf freiem Feld, aber | |
wir sind hier in der Stadt.“ Viele Berliner Brückenbauwerke müssten so | |
konstruiert werden, dass sie eine Vielzahl an Leitungen aufnehmen könnten. | |
## Masterplan ist in Arbeit | |
Hintergrund der Anhörung war nicht so sehr der jüngste [2][Riss in der | |
Brücke der A 100 über die Ringbahn], bei dem immer noch unklar ist, ob er | |
zu einer Vollsperrung und in Folge zum Verkehrschaos führen wird. Vielmehr | |
müssen nach Aussage der Senatsverkehrsverwaltung 120 der rund 800 Berliner | |
Brücken in den kommenden 10 Jahren neu gebaut werden, weil ihre Stabilität | |
nicht mehr sicher gegeben ist. Dazu sei ein Masterplan in Entwicklung. | |
Bei rund 70 Brücken ist das Problem, dass sie mit sogenanntem Hennigsdorfer | |
Spannstahl errichtet wurden. Der steckt auch in der Dresdner Carolabrücke, | |
die im vergangenen September spektakulär und ohne Vorwarnung einstürzte. | |
Die immensen Kosten, die ein solches Infrastrukturprogramm verursacht, | |
könnte Berlin mit der von Schwarz-Rot massiv zusammengestrichenen | |
Investitionsplanung kaum stemmen. Im Ausschuss machte darum auch Senatorin | |
Ute Bonde (CDU) klar, dass jetzt alle Augen auf das [3][geplante | |
Sondervermögen des Bundes] und die darin für die Länder reservierten Mittel | |
gerichtet sind. | |
Dass es aber nicht nur aufs Geld ankommt, stellte Frank Prietz von der | |
Baukammer Berlin in der Anhörung klar: Durch die mangelnde Nachfrage der | |
öffentlichen Hand nach Ingenieurbauwerken seien die auf Brückenbau | |
spezialisierten Planungsbüros mittlerweile dünn gesät – zumal | |
Planungsprozesse wegen umständlicher Genehmigungsprozesse sehr lange | |
dauerten. „Es ist schwierig, mit Brückenbau in die schwarzen Zahlen zu | |
kommen“, so Prietz. | |
13 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Schwebebahn-Fantasien--Contra/!5975087 | |
[2] https://viz.berlin.de/aktuelle-meldungen/bauwerksprufung-auf-der-a100-im-dr… | |
[3] /Schuldenbremse-und-Sondervermoegen/!6074144 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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