| # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Expedition in die preußische Hölle | |
| > Ist der nagelneue Gendarmenmarkt eine No-Go-Area, wie KlimaaktivistInnen | |
| > behaupten? Oder einfach nur ein mittelmäßiger Großstadtplatz? | |
| Bild: Ja und? Der Gendarmenmarkt nach seiner Wiedereröffnung | |
| Berlin steht eine sonnige Woche bevor – was läge da näher als eine Runde | |
| über den Gendarmenmarkt? Vor wenigen Tagen wurde die Fläche zwischen | |
| Deutschem und Französischem Dom [1][nach zwei Jahren Baustelle | |
| wiedereröffnet]. Unter dem frischen Pflaster liegt zwar kein Strand, dafür | |
| aber das Gewirr aus Versorgungsleitungen für Open-Air-Veranstaltungen. | |
| Außerdem hat die Grün Berlin GmbH unterirdische Regenauffangbecken | |
| angelegt, damit Niederschlagswasser nicht mehr verloren geht. | |
| Und was ist der Dank? Hohn und Spott. In den sozialen Medien überschlagen | |
| sich vor allem Menschen mit Klimaschutzhintergrund, die nur | |
| menschenfeindliche Steinwüste erkennen wollen, auf die sich in kommenden | |
| Sommern nur noch Wüstenexpeditionen wagen werden. Berlin habe sich für gut | |
| 20 Millionen eine „No-go-Area“ geschaffen, während andere Städte ihre | |
| Freiflächen eifrig aufforsteten. | |
| Unpopular opinion: Man kann es auch übertreiben. Zuerst mal zeigt ein Blick | |
| ins viel heißere Ausland, dass große Plätze auch ohne Bewuchs populär sein | |
| können. Die Praça do Comércio in Lissabon, 30.000 Quadratmeter Leere, zieht | |
| irgendwie immer noch Menschen an. Die Plaza Mayor in Madrid, komplett kahl. | |
| Und hat irgendwer jemals ein Bäumchen auf der Piazza Navona in Rom | |
| entdeckt? | |
| Jetzt mag man einwenden, dass manche dieser Höllenorte von Arkaden umgeben | |
| sind, unter die man an heißen Sommertagen fliehen kann. Mag sein – aber | |
| auch der Gendarmenmarkt durfte die meisten seiner Kugelahorne hinter dem | |
| Französischen Dom behalten, und auf der Südseite wurden ein paar | |
| zusätzliche Japanische Schnurbäume gepflanzt, zusätzlich zu den | |
| vorhandenen, stattlichen Exemplaren. Nur die Mitte des Platzes vor dem | |
| Schauspielhaus ist kahl, und dort sollen ja auch wieder Events stattfinden, | |
| bei denen Bäume im Weg wären. | |
| ## Bäume braucht es eher anderswo | |
| Außerdem wird es bis auf Weiteres so bleiben, dass die höllenheißen Tage | |
| nur einen Bruchteil des Jahres ausmachen. Und niemand ist gezwungen, sich | |
| ausgerechnet in den wärmsten Stunden auf den Gendarmenmarkt zu begeben. | |
| Parks mit dichtem Baumbestand gibt es in Berlin so manche, und zusätzlicher | |
| Schatten ist wichtiger auf den Wegen, die viele Menschen notgedrungen | |
| zurücklegen müssen. | |
| Das Problem ist ja ein anderes: Mag Kai Wegner noch so oft vom „schönsten | |
| Platz Europas“ schwadronieren, es bleibt eine Lüge. Mit oder ohne Bäume ist | |
| der Gendarmenmarkt ein preußisches Karree mit mediokrem Flair. Aber schauen | |
| Sie’s sich doch selber mal an in dieser sonnigen Woche. | |
| 17 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://gruen-berlin.de/projekte/urbane-freiraeume/gendarmenmarkt/projekt-t… | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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