# taz.de -- Debatte im Bundestag: Merz braucht Nachhilfe – von Merkel | |
> Friedrich Merz will schnellstmöglich die Milliarden für Verteidigung und | |
> Infrastruktur sichern. Viel Verhandlungstalent zeigt er dabei nicht. | |
Bild: Merz sollte mal einen Workshop buchen: Erfolgreich Verhandeln leicht gema… | |
Die Lage ist verdammt ernst. Die USA sind vom Partner zur Pain in the Ass | |
mutiert, Putin lacht sich derweil ins Fäustchen und sieht sich seinen | |
Zielen, die Ukraine zu unterwerfen und Europa zu spalten, näher denn je. | |
Es wäre beruhigend, wenn ein einiges Europa mit einem starken Deutschland | |
den autoritären Bedrohungen die Stirn böte. Doch was macht der Mann, der | |
sich demnächst zum Kanzler der drittgrößten Volkswirtschaft wählen lassen | |
will? | |
Statt die demokratischen Parteien im Bundestag hinter dem gemeinsamen Ziel | |
zu vereinen, taktiert er, [1][behandelt die Grünen von oben herab] und | |
lässt die Linkspartei außen vor. So wird das nichts, Herr Merz. Klar ist: | |
Deutschland muss sich jetzt schnell von den USA emanzipieren, | |
verteidigungspolitisch und wirtschaftlich. Dazu sind Investitionen in | |
schwindelerregender Höhe nötig. Doch die wilde Entschlossenheit, mit der | |
die sich [2][anbahnende schwarz-rote Regierung] jetzt in dreifacher | |
Hinsicht das Grundgesetz ändern will, und zwar mit dem eigentlich | |
abgewählten Bundestag, ist kritikwürdig. | |
Dass Deutschland mehr Geld für seine Verteidigung ausgeben muss, ist schon | |
seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor drei Jahren klar. Und dass | |
die Infrastruktur marode ist und die Digitalisierung verschlafen wurde, | |
erlebt jede Bürger:in seit zwei Jahrzehnten vor der eigenen Haustür. Die | |
Hast, mit der Merz jetzt einstige Wahlversprechen kippt und Hunderte | |
Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur sichern will, ist nicht nur | |
der Weltlage geschuldet. | |
Es ist auch der Versuch seiner künftigen Koalition, die finanzielle | |
Geschäftsgrundlage zu sichern und dabei weitere [3][unangenehme | |
Verhandlungen mit der Opposition über eine grundsätzliche Reform der | |
Schuldenbremse] abzuwürgen. Ein ziemlich durchsichtiges Manöver, das sehr | |
viel Fingerspitzengefühl erfordern würde. Eine Vokabel, die im Merz’schen | |
Managerwortschatz bislang offenbar nicht existiert. Die Grünen, die er als | |
Mehrheitsbeschaffer:innen braucht, am Donnerstag im Bundestag mit den | |
Worten anzublaffen: „Was wollen Sie eigentlich in so kurzer Zeit noch | |
mehr“, zeugt jedenfalls nicht von Takt, sondern von Trampligkeit. | |
Vielleicht sollte Merz nun doch einmal den Rat seiner Vorgängerin Angela | |
Merkel suchen. Merkel war eine exzellente Verhandlerin, sie verstand es, | |
Belange kleinerer Partner zu berücksichtigen und Bündnisse zu schmieden, | |
auf nationaler und internationaler Ebene. So viel Geschick sollte ein | |
deutscher Kanzler in dieser volatilen und bedrohlichen Lage besitzen. Falls | |
Merz das weiterhin nicht gelingt, wäre er gescheitert, bevor er überhaupt | |
Kanzler ist. | |
13 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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