# taz.de -- Trump erneut gewählt: Why though? | |
> Der erneute Wahlsieg Donald Trumps ist eine absolute Katastrophe. Aber er | |
> offenbart, wo die Demokratische Partei einfach nicht hinsehen wollte. | |
Bild: Trump bei seiner Wahlparty in Florida in der Wahlnacht | |
Dieser Morgen startete mit einem Schock, den viele befürchtet hatten, an | |
den aber doch nur wenige glauben wollten. | |
Donald Trump, der verurteilte Straftäter, der Kandidat, der entweder wirres | |
Zeug von sich gibt oder persönliche Beleidigungen, wilde Drohungen, | |
frauenfeindliche Unmöglichkeiten oder rassistische Ausfälle; Trump, dessen | |
wirtschaftliche Vorschläge samt Massendeportationen, falls umgesetzt, die | |
USA in eine tiefe ökonomische und menschenrechtliche Krise stürzen würden; | |
Trump, dessen Verachtung für demokratische Regeln spätestens seit dem 6. | |
Januar 2021 niemandem verborgen bleiben konnte; dieser Donald Trump | |
[1][zieht erneut ins Weiße Haus ein], gewinnt mindestens noch den Senat | |
dazu, womöglich auch das Repräsentantenhaus. Mehr noch: Als erster | |
Republikaner seit George W. Bush 2004 gewinnt er auch im sogenannten | |
„popular vote“, also im ganzen Land eine Mehrheit der Stimmen. | |
Und im Hintergrund warten die Drahtzieher vom „Project 2025“ mit ihrer | |
Agenda, die US-amerikanischen Institutionen vom politisch neutralen | |
Regierungsapparat zum hörigen Machtinstrument umzubauen und damit auf Jahre | |
hinaus alles zu zerstören, was die – weiß Gott unvollkommene – | |
US-amerikanische Demokratie eigentlich auszeichnet. | |
Das darf doch alles nicht wahr sein. Warum bloß? Fragt sich die Minderheit. | |
## Ein Wahlkampf, der nur die eigene Bubble motivierte | |
Nein, die Mehrheit der US-Amerikaner*innen hat nicht mit einem Mal | |
vergessen, dass sie eigentlich ganz gerne in einem demokratischen Land | |
leben. | |
Viele von Trumps Anhänger*innen, sagte kürzlich ein Experte in einer | |
US-amerikanischen TV-Sendung, lieben ihn, nehmen ihn aber nicht ernst. Die | |
Demokrat*innen hingegen verabscheuen ihn – und nehmen ihn vollkommen | |
ernst. Deshalb führten sie einen Wahlkampf, der zum größten Teil auf der | |
Warnung vor dem Antidemokraten aufbaute, genau deshalb aber außerhalb der | |
eigenen Bubble so ins Leere lief. | |
Was die Demokrat*innen nicht wahrnehmen wollten: In fast allen | |
Nachwahlumfragen sagten rund 70 Prozent der Befragten, sie seien | |
unzufrieden oder wütend über den Zustand des Landes. Und sie sagen das | |
nicht zum ersten Mal, sondern seit mindestens zwei Jahren. | |
Das ist ein Schrei nach Veränderung, angesichts dessen sich die Höhe von | |
Trumps Sieg noch relativ moderat ausnimmt. Den Leuten zu erklären, die | |
Wirtschaftsdaten seien doch hervorragend, sie sollten sich mal nicht so | |
haben, war keine gute Idee. Davon zahlt niemand Miete oder kauft | |
Lebensmittel ein. | |
Ja, es war richtig, Joe Biden gegen Kamala Harris auszutauschen. Harris kam | |
wenigstens leidlich in Schlagweite des nun wiedergewählten Donald Trump. | |
Falsch hingegen war die Annahme, die seit mindestens 2023 unglaublich | |
schlechten Umfragewerte für die Demokrat*innen hätten hauptsächlich mit | |
der Klapperigkeit des noch bis zum 20. Januar amtierenden Präsidenten zu | |
tun. | |
Klar: Joe Biden hätte besser schon vor zwei Jahren erklärt, nicht wieder | |
anzutreten. Das hätte den Weg für offene Vorwahlen innerhalb der | |
Demokratischen Partei freigemacht, und in diesem Prozess hätte es die | |
Chance gegeben, Probleme anders zu analysieren und jemanden an die Spitze | |
zu katapultieren, der nicht der unpopulären Biden-Regierung angehört und | |
unabhängig von ihr eine Programmatik entwickeln, die Themensetzung | |
verändern und eine andere Sprache hätte finden können. | |
Hätte, hätte. | |
## Trump kann durchregieren | |
Trump kann jetzt einen ungehinderten Durchmarsch vollziehen – selbst wenn | |
er vermutlich ebenso wenig Millionen von Sozialbeiträgen zahlenden | |
papierlosen Arbeiter*innen deportieren wird, wie er 2016 eine von | |
Mexiko bezahlte Mauer bauen ließ. | |
Trotzdem: Den Schutz vor Gewässer- und Luftverschmutzung hat er schon in | |
seiner ersten Amtszeit abgeschafft, Klimawandel nennt er eine Lüge, ganze | |
Behörden wie das Bildungsministerium will er abschaffen und [2][soziale | |
Sicherung zusammenstreichen]. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass er das | |
nicht tut. | |
Und: Er hat weitere vier Jahre Zeit, um wiederum unzählige rechte | |
Bundesrichter*innen zu ernennen. Es gibt womöglich keine | |
Oppositionspartei, die wenigstens eine Kongresskammer kontrolliert, um ihm | |
Leitplanken zu setzen. Und obendrein sicherte ihm der Oberste Gerichtshof | |
mit seinem Urteil im Juli nahezu absolute Immunität für alle Amtshandlungen | |
zu. | |
Das sind denkbar düstere Aussichten. Zumal Trumps erneuter Sieg auf die | |
autoritäre Rechte weltweit ausstrahlt. | |
Demokrat*innen, ob Partei oder Zivilgesellschaft, werden alle Hände voll zu | |
tun haben, um sich zu organisieren und das Schlimmste zu verhindern. Damit | |
bleiben sie in der Abwehr und sind, um bei Wahlen irgendwann Mehrheiten zu | |
organisieren, darauf angewiesen, dass die Trump-Regierung richtig krachend | |
scheitert – und dass sie zumindest noch so viel Diskurshoheit besitzen, um | |
dieses Scheitern auch zu definieren. | |
Trumps Wahlsieg ist eine Katastrophe, die ihre eigene Fortsetzung gleich | |
mitbedingt. | |
6 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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