# taz.de -- Leipziger Autoritarismus Studie 2024: Ausländerfeindlichkeit als E… | |
> Eine Studie der Universität Leipzig zeigt: In Westdeutschland nehmen | |
> rassistische und antisemitische Vorurteile zu. Der Wunsch nach | |
> autoritären Parteien steigt. | |
Bild: Nicht unter dem Schirm der Demokratie: Menschen in westdeutschen Bundesl�… | |
Berlin taz | Immer mehr Menschen in den westdeutschen Bundesländern stimmen | |
rassistischen und antisemitischen Aussagen zu. Das geht aus der | |
[1][Autoritarismus-Studie der Universität Leipzig] hervor. Damit nähern | |
sich die Einstellungen in den westdeutschen Bundesländern jenen im Osten | |
Deutschlands weiter an. | |
Laut den Studientautor:innen hat sich die „Ausländerfeindlichkeit“ | |
damit zu einem bundesweit geteilten Ressentiment entwickelt. „Und die ist | |
eine Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus“, sagt Mitautorin Ayline | |
Heller. Die Zahl der Westdeutschen mit manifesten „ausländerfeindlichen“ | |
Einstellungen ist demnach von 12,6 Prozent im Jahr 2022 auf 19,3 Prozent in | |
diesem Jahr gestiegen. Im Osten ist die Quote weiterhin hoch, wenn auch | |
leicht von 33,1 Prozent auf 31,5 Prozent gesunken. | |
Die repräsentative Studie des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und | |
Demokratieforschung erfasst seit 2002 die Einstellungen der Bevölkerung zu | |
autoritären und demokratiefeindlichen Tendenzen. Sie entsteht in | |
Kooperation mit der Heinrich-Böll- und der Otto-Brenner-Stiftung. Für die | |
Ergebnisse 2024 wurden 2.504 Menschen mithilfe eines schriftlichen | |
Fragebogens befragt. | |
## Antimoderne Ressentiments nehmen auch im Westen zu | |
Auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung beobachten die | |
Sozialwissenschaftler:innen Unterschiede in den | |
Einstellungsentwicklungen von Ost und West. Im Westen Deutschlands ist auch | |
die Zustimmung zu antimodernen Ressentiments wie Antisemitismus, | |
Chauvinismus, Muslimfeindschaft und Antiziganismus stark angestiegen. Die | |
Zustimmungsrate im Osten blieb annähernd gleich. | |
Der Antisemitismus drohe dabei zur Brückenideologie zu werden, der sich in | |
unterschiedlichen Formen in allen politischen Lagern wiederfinde, so die | |
Autor:innen. Die erstmalige Erhebung von Transfeindlichkeit ergab außerdem | |
eine manifeste transfeindliche Einstellung bei rund 39 Prozent der | |
Befragten in ganz Deutschland. | |
In Ostdeutschland stiegen insbesondere antifeministische Tendenzen. „In den | |
jüngeren Generationen sehen wir eine Retraditionalisierung“, sagt Heller. | |
So stimmten etwa 31 Prozent der Ostdeutschen der Aussage zu: „Die Frauen | |
sollen sich wieder mehr auf die Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen.“ | |
2022 waren es noch rund 25 Prozent. In Anbetracht der Rolle der Frau in der | |
DDR sei das eine interessante Entwicklung. | |
## „Personalisierung gesellschaftlicher Konflikte“ | |
[2][Unter Druck ist die Demokratie] in Deutschland auch ganz generell. Zwar | |
befürworten laut Studie rund 90 Prozent die „Idee der Demokratie“, doch nur | |
rund 42 Prozent sind mit der Alltagsdemokratie zufrieden. In Ostdeutschland | |
sind es sogar nur rund 30 Prozent. Das sei ein massiver Rückgang, so | |
Studienleiter Oliver Decker. „Diese Unzufriedenheit macht sich dann in | |
einer Personalisierung von gesellschaftlichen Konflikten bemerkbar, in dem | |
sie Politiker:innen angelastet werden.“ Antiparlamentarismus | |
korreliere dabei stark mit autoritären Bedürfnissen. | |
Die Ergebnisse in Ostdeutschland wiesen darüber hinaus auf unterschiedliche | |
politische Kulturen hin. „Die Idee der repräsentativen Form der Demokratie | |
ist eher westdeutsch, während in Ostdeutschland eher die Vorstellung einer | |
direkten Demokratie vorherrscht“, so Decker. | |
Generell suchten Wähler:innen nach Orientierung. „Es gibt den Wunsch | |
nach einer ‚starken Partei‘ für die homogene ‚Volksgemeinschaft‘“, so | |
Decker. Insbesondere eine wirtschaftliche Krisenwahrnehmung wirke sich | |
stark auf die Akzeptanz von Demokratie aus. | |
Das schlägt sich auch in den Wähler:innenpräferenzen nieder. Während | |
Menschen mit rechtsextremen Einstellungen 2006 noch mehrheitlich CDU und | |
SPD wählten, wählen sie heute tendenziell seltener. Falls sie jedoch | |
wählen, wählen sie [3][ganz übermäßig die AfD]. Eine weitere Erkenntnis der | |
Studie: Solide demokratische Wähler:innen hingegen finden sich derzeit | |
oft ohne politische Heimat wieder. | |
13 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/leipziger-autoritarismus-stud… | |
[2] /Demokratie-unter-Beschuss/!6045608 | |
[3] /AfD-schlecht-aufgestellt-fuer-Neuwahlen/!6049044 | |
## AUTOREN | |
Amelie Sittenauer | |
## TAGS | |
Autoritarismus | |
Rechtsextremismus | |
Studie | |
Soziologie | |
Demokratie | |
Social-Auswahl | |
Muslime | |
Sinti und Roma | |
Kolumne Starke Gefühle | |
Autoritarismus | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Autoritarismus | |
Schwerpunkt AfD | |
AfD Nordrhein-Westfalen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Politikvertrauen bei Muslim*innen: Dramatischer Vertrauensverlust | |
Nur ein Drittel der Muslim*innen in Deutschland vertraut laut einer | |
Studie Politiker*innen. Die Autor*innen sehen Grund in der | |
Migrationsdebatte. | |
Pianist über Klassik und Roma-Musik: „Fließende Übergänge sind typisch f�… | |
Das klassische Atos-Trio, ein Roma-Violinist und eine Gipsy Band spielen in | |
der Hamburger Elbphilharmonie. Thomas Hoppe über gegenseitige Inspiration. | |
„Remigration“, Sylt-Video, die Wahlen: 2024 war eine rechtsextreme Horror-S… | |
Die vergangenen 12 Monate sind an unserem Autor vorbeigezogen, wie eine | |
Gruselserie, die man nicht wegzappen kann. Doch es gibt auch Hoffnung. | |
Demokratie als Krise: Kleiner Mann gern groß | |
Die Leipziger Autoritarismusstudie liefert schlüssige Erklärungen für die | |
mächtige, autoritäre Wende. Der entgegenzutreten ist nötig – und möglich. | |
Parteiprogramme für die Neuwahl: Auf die Plätze, fertig, Wahlkampf! | |
Am 23. Februar wird der Bundestag neu gewählt. Worauf setzen die Parteien | |
im Wahlkampf? | |
Demokratie unter Beschuss: Dialektik des Widerstandes | |
Die Errungenschaften der Gegenwart sind von rechts bedroht. Diese Barbarei | |
zu bekämpfen ist nötig und unumgänglich, zugleich aber auch zu wenig. | |
113 Erstunterzeichnende: Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein | |
Bis zur Neuwahl bleibt nicht viel Zeit, am Mittwoch aber hat eine Gruppe | |
Abgeordneter im Bundestag Ernst gemacht: Sie haben ihren AfD-Verbotsantrag | |
eingereicht. | |
AfD schlecht aufgestellt für Neuwahlen: Überfordert und überrumpelt | |
Erst hat die AfD das Ende der Ampel gefordert, jetzt ist sie von | |
vorgezogenen Neuwahlen überfordert. Vor allem in NRW und Bayern gibt es | |
Probleme. |