# taz.de -- Politikvertrauen bei Muslim*innen: Dramatischer Vertrauensverlust | |
> Nur ein Drittel der Muslim*innen in Deutschland vertraut laut einer | |
> Studie Politiker*innen. Die Autor*innen sehen Grund in der | |
> Migrationsdebatte. | |
Bild: Mit wenig Vertrauen in die Politik unterwegs | |
Berlin taz | Viele Muslim*innen in Deutschland haben in den letzten | |
Jahren dramatisch Vertrauen in die Politik verloren. Wie aus einer | |
Untersuchung im Rahmen des Nationalen Diskriminierungs- und | |
Rassismusmonitors (NaDiRa) hervorgeht, setzen fast zwei Drittel aller | |
befragten Muslim*innen kaum noch Hoffnung in die Politiker*innen | |
insgesamt. 2022 hatte sich nur die Hälfte der Befragten so geäußert. | |
Die Forscher*innen des NaDiRa fragten getrennt nach Vertrauen in | |
Bundesregierung und die Politiker*innen allgemein. Während [1][in der | |
Mehrheitsgesellschaft vor allem die Bundesregierung an Ansehen verlor], | |
verschlechterte sich unter Muslim*innen sowohl das Bild der | |
Bundesregierung als auch das von Politiker*innen insgesamt. | |
Auch wenn man die größere Gruppe der rassistisch markierten Menschen | |
betrachtet, zeigt sich ein großer Unterschied zwischen 2022 und 2024. | |
Hatten Menschen in dieser Gruppe einst noch überdurchschnittlich große | |
Hoffnung in die Politiker*innen gesetzt, hat sich ihr Wert nun dem der | |
Mehrheitsbevölkerung angeglichen. | |
## Sprechen über Migration und Flucht | |
Der Chef des NaDiRa, Cihan Sinanoğlu, sagt der taz: „Das sollte ein Signal | |
an Politiker*innen und Parteien sein.“ Zwar gehe aus den Daten nicht | |
hervor, was der Grund für den Ansehensverlust der Politik unter | |
Muslim*innen ist. Aber es liege nahe, zumindest einen Teil der Antwort | |
in der Art und Weise zu suchen, wie deutsche Politiker*innen über | |
Migration und Flucht sprechen. „Muslim*innen registrierten sehr genau, | |
dass sie dabei implizit mitgemeint sind“, so Sinanoğlu. | |
Nicht nur die Unionspartien stellten in letzter Zeit zunehmend radikale | |
Forderungen auf, die bis hin zur Grenzschließung für alle Geflüchteten | |
reichen. SPD und Grüne gingen zwar nicht ganz so weit, beschlossen in der | |
Bundesregierung mit der FDP aber eine Verschärfung für Geflüchtete nach der | |
anderen. Die AfD fordert mittlerweile dagegen nicht nur ein Ende jeder | |
Flüchtlingsaufnahme, sondern auch die Vertreibung von Migrant*innen aus | |
Deutschland. | |
Auch die deutsche Debatte um den Krieg in Gaza hat wohl einen Anteil am | |
Vertrauensverlust unter Muslim*innen. Es habe eine Zunahme rassistischer | |
und antisemitischer Diskurse und Markierungen gegeben, so Sinanoğlu. Auch, | |
dass [2][der Anstieg antimuslimischen Rassismus'] weniger beachtet werde | |
als der parallele Anstieg antisemitischer Vorfälle, könnte zu einer | |
Entfremdung führen. | |
## Keine Resultate aus Demokratie-Demos | |
Studien-Co-Autorin Massa Gahein-Sama fügt hinzu, dass auch die ausbleibende | |
Reaktion der demokratischen Parteien auf die Demonstrationen gegen die AfD | |
vor einem Jahr zu Frust unter Muslim*innen geführt haben könne. Deren | |
Anlass waren Enthüllungen über Pläne der AfD, Menschen mit | |
Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben. „Das aus dem Protest | |
damals nichts resultierte, hat zu einem Gefühl der Ohnmacht beigetragen“. | |
Dazu kommen aber auch [3][eine ganze Reihe materieller | |
Faktoren].„Muslim*innen sorgen sich natürlich um die gleichen Probleme, | |
die auch Menschen der Mehrheitsgesellschaft betreffen“, so Gahein-Sama. | |
Also Inflation, Wirtschaftskrise, internationale Unsicherheit. „Aber sie | |
sind zusätzlich von gesellschaftlichen Machtdynamiken machen betroffen.“ So | |
seien Muslim*innen mit akademischem Abschluss viel öfter von Armut | |
gefährdet, als Menschen in der Mehrheitsgesellschaft. Andere Untersuchungen | |
zeigten etwa, dass Frauen, die Hijab tragen, auf dem Arbeitsmarkt massiv | |
diskriminiert würden. | |
13 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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