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# taz.de -- „Remigration“, Sylt-Video, die Wahlen: 2024 war eine rechtsextr…
> Die vergangenen 12 Monate sind an unserem Autor vorbeigezogen, wie eine
> Gruselserie, die man nicht wegzappen kann. Doch es gibt auch Hoffnung.
Bild: Es gibt auch Hoffnung: Demo des Bündnisses #ZusammenGegenRechts am 21. J…
Ein Superheld ist 2024 nicht vom Himmel gefallen. Das hat das Horrorgenre
so an sich. Und tatsächlich ist dieses Jahr an mir vorbeigezogen wie eine
extrem rechte Gruselserie, die sich zudem nicht wegzappen ließ. Ich mache
mir Sorgen!
Natürlich nicht erst seit diesem Jahr. Doch hat 2024 mir und uns allen noch
einmal vor Augen geführt, wie bedroht Demokratie und Zivilgesellschaft
derzeit in Deutschland sind.
Das Jahr war nur wenige Tage alt, da berichteten Journalist:innen von
„Correctiv“ über ein [1][rechtsextremes Vernetzungstreffen in Potsdam].
Politiker der AfD, Unternehmer, Mitglieder der Werteunion und Neonazis
dinierten im Landhaus Adlon und sprachen über „Remigration“. Und darüber,
wie sie ihre extrem rechten Inhalte im medialen und gesellschaftlichen
Diskurs platzieren können. Es geht ihnen um die Verschiebung des Sagbaren.
Um die Normalisierung menschenfeindlicher Positionen.
Im Frühjahr [2][dann Sylt], und die Erkenntnis, dass neonazistische Parolen
in allen Milieus gegrölt werden. Adrett gekleidet und gut gelaunt feierte
man in der Pony-Bar in Kampen und versah Gigi D’Agostinos Hit „L’amour
toujours“ mit neuem Text. Videos dieser Art gibt es zahlreiche, auch aus
anderen Orten.
Nach der Europawahl im Juni und den Landtagswahlen im September machte sich
bei mir und vielen anderen ein Gefühl der Ohnmacht breit. Neben den
generellen Wahlerfolgen der AfD zeigten Analysen, dass die Partei auch
[3][bei den Jüngeren] ziemlich gut abschnitt.
Die [4][Störungen zahlreicher CSDs] im Land im Sommer hatten zuvor schon
deutlich gezeigt, dass die hetzerische Stimmungsmache Jugendliche wirklich
erreicht. In Bautzen, Zwickau und vielen anderen Städten kam es zu
bedrohlichen Szenen. Zwar ist das nichts Neues. Doch war die Mobilisierung
des rechten Rands stärker als in den Jahren zuvor. Das Bild bestimmten hier
überwiegend junge Männer im Stil der Springerstiefel-Nazis aus den 90ern.
Wäre das Erstarken der extremen Rechten ein schlechter Horrorfilm, ich
würde wegzappen. Doch es ist reale Dauerschleife. In derselben Woche, in
der Trump wieder Präsident wird, nehmen Einsatzkräfte acht mutmaßliche
Rechtsterroristen [5][der „Sächsischen Separatisten“ fest]. Ihre
„Umsturzpläne“ sollten uns Mahnung sein, wie schnell rechtsextremes
Gedankengut in Handlungen umschlagen kann.
Und kurz vor Weihnachten dann: Magdeburg. Der Thüringer Verfassungsschutz
ordnet die Tat, bei der fünf Leute starben, dem rechtsextremen Spektrum zu.
In der Folge instrumentalisierten Neonazis und die AfD den Anschlag für
ihre Zwecke.
Kürzlich saß ich in einer studentischen Vollversammlung an meiner
Universität, zu der die „Studis gegen Rechts“ aufgerufen hatten. Der ganze
Hörsaal war voll. „Wer von euch hat Angst vor der nächsten Wahl?“, fragte
eine Rednerin. Fast alle der rund 1.500 Anwesenden hoben ihre Hand. Ich
auch.
Viele suchen nach Möglichkeiten, um der Drift nach rechts zu begegnen. Die
Forderungen nach einem AfD-Verbotsverfahren halten an. Die „Studis gegen
Rechts“ fahren zum Parteitag der AfD nach Riesa, um ihrer Angst und Wut
Ausdruck zu verleihen. Alles gut und richtig, bloß: Selbst wenn der
Parteitag blockiert, die Partei verboten wäre – bestehen würde das Problem
weiterhin. Rechte Einstellungen durchziehen unsere Gesellschaft, sie gehen
durch alle Schichten und Milieus. Es braucht langfristige Lösungen.
Initiativen der politischen Bildung, Deradikalisierung und Beratungsteams
sind seit Jahren dort, wo es brennt. Was ihnen fehlt, sind [6][verlässliche
staatliche Finanzierungen].
Doch es gibt auch Dinge, die mir Hoffnung machen. Die bundesweiten
Massenproteste gegen rechts zu Beginn dieses Jahres, die mutigen Menschen,
die trotz der Bedrohungen zu Tausenden CSD feierten. Vielleicht können wir
es ja doch: irgendwann das Programm wechseln.
29 Dec 2024
## LINKS
[1] /Potsdamer-Radikalen-Treffen/!5986496
[2] /Neue-Details-zu-Skandal-Video-von-Sylt/!6010089
[3] /Rechte-Jugend-in-Ostdeutschland/!6015187
[4] /Queere-Demonstrationen-in-Sachsen-2024/!6049215
[5] /Rechtsextreme-Saechsische-Separatisten/!6045443
[6] /Demokratiefoerdergesetz-gefordert/!6006075
## AUTOREN
Nicolai Kary
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Kolumne Starke Gefühle
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