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# taz.de -- Politikwissenschaftlerin über Rechtsruck: „In der Krise schlägt…
> In ihrer Heimat Österreich könnte die FPÖ bald den Regierungschef
> stellen: Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl über den neuen
> Faschismus.
Bild: Greif in Österreich nach der Regierungsmacht: FPÖ-Chef Herbert Kickl im…
taz: Frau Strobl, was sind die Gefahren, wenn [1][die FPÖ in Österreich]
die Regierung anführt?
Natascha Strobl: Zuerst natürlich, dass ein massiver Eingriff in den
Sozialstaat kommen wird und eine Umverteilung von unten nach oben, indem es
Steuererleichterungen für Unternehmen, Banken und reiche Menschen geben
wird. Der andere Strang ist alles, was mit Rechten zu tun hat. Vor allem
für Migrant*innen und geflüchtete Menschen wird es bis hin zur
Infragestellung von Menschenrechten gehen. Die ganze Medienpolitik wird
auch schwierig werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll nicht mehr
finanziert werden. Also eine lange Liste von kleinen und großen
Grausamkeiten.
taz: Würden Sie die FPÖ als faschistische Partei bezeichnen?
Strobl: Schwierig. Weil das auch natürlich ein strafrechtlicher Vorwurf in
Österreich ist. Es ist auf jeden Fall eine rechtsextreme Partei mit
einzelnen Personen, die faschistisches Denken haben. Ein Kollege von mir
sagt immer: „Die [2][FPÖ] und die [3][Identitären] unterscheiden sich nur
dadurch, dass die einen zur Wahl antreten und die anderen nicht.“ Das
heißt, vom Denken und von der Ausrichtung her ist die FPÖ quasi identisch
mit neofaschistischen Gruppierungen.
taz: Brauchen wir dann heutzutage eine neue Definition vom Faschismus?
Strobl: Auf jeden Fall. Vor allem [4][in Zeiten von Social Media bedeutet
Nationalismus] vielleicht nicht mehr Nationalismus im Sinne des 20.
Jahrhunderts, sondern dass wir es mit Kulturkämpfen und transnationalen
Faschisten zu tun haben. Das kann verschieden ausschauen. Also, es gibt
viele Diskussionen in Bezug auf Faschismus, denen wir uns noch stellen
müssen.
taz: Und wie sieht es bei der [5][AfD] aus?
Strobl: Die AfD und die FPÖ waren sich eigentlich sehr unähnlich. Die AfD
ist eine sehr moderne Partei mit all den Vorteilen und Problemen, die eine
junge Partei hat. Die AfD hat nie erreicht, dass sie nur geschlossen für
sich existieren kann, wie die FPÖ das als viel ältere, gefestigtere, in der
Gesellschaft verankerte Partei konnte. Das bedeutet auch, dass die AfD viel
durchlässiger war und ist für Impulse von außen. Dadurch sind viel
schneller Aktivisten der [6][Identitären Bewegung] hineingekommen. Erst in
den letzten Jahren hat auch die FPÖ mehr dieser Elemente aufgenommen.
taz: Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn sich faschistische
Bewegungen weiterentwickeln?
Strobl: Ich finde, man darf den Faschismusbegriff nicht zu breit verwenden,
um Alarm zu schlagen. Es hilft nichts, wenn sich dieser Begriff abnutzt,
aber gleichzeitig darf man nicht zu rigoros sein. Wenn wir jetzt aber eine
klare Analyse haben, dass es in der Partei und in der Gesellschaft
faschistische Elemente gibt, dann müssen wir das ernst nehmen. Und wir
müssen uns auch klar sein, dass Faschismus nur eine sehr kurze und
begrenzte Zeit in der Demokratie existieren kann. Faschismus trachtet immer
danach, [7][die Demokratie abzuschaffen.]
taz: Wie kann man dem entgegenwirken?
Strobl: Wir können jetzt Symptombekämpfung machen, aber viel wichtiger
wäre, die Ursachen zu bekämpfen. Und die Ursache ist, dass das System, in
dem wir existieren, für ganz viele Menschen nicht mehr funktioniert. Das
Versprechen, wenn man arbeitet, kann man Wohlstand erringen und es wird
jeder Generation besser gehen als der davor, stimmt nicht mehr. Genau in
dieser Krisensituation schlägt die große Stunde des Faschismus.
taz: Warum?
Strobl: Der Faschismus verspricht die Destruktion dessen, was als
Unerträglich empfunden wird. Das Unbehagen wird dann auf Minderheiten,
Frauen oder Linke gelenkt. Es ist das große Versagen [8][anderer
demokratischer Parteien,] das zu verkomplizieren. Woran es fehlt, ist eine
solidarische, nachvollziehbare Krisenlösung und Perspektive, wie die Welt
in fünf Jahren aussehen soll. So lange es das nicht gibt, werden
faschistische Parteien weiter existieren.
12 Jan 2025
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## AUTOREN
Sabrina Bhatti
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