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# taz.de -- Bildungspolitik in Berlin: Neues Schuljahr, alte Probleme
> Berlins Schulen kämpfen weiter mit Bildungsqualität, für mehr Schulplätze
> und gegen Lehrer*innenmangel. Die Schulsenatorin sieht erste Erfolge.
Bild: Freut sich über das Startchancen-Programm: Philipp Lorenz, Schulleiter d…
BERLIN taz | Wenn es nach dem Leiter der Wedding-Schule geht, könnten
Schüler*innen seiner Grundschule bald in kleinen „Leseinseln“ oder
„Waben“ lesen, rechnen oder für sich lernen. Solche Möbel nennt er als
Beispiel für Maßnahmen, die er gern aus [1][Geldern des
Startchancen-Programms] finanzieren würde. Seine Schule ist eine von 59 in
Berlin, die in einer ersten Tranche bei dem [2][auf zehn Jahre ausgelegten
Bund-Länder-Programm] mit mehr Geld für Schulsozialarbeit, Schulbau und
Unterrichtsentwicklung mitmacht. Es soll die hohe soziale Ungleichheit in
Deutschland verringern. In Berlin sind insgesamt 160 Schulen eingeplant.
„Was genau wir mit den Geldern machen, das wollen wir an der Schule
gemeinsam entscheiden“, sagt Schulleiter Lorenzen. Auch die
Schüler*innen will er mit ihren Ideen und Wünschen mit einbeziehen.
Dabei ist noch nicht klar, wie viel Geld der Wedding-Schule zur Verfügung
stehen wird. Lorenz rechnet mit einer Größenordnung von mehr als 100.000
Euro pro Jahr.
Klar ist bereits jetzt, dass die Schule das sogenannte „Leseband“ einführen
wird. Das bedeutet, dass alle Kinder 15 bis 20 Minuten pro Tag mit Lesen
verbringen und die Lehrer*innen sie dabei unterstützen. Einzelne Schulen
in Berlin haben das „Leseband“ bereits erprobt, die Senatsverwaltung für
Bildung macht es an den Startchancen-Schulen nun verpflichtend. „Wir setzen
das für alle in der fünften Stunde um“, sagt Lorenz. Egal welcher
Unterricht, in dieser Zeit würden alle lesen: teils still für sich, teils
auch als gegenseitiges Vorlesen in Partnerarbeit.
Außerdem wird es an der Schule eine Fachleitung für Deutsch geben, die
Leistungsdaten der Schüler*innen sammeln und überprüfen wird und die
Unterrichtsentwicklung vorantreiben soll. Dieser neu geschaffene Posten
soll zukünftig an allen Grundschulen für Deutsch und Mathe eingerichtet
werden. Die Schulleitungen könne das sehr entlasten, hofft Lorenz.
## Lesen und Rechnen stärken
Für Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sind die
Funktionsstellen und das Leseband zentrale Maßnahmen, um die
Bildungsqualität zu stärken. Das Startchancen-Programm sei dafür „ein
zentraler Baustein“. „Jedes Kind sollte die Grundkompetenzen im Lesen,
Schreiben und Rechnen erreichen“, betont sie am Mittwoch bei einer
Pressekonferenz zum neuen Schuljahr in der Wedding-Schule. Folgen soll im
Schuljahr 2025/26 das „Matheband“, also die täglichen 20 Minuten
Beschäftigung mit Mathematik.
„Bildung war, ist und bleibt für Berlin oberste Priorität“, sagt
Günther-Wünsch. [3][Neue Schulplätze schaffen], die [4][Bildungsqualität
steigern und den Lehrer*innenmangel bekämpfen] – [5][das blieben auch
im kommenden Jahr ihre wichtigsten Ziele]. Auf dem Weg dahin sieht sie
bereits erste Erfolge: „Beim Schulneubau sind wir am Beginn einer
Trendwende“, sagt die Senatorin, Tempo und Umfang müssten aber unbedingt
beibehalten werden, trotz leerer Kassen. Denn Berlin hat mit mehr als
400.000 Schüler*innen aktuell eine Marke überschritten, die zuletzt vor
25 Jahren so hoch lag. „Und damals hatten wir 100 Schulen mehr als heute“,
sagt Günther-Wünsch. „Die Herausforderungen bleiben groß, und die
Verantwortung auch.“
In [6][Bezug auf den Lehrer*innenmangel sieht die CDU-Politikerin
Erfolge] durch die wieder eingeführte und inzwischen beschleunigt
durchgeführte Verbeamtung. Um Seiteneinsteiger*innen eine Perspektive
zu bieten, will die Senatorin es diesen ermöglichen, sich auch nur mit
einem Schulfach zur vollwertigen Lehrkraft weiterzubilden. Bisher war das
nur mit zwei Fächern möglich, eine Diplom-Biologin hätte dann ein zweites
Fach nachstudieren müssen. „Wir wollen auch diese Menschen im System
halten“, sagt Günther-Wünsch.
Mit einem Runden Tisch aus Verwaltung und Schulleiter*innen will die
Senatorin außerdem Ideen erarbeiten, wie [7][Lehrer*innen zukünftig
besser auf die Schulen aufgeteilt werden können]. Die Unterschiede sind
teils sehr groß: Während einige Schulen alle Stellen besetzt haben, haben
andere große Lücken, und auch die Anteile an voll ausgebildeten
Lehrer*innen klaffen teils stark auseinander.
## Mangel schöngerechnet?
Die bisherigen Möglichkeiten, [8][Lehrer*innen gezielt an Schulen mit
besonders großem Bedarf zu schicken], hatte Günther-Wünsch im vergangenen
Jahr aufgehoben. Dass sie nun wieder steuernd eingreifen will, das begrüßte
der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise. „Das ist ein
Prozess, den sie wohl durchleben musste, es geht aber nicht ohne
Steuerung“, sagte er, und dass eine gerechtere Verteilung der
Lehrer*innen ein wichtiger Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit sei.
Sorgen hingegen bereitete ihm die Haushaltslage sowie die Diskussion um das
kostenlose Schulessen und abgesenkte Standards beim Schulbau.
Die Linke, die Grünen und die GEW kritisierten, dass [9][die Senatorin den
Lehrer*innenmangel schönrechnen würde]. Anstatt der 690 von der
Senatorin genannten Vollzeitstellen würden rund 1.500 volle
Lehrer*innenstellen fehlen, erklärten Grüne und Linke. Außerdem
merkten sie kritisch an, dass der Anteil der Lehrer*innen ohne
Lehramtsausbildung weiter gestiegen sei. Günther-Wünsch wies diese Vorwürfe
zurück: Die Vorgängerkoalition habe den Bedarf unermesslich gesteigert und
dadurch ein „schwarzes Loch“ erzeugt. „Wir müssen mit den Lehrer*innen
arbeiten, die wir haben“, sagte sie.
28 Aug 2024
## LINKS
[1] /Startchancen-Programm-gegen-Ungleichheit/!6033044
[2] /Startchancen-Programm-gegen-Ungleichheit/!6033045
[3] /Bildungsgerechtigkeit-in-Berlin/!6022076
[4] /Berliner-Schulen/!5951048
[5] /Schulstart-in-Berlin/!5955977
[6] /Mangel-an-Lehrerinnen/!5946862
[7] /Bildungsgerechtigkeit-in-Berlin/!5996810
[8] /Lehrerinnenmangel-in-Berlin/!5993481
[9] /Lehrerinnenmangel-in-Berlin/!6016472
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
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