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# taz.de -- Startchancen-Programm gegen Ungleichheit: Lernen wie in Hamburg-Wil…
> Ein Vorbild für das Startchancen-Programm der Bundesregierung ist
> Hamburgs Bildungsförderung. Ein Besuch am Helmut-Schmidt-Gymnasium.
Bild: Schulhof in Wilhelmsburg: Hamburg bekämpft zielgenau Bildungsungleichhei…
Hamburg taz | Kurz vor Ferienende werkeln die Hausmeister auf dem Hof des
Helmut-Schmidt-Gymnasiums. Im Flur des Verwaltungstrakts hängt ein
niedliches Bild des Altkanzlers mit einem kleinen Stoffvogel in der Hand,
einem Kiwi. Denn bis zur Umbenennung 2012, als Schmidt den geschenkt bekam,
hieß die Schule „Gymnasium Kirchdorf-Wilhelmsburg“, kurz Kiwi. „Der Name
[1][Helmut-Schmidt] im Abgangszeugnis hilft Türen aufzumachen“, sagt
Schulleiter Volker Clasing.
Künftig könnte noch ein anderer Titel helfen: Als sogenannte
Startchancen-Schule wird das Gymnasium ab diesem Schuljahr von Bund und
Ländern gefördert.
Die Schule liegt in Hamburg-[2][Wilhelmsburg], einem Gebiet mit ärmerer
Bevölkerung und hohem Einwandereranteil. Im Jahr 2012 schrieben alle 14
Schulleiter der Elbinsel [3][einen Brandbrief] an die Politik. Denn Hamburg
misst regelmäßig die Lernstände der Kinder. Eine Auswertung für ihr Gebiet
ergab, dass an den Stadtteilschulen 50 bis 70 Prozent im unteren
Leistungsbereich lagen. Und auch das einzige Gymnasium vor Ort habe
gegenüber anderen Gymnasien Lernrückstände von bis zu einem Jahr. „Die
Kinder sind nicht dumm“, sagte der Initiator Kai Stöck. Aber es bräuchte
dort dringend mehr an Unterstützung und eine neue Form von Schule.
Schulleiter Clasing, der damals mit unterschrieb, spricht vom
„Deichbruch“-Brief. Die Schulbehörde reagierte und legte ein Programm auf,
das – in Anlehnung an die insgesamt teilnehmenden Schulen – „[4][23+ Star…
Schulen]“ genannt wurde.
## Mehr Schüler bleiben am Gymnasium
Dazu muss man wissen: Hamburg versieht alle Schulen mit einen Sozialindex.
Die mit Index 1 oder 2 liegen in ärmeren Quartieren. Weil nun gezielt
diesen Schulen geholfen wurde, erhielten 2013 mit Kurt-Körber-,
Louise-Weiss, und Helmut-Schmidt- auch erstmals Gymnasien Geld für
Sozialarbeit und Lehrerstunden für die Unterrichtsentwicklung. Im
vergangenen Schuljahr erhielt Schulleiter Clasing eine zusätzliche Stelle
für Sozialpädagogik sowie 1,5 zusätzliche Stellenanteile, die er für
zusätzliche Arbeitszeit für Teambildung auf viele Lehrkräfte verteilt.
„Das 23+ Programm hat unserer Schule sehr geholfen“, sagt Clasing. Es sei
nicht nur gelungen, dank der Sozialarbeit Elemente des sozialen Lernens zu
etablieren – „durch dieses Programm können wir mehr Kinder halten“, sagt
er. Das liege an dem „fördernden Blick“ und der erfolgreichen
Unterrichtsentwicklung dank neuer „Teamzeiten“ für die Lehrkräfte.
In den Jahrgängen 6 bis 8 gibt es zudem eine doppelte Klassenlehrerschaft.
„Diese Teambildung ist immens wichtig“, sagt Clasing, „die Lehrkräfte ha…
Zeit, über einzelne Kinder zu sprechen und gemeinsam Unterricht zu
entwickeln und reflektieren.“ So könne man, das sei international
erforscht, langfristig Lernerfolge verstärken.
Das Gymnasium ist beliebt. Sechs bis sieben 5. Klassen fangen jedes Jahr
an. Ganz verhindern, dass einige Schüler das Gymnasium nach der 6. Klasse
verlassen und zur Stadtteilschule wechseln, könne man im bestehenden System
nicht, sagt der Schulleiter. Denn auf dem Gymnasium müssten – etwa in Mathe
und Deutsch – alle Schüler „zielgleich“ unterrichtet werden.
„Aber wir wollen, dass mehr Kinder in Klasse 7 ankommen, als die 70
Prozent, die in Klasse 5 mit Gymnasialempfehlung gekommen sind“, sagt er.
Das gelinge auch. „Von sechs Klassen müssen wir nur eine abgeben.“ Und auch
die Lernentwicklung sei dank 23+ überdurchschnittlich gut. So liege die
Schule mit ihrem Abiturergebnis regelmäßig im Hamburger Durchschnitt. Das
sei „ein tolles Ergebnis verglichen mit der Ausgangslage“, sagt Clasing.
## Hamburg ist Vorbild für den Bund
23+, das zuletzt auf 40 Schulen ausgeweitet war, gilt als ein Vorbild für
das [5][„Startchancen-Programm“], auf welches sich Bund und Länder Anfang
2024 verständigten. In Hamburg läuft das Programm 23+ jetzt aus und geht in
das Startchancen-Programm über. 90 Hamburger Schulen wurden dafür
ausgewählt, alle mit niedrigem Sozialindex wie am Helmut-Schmidt-Gymnasium.
Nur ist noch gar nicht klar, wie viel Ressourcen die 90 Schulen bekommen.
Im Schuljahr 2024/25 behalten die 23+ Schulen ihre alte Ausstattung, die
neuen bekommen zum Anfang weniger. Für 2025 seien die Maßnahmen „noch nicht
veranschlagungsreif“, antwortet der Senat auf eine [6][Anfrage der
Linksfraktion], die vor einer „Minderausstattung“ warnt.
Volker Clasing freut sich, dass ihm über das Startchancen-Programm nun auch
Gelder für Baumaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Seine Klassenräume
würde er jedenfalls gerne so ausstatten, dass sie kooperatives Lernen und
mehr Differenzierung ermöglichen. Auch hofft der Schulleiter, seine
bisherigen Maßnahmen erhalten und ausbauen zu können – „und dass wir mit
Startchancen eine breitere Lobby dafür finden, Bildungsgerechtigkeit in
konkrete Maßnahmen fließen zu lassen“.
27 Aug 2024
## LINKS
[1] /Hamburger-Heldengedenken/!5729738
[2] /Wohnungsbau-in-Hamburg/!5727404
[3] /Archiv-Suche/!533528&s=Kutter+Hilferuf+aus+Wilhelmsburg&SuchRahmen…
[4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/schulbehoerde/theme…
[5] /Einigung-auf-Startchancen-Programm/!5989900
[6] https://www.linksfraktion-hamburg.de/startchancen-programm-magere-finanzier…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Bildung
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Bildungspolitik
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