# taz.de -- AfD-Wahlkampf im Osten: Sommer, Sonne, Rechtsextremismus | |
> Björn Höcke wirkt nach Verurteilungen und internem Streit angeschlagen. | |
> Im Wahlkampf treibt er die Radikalisierung seiner Partei voran. | |
Bild: Björn Höcke beim AfD-Sommerfest in Saalfeld am 27. Juli | |
Trillerpfeifen, Tröten und Pfiffe hallen über den Saalfelder Marktplatz. | |
„Unsere Nationalität heißt Mensch“, steht auf einem Banner, das mehrere | |
ältere Damen auf dem Marktplatz zwischen Fachwerkhäusern, einer | |
Polizeikette und zahlreichen Menschen halten. Die „Omas gegen Rechts“, | |
Antifa-Gruppen, Linksjugend, Jusos und die Initiative „Stadt, Land, bunt“ | |
haben sich hier an diesem Samstag Ende Juli versammelt, um gegen einen | |
Auftritt des Rechtsextremisten Björn Höcke zu demonstrieren, dem | |
Spitzenkandidaten der AfD in Thüringen bei der anstehenden Landtagswahl am | |
1. September. Der Marktplatz ist zweigeteilt, auf beiden Seiten stehen rund | |
500 Personen. | |
Auch Gewerkschaften und Kirchen hatten zum Gegenprotest aufgerufen, der | |
örtliche Pfarrer hielt eine Rede, ebenso gab es eine Tanzeinlage zum | |
90er-Sommerhit Macarena. Der Protest ist lautstark und nicht zu ignorieren | |
– auch wenn Zäune der Polizei die Proteste für ein weltoffenes Thüringen | |
von der AfD-Wahkampfkundgebung abschirmen, übertönt die Gegendemo immer | |
wieder den Beifall der AfD-Anhänger. | |
Höcke, der sich gerne als Opfer und verfolgter Dissident inszeniert, aber | |
als Landtagsabgeordneter bei Auftritten in der Regel komplett abgeschirmt | |
in einer Limousine mit mehreren Personenschützern vom LKA vorfährt, hält | |
den Widerspruch heute nicht gut aus. Auf der Bühne wird er sauer. Er | |
spricht angesichts des lauten Gegenprotests von einem „Angriff auf die | |
AfD-Versammlung“, unterbricht mehrfach seine Rede und fordert ein | |
Eingreifen der Polizei auf der Gegendemo. | |
In diesem Moment bekommt man einen Vorgeschmack davon, was Höcke machen | |
würde, wenn die AfD politisch nicht so isoliert und er an der Macht wäre: | |
„Nochmal, liebe örtliche Kräfte der Polizei: Wenn das nicht funktioniert, | |
bin ich danach auf der örtlichen Polizeidienststelle und mit mir 1.000 | |
Leute, die vor mir stehen!“, ruft er. Eine unverhohlene Drohung gegen die | |
Polizei. Seine Anhänger vor der Bühne johlen, rufen „Bravo!“ und | |
applaudieren. Fotos der Veranstaltungen belegen, dass mindestens ein | |
bekannter [1][Neonazi] vor der Bühne steht. | |
## Ist die Drohung gegen die Polizei strafbar? | |
Auf taz-Anfrage heißt es von der Polizei in Saalfeld, dass sie in | |
Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft derzeit Videomaterial von Höckes | |
Rede auswertet und hinsichtlich [2][strafrechtlich relevanter Inhalte] | |
prüft. Ermittlungen dauerten noch an, heißt es. | |
Aber unabhängig davon, ob der Aufruf strafbar ist oder nicht, er zeigt die | |
momentane Dünnhäutigkeit Höckes, der Gegenprotest eigentlich gewohnt ist | |
und ihn häufig mit einem süffisanten Witz über Bildungsverlierer wegwischt. | |
Höckes Reizbarkeit ist kein Wunder, denn die letzten Wochen waren | |
ereignisreich: Das vormals gegen innerparteiliche Gegner stramm hinter | |
Höcke stehende völkisch-nationalistische Lager ist zunehmend fragmentiert. | |
Vor einem Jahr überwarf sich Höcke mit seinem langjährigen Vertrauen aus | |
Sachsen-Anhalt Hans-Thomas Tillschneider, nach dem EU-Wahlkampf [3][dann | |
auch noch mit Maximilian Krah]. Hinzu kommen zwei [4][Verurteilungen wegen | |
der mehrfachen Verwendung der verbotenen SA-Parole] „Alles für | |
Deutschland“. | |
Beim letzten Parteitag wurde zudem deutlich, dass Höcke derzeit nur eines | |
von mehreren Machtzentren in der AfD ist. Die Machttektonik hat sich | |
zumindest momentan zugunsten der großen Landesverbände und um | |
[5][Professionalität bemühten Netzwerker verschoben] – was nicht heißt, | |
dass sie weniger radikal seien. | |
Und als wäre das alles nicht genug, gibt es seit Monaten auch anhaltende | |
Grabenkämpfe im Landesverband Thüringen, wo Parteifreunde Höcke öffentlich | |
wechselweise als [6][„Gernegroß“ und „Machtmensch“] oder als | |
[7][„Egozentriker“ mit „niederträchtiger Art“ beschimpfen], den | |
Landesvorstand mit Klagen überziehen und bei jeder Gelegenheit Höcke | |
öffentlich für seinen autoritären Führungsstil angreifen, nachdem dieser | |
mehrere ihm liebsame Direktkandidaten in den Wahlkreisen durchgedrückt | |
haben soll. | |
Zudem hat er zwei bereits gewählten Kandidaten, die ihm nicht passten, | |
kurzerhand die Unterschrift verweigerte. Die beiden Wahlkreise im | |
Wartburgkreis dürften nun kampflos an die CDU gehen – seitdem gibt es | |
[8][mitten im Wahlkampf heftigen und offenen Streit] um Höckes | |
Führungsstil. Die Beteiligten überziehen sich gegenseitig mit Klagen, | |
Vorwürfen und Parteiordnungsmaßnahmen bis hin zum Ausschluss. | |
Sie führen damit den mühsam vorbereiteten Wahlkampf ad absurdum, bei dem | |
Höcke versucht, sich als zu unrecht verteufelter, argloser, | |
naturverbundener Geschichtslehrer und freundlicher Familienmensch zu | |
inszenieren. Von Wahlplakaten lächelt er schwarz-weiß im Close-Up mit der | |
Überschrift „Ministerpräsident“. | |
## Flucht nach vorne | |
In Saalfeld zeigt sich angesichts des lauten Gegenprotests nun erneut | |
Höckes autoritäre Seite. Die Szene zeigt, dass es für Höcke nur die Flucht | |
nach vorne gibt – wenn die Gegendemo nervt, soll die Polizei sie | |
wegknüppeln, sonst komme er halt mit seinen Anhängern in die | |
Polizeistation. Ähnlich äußerte er sich [9][bereits beim Kyffhäusertreffen | |
2018]. Damals sprach er davon, dass die „Zeit des Wolfes“ gekommen sei. | |
Wenn eine AfD-Demo behindert werde, gebe er der Polizei fortan fünf | |
Minuten. Danach würden 1.000 „Patrioten“ im Rücken der Gegendemonstranten | |
auftauchen. | |
Und auch die Thüringer AfD-Kampagne ist eine Flucht nach vorne. Die | |
verbotene SA-Parole hat sie leicht abgewandelt zum Wahlkampfmotto gemacht: | |
„Alles für Thüringen“ ist nun die Überschrift über dem Wahlprogramm der | |
AfD. Stilecht ist dem Programm ein [10][heimattümelndes Volkslied des | |
späteren NS-Dichters und Antisemiten Franz Langheinrich vorangestellt]. Und | |
in einem Clip, der für russisches Gas wirbt, erscheint die Deutschlandfahne | |
[11][wohl nicht nur zufällig schwarz-weiß-rot]. | |
Einer der extrem rechten Slogans auf einem AfD-Wahlplakat heißt direkt | |
„Sommer, Sonne, Remigration“. Der zynische Spruch steht vor einem | |
Abschiebeflieger, in dessen Cockpit Björn Höcke lässig mit Fliegerbrille | |
steht – eine offene und unverhohlene Bezugnahme auf die durch die | |
Correctiv-[12][Recherche] bekannt gewordenen Vertreibungspläne auch von | |
Deutschen mit Migrationshintergrund. Die Junge Alternative wirbt vor den | |
Landtagswahlen gleich stumpf in einem Werbeclip für „millionenfache | |
Remigration“, [13][Distanz zu Sellners Vertreibungsplänen gab es im Osten | |
ohnehin nie]. | |
In Summe also kein Wunder, dass der Thüringer Verfassungsschutz Höckes | |
Landesverband kürzlich als [14][„aggressiv-kämpferisch“ charakterisierte]… | |
ergänzend zur gesichert extrem rechten Einstufung seit 2021 eine | |
[15][Voraussetzung für ein Parteiverbotsverfahren]. Der Thüringer Wahlkampf | |
vermittelt den Eindruck, dass die AfD geradezu um ein solches Verbot | |
bettelt – offen rechtsextrem zu sein, hat offenbar nicht geschadet. | |
Das jedenfalls scheint in Thüringen die Lehre aus Kommunal- und | |
Europawahlen zu sein, die der AfD [16][Rekordergebnisse brachten] – trotz | |
eines rundum verkorksten Wahlkampfes und einem Spitzenkandidaten mit | |
Korruptionsaffäre und Spionageverdacht, der mit SS-Verharmlosung sogar zum | |
Bruch mit der extrem rechten Marine Le Pen aus Frankreich geführt hat. Nun | |
bildet die AfD in Brüssel mit selbst innerhalb der AfD als „Hooligans“ | |
umstrittenen rechtsextremen Parteien eine gemeinsame Fraktion – ganz nach | |
dem Gusto von Höcke. | |
## „Feelgood-Rechtsextremismus“ | |
Johannes Hillje beschäftigt sich seit Jahren als Politikberater und | |
Politikwissenschaftler mit der Kommunikation der AfD. Sein Befund zum | |
Landtagswahlkampf: Während die AfD in Sachsen und Brandenburg auf | |
altbewährte Rezepte setze, allerdings auch dort stärker mit | |
Personalisierung arbeitete als früher, sei vor allem der Wahlkampf der AfD | |
in Thüringen bemerkenswert. | |
Dort bringe Höcke rechtsextreme Botschaften mit einer Wohlfühl-Ästhetik | |
zusammen. Hillje sagt dazu: „Das ist das nächste Level der | |
Selbstverharmlosung, weil es einen Feelgood-Rechtsextremismus vermitteln | |
soll. Die Kampagne versucht Rechtsextremismus zu modernisieren, | |
ästhetisieren und euphorisieren.“ Der Slogan „Der Osten macht's“ sei ein | |
aktivierender und identitätsstiftender Claim, der darauf abziele, dass es | |
dort den ersten AfD-Ministerpräsidenten geben soll. | |
Das sei zwar ein unrealistisches Szenario, so Hillje, aber dem Osten werde | |
so eine „Pionierrolle“ zugeschrieben, die aktivieren und motivieren solle. | |
Bemerkenswert sind aus seiner Sicht auch Plakate mit positiver Anmutung: | |
„In der Vergangenheit haben AfD-Kampagnen hauptsächlich Angst erzeugt. Nun | |
werden positive Emotionen vermittelt, unterlegt mit heller und positiver | |
Bildsprache – trotzdem bleibt es bei rechtsextremen Botschaften“, so | |
Hillje. Die AfD setze nicht nur auf negative Emotionen und das Dagegen, | |
sondern auch zumindest auf emotionaler Ebene auf ein Dafür. Es gebe auch | |
zukunftsgerichtete positive Versprechungen wie bei Trumps ‚Make America | |
Great Again‘ oder dem ‚Take back control‘ des Brexits. | |
Besonderst sticht für ihn das Plakat mit dem Slogan „Sommer, Sonne, | |
Remigration“ hervor – „hier wird positive Sommerurlaubsstimmung mit | |
menschenfeindlicher Programmatik verknüpft, die wir aus der | |
Correctiv-Recherche kennen. Das ist eine neue Dimension der | |
Selbstverharmlosung“, sagt Hillje. Höcke versuche zudem mit Close-up-Fotos | |
und Posen mit Sonnenbrille auf einem Motorrad „menschlich, sympathisch und | |
nahbar“ herüberzukommen und das Bild vom bösen Höcke zu kontrastieren, so | |
Hillje. | |
Wie wenig harmlos diese Melange von (ost)deutscher Identität in der | |
Mischung mit extrem rechter Ideologie ist, belegt ein weiteres | |
AfD-Wahlplakat. Auf dem posiert Höcke auf einem DDR-Moped der bis heute | |
abgekulteten Marke Simson zum Slogan „Ja zur Jugend!“. Das Motiv zielt | |
passgenau für jene eher jugendlich und ostdeutsch geprägte Moped-Szene, von | |
denen Teile kürzlich [17][das Simson-Treffen bei Hitlergrüßen] und unter | |
[18][Mordaufrufen gegen Schwarze] unter einer großen AfD-Fahne feierten. | |
David Begrich vom Verein Miteinander in Magdeburg hält vor allem die | |
Wirkung solcher alltagskulturellen Motive für unterschätzt. Neu sei, dass | |
die AfD sich nicht mehr nur mit Slogans wie „Vollende die Wende“ sich | |
politisch auf die DDR beziehe, sondern sich mittlerweile auch | |
alltagskulturelle Aspekte von DDR-Vergangenheit zu Eigen mache: „Die JA | |
fordert jetzt Simson statt Lastenrad – es gibt bei der AfD die Tendenz, als | |
Malus empfundene ostdeutsche Insignien positiv zu besetzen und als Bonus zu | |
interpretieren. Das ist ein sehr bewusster Anschluss an kuturelle | |
Erinnerungen im vorpolitischen Raum.“ | |
Das beste Beispiel dafür sei das Simson-Moped. Das Motiv rufe bei vielen | |
Erinnerungen ab: Viele hätten zur Jugendweihe eine Simson geschenkt | |
bekommen, verbänden damit Bewegungsfreiheit, Mobilität und ein | |
Gemeinschaftsgefühl, heutzutage ranke sich ein Kult um die Mopeds, | |
Ersatzteile seien schwer zu bekommen, so Begrich. | |
Im Ergebnis rufe man einen Assoziationskosmos ab, der mit wenig Worten ein | |
gewisses Weltbild transportiere: „Es schwingt ein rebellischer Gestus gegen | |
den Mainstream mit: Wir sind authentisch, unentfremdet, ostdeutsch.“ Die | |
Anschlussfähigkeit in weiten gesellschaftlichen Teilen wie etwa in der | |
Fußballkultur sei unterschätzt, so Begrich. | |
„Der ostdeutsche Zinnober ist Teil der Kämpfe um Mehrheiten, die AfD hat | |
das verstanden, während sich andere Parteien und Zivilgesellschaft mit | |
ostdeutschen Identitätsdebatten schwer tun“, sagt er. Ziel sei eine | |
„vorgetäuschte Selbstentideologisierung“ der AfD und damit Verharmlosung | |
und weitere Normalisierung. Interessant sei auch, so Begrich, wer in diesen | |
Erzählungen keine Rolle spiele: „Die migrantische Perspektive ist komplett | |
abwesend. Da wird Gesellschaft imaginiert, wie sie schon in den 80ern nicht | |
war.“ | |
## Langjährige Neonazi-Verbindungen | |
Höcke selbst versucht sich auf seiner gerade erst veröffentlichten Website | |
als friedliebenden Familienmenschen, als beliebten und | |
geschichtsinteressierten Lehrer oder als sympathischen Heimwerker und | |
Gärtner zu verharmlosen und sich als landesväterlich und nahbar zu | |
inszenieren. Plakate zeigen großflächig sein lächelndes Gesicht mit dem | |
Slogan „Ministerpräsident“. | |
Die Website verschweigt großzügig seine langfristigen Verbindungen zur | |
Neonazi-Szene, seine Freundschaft mit dem ehemaligen NPD-Vorstand Thorsten | |
Heise, der auch als eine [19][Schlüsselfigur des rechtsterroristischen | |
Netzwerks „Combat 18“ gilt], oder die mutmaßlich von Höcke verfassten | |
Beiträge für die NPD-Zeitung „Volk in Bewegung“ unter dem [20][Pseudonym | |
Landolf Ladig]. Höcke demonstrierte bereits [21][2010 auf einer | |
Neonazi-Demo], trieb danach erfolgreich als Kopf des | |
völkisch-nationalistischen Flügels aus Thüringen die Radikalisierung der | |
AfD voran. Bis heute pflegt er Kontakte [22][bis ins Reichsbürger-Milieu], | |
unter anderem zum [23][extrem rechten Aktivisten Frank Haußner], der auch | |
Mitglied einer Gruppe des wegen Terrorverdachts angeklagten | |
Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen sein soll. | |
Seine rechtsextreme Biographie passt zu seinen Wahlversprechen, zunächst | |
politische Gegner zu bekämpfen, die Pressefreiheit anzugreifen und | |
migrationsfeindliche Politik zu machen. Auch in Saalfeld verspricht er | |
seiner Anhängerschaft, dass er „linksextreme“ Zivilgesellschaft finanziell | |
austrocknen will, den Medienstaatsvertrag kündigen, die Bundesregierung | |
wegen der Migrationspolitik verklagen und Abschiebeflüge aus Erfurt | |
organisieren. | |
Das kommt neben der gewohnten Hetze gegen den Islam, gegen die angebliche | |
„Corona-Diktatur“ und Bedrohungsszenarien rund um die Ideologie des „gro�… | |
Austauschs“ und „Volkstod“ bei den Anhängern in Saalfeld gut an: Höcke | |
ruft, dass „wir Deutschen auf dem Weg zur Minderheit im eigenen Land“ | |
seien, schuld daran sei die CDU. Das Publikum buht. Höcke ruft, er wolle | |
eine migrationspolitische und eine demografische Wende. Das Publikum | |
jubelt. | |
Für seine Anhänger*innen auf dem Marktplatz hat Höcke einfache | |
Forderungen und uneinlösbare Versprechen: Geld für die Energiewende und | |
Entwicklungshilfe will er in höhere Renten investieren, über die allerdings | |
der Bund entscheidet. Ebenso sollen Ausgaben für Sozialleistungen sowie | |
Rüstung runtergefahren werden – gegen den insinuierten „Volkstod“ will er | |
mit einer mit der Einkommenssteuer verrechneten Geburtenprämie | |
(„Kinderbegrüßungsgeld“) angehen. Ebenso soll es Darlehen für (deutsche) | |
Familien geben, die anteilig nach Kinderanzahl nicht zurückgezahlt werden | |
müssten. | |
Es sind Forderungen, die zu dem passen, was viele in Höckes Partei | |
Sozialpatriotismus nennen – angesprochen werden sollen damit gefühlt | |
abstiegsbedrohte Deutsche, zudem Hass gegen Sozialleistungsempfänger | |
geschürt werden. Die AfD lädt systematisch soziale Verteilungskonflikte | |
rassistisch auf. | |
Inhaltlich sind Höckes Ausfälle dabei keine Ausnahmeerscheinung mehr in der | |
AfD 2024. Ihren inoffiziellen Wahlkampfauftakt für die Landtagswahlen in | |
Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben die Spitzenkandidaten der AfD bei | |
einem rechtsextremen Vernetzungstreffen in Schnellroda [24][beim | |
aufgelösten Institut für Staatspolitik gemacht]. | |
Das Areal war weitläufig abgesperrt, im Publikum saßen Rechtsextreme und | |
Neonazis, die Pressefotograf*innen vermummt mit White-Power-Zeichen | |
begrüßten. Die neurechte Denkfabrik des Ideologen Götz Kubitschek bringt | |
mit Publikationen seit Jahrzehnten Revolutionsanleitungen unters Volk, | |
verlegte die Vertreibungspläne des Identitären-Chefs Martin Sellner und ist | |
ein enger Wegbegleiter der völkisch-nationalistischen Strömung der AfD. | |
Kubitschek ist ein guter Freund von Björn Höcke. | |
Auf dem Podium in Schnellroda überboten sich die drei Spitzenkandidaten | |
damit, jeweils das unfreundlichste Land für Migrant*innen werden zu | |
wollen. Aber auch antidemokratische Äußerungen ließen nicht lange auf sich | |
warten: Der Brandenburger Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt sagte | |
unverhohlen, dass er mit der AfD das System abschaffen wolle: „Wir brauchen | |
die Partei eben auch als Instrument, um den Parteienstaat klein zu | |
schneiden.“ Berndt machte in trauter Runde auch keinen Hehl daraus, dass | |
der formell aufgelöste Flügel ideell weiter besteht und dass das Ziel der | |
Umsturz bleibt: „Ich gehöre einem Flügel der AfD an, der ein klares | |
Bewusstsein dafür hat, dass wir den Parteienstaat in die Schranken weisen | |
müssen.“ | |
Die Parteichefs Tino Chrupalla und Alice Weidel äußern sich zwar öffentlich | |
weniger deutlich, aber gebieten dem Treiben keinen Einhalt. Im Gegenteil: | |
Beide redeten Anfang Juli im sächsischen Freiberg vor mehreren hundert | |
AfD-Anhängern. Auf der Kundgebung skandierten viele vor der Bühne | |
stellenweise die von Höcke normalisierte SA-Parole „Alles für Deutschland�… | |
Anstoß nahm niemand daran. Auf der Bühne wurde das kurzerhand sogar | |
umgedeutet in: „Alice für Deutschland“, Gelächter war das Ergebnis. Damit | |
stünde dann auch das Wahlkampfmotto für die Bundestagswahl 2025. | |
Die AfD-Wähler*innen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg scheint all dies | |
nicht zu stören, im Gegenteil: In Umfragen ist die AfD in allen drei | |
Ländern stärkste Kraft. In Thüringen liegt sie bei knapp unter 30 Prozent. | |
In Thüringen droht nach der Gründung des ebenfalls populistischen BSW eine | |
politische Pattsituation und eine Regierungskrise wie nach der letzten | |
Landtagswahl. Höcke jedenfalls wird vor und nach der Wahl jede Gelegenheit | |
zum Angriff nutzen. | |
Bei seinem nächsten Auftritt ist immerhin damit zu rechnen, dass es wieder | |
laut wird: In Altenburg am Freitag, den 2.8. mobilisiert das Aktionsbündnis | |
„Demokratie und Solidarität Altenburger Land“ unter dem Motto „Altenburg | |
bleibt stabil“ [25][zur Gegendemo in Hörweite]. | |
5 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://x.com/Recherche_Jena/status/1817913282692358217/photo/1 | |
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__240.html | |
[3] https://www.rnd.de/politik/hoecke-gegen-krah-wie-sich-das-voelkische-lager-… | |
[4] https://www.deutschlandfunk.de/bjoern-hoecke-afd-prozess-wahlrecht-100.html | |
[5] /Alternative-fuer-Deutschland/!6017621 | |
[6] /Rechtsruck-bei-Kommunalwahl-in-Thueringen/!6010295 | |
[7] /Machtkampf-in-AfD-Thueringen/!6025752 | |
[8] /Machtkampf-in-der-AfD-Thueringen/!6022129 | |
[9] https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-113.html | |
[10] https://www.welt.de/politik/deutschland/article252566026/Landtagswahl-Thue… | |
[11] https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/article406863905/spiel-mit-de… | |
[12] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigrat… | |
[13] /Konsequenzen-nach-AfD-Geheimtreffen/!5986239 | |
[14] https://www.deutschlandfunk.de/kaempferisch-aggressiv-geheimgutachten-bela… | |
[15] /Diskussion-ueber-AfD-Verbotsverfahren/!5997151 | |
[16] /Nach-den-Kommunalwahlen-in-Thueringen/!6011474 | |
[17] /Moped-Treffen-in-Zwickau/!6022526 | |
[18] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/zwickau/suhl-simson-treffe… | |
[19] https://exif-recherche.org/?p=4399 | |
[20] https://andreaskemper.org/2019/06/23/ladig-hoecke-synopse/ | |
[21] https://www.tagesspiegel.de/politik/bjorn-hocke-seit-an-seit-mit-neonazis-… | |
[22] /Verhaeltnis-von-AfD-zu-Reichsbuergern/!5900281 | |
[23] https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/reichsbuerger-prinz-reuss-patri… | |
[24] /Rechtsextremes-Sommerfest-in-Schnellroda/!6023507 | |
[25] https://altenburg.noblogs.org/ | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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