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# taz.de -- Rechte Richter und Burschenschaften: Der Alte Herr und das Netz
> Hat ein Richter aus Gera auf einer Internetplattform rechten Hass
> verbreitet? Er bestreitet, „BeFuchs287“ zu sein.
Bild: Im Fokus: das Verwaltungsgericht Gera
Berlin taz | Gesetz ist Gesetz. An seiner richterlichen Unabhängigkeit
möchte Bengt-Christian Fuchs keine nachhaltigen Zweifel aufkommen lassen.
Fuchs ist Vizepräsident am Verwaltungsgericht Gera. In den vergangenen
Monaten stand das Gericht sowie der Richter wegen Entscheidungen in
Asylverfahren in der öffentlichen Kritik, [1][auch die taz berichtete].
Eine „Kampagne“, sagt Fuchs nun im Gespräch mit der taz.
Der Richter entscheidet an dem thüringischen Gericht oft selbst in
Asylverfahren. Eine kleine Anfrage der Linken an die Bundesregierung hatte
jedoch gezeigt, dass an diesem Gericht die Chance für eine erfolgreiche
Klage statistisch gering ist.
Jegliche Voreingenommenheit weist Fuchs gegenüber der taz allerdings
freundlich und vehement zurück. Schnell antwortet er auf Nachfragen. So
bestätigt er, Alter Herr der Turnerschaft Salia Jenensis Göttingen zu sein.
Eine Mensur hätte er auch geschlagen. Er sei aber nicht „BeFuchs287“,
versichert Fuchs. Unter diesem Kürzel wurden lange digital Äußerungen
zwischen Rassismus und Homophobie verbreitet.
Über Jahre loggte sich „BeFuchs287“ in die Internetplattform „Tradition …
Zukunft“ (TraMiZu) ein. An die 15.000 Korporierte unter anderem aus
Burschen- und Turnerschaften hatten sich bei der Plattform registriert.
Rund 1,5 Millionen Beiträge verfassten die Mitglieder von 2002 bis 2011.
Später zog TraMiZu zu Facebook um.
„BeFuchs287“ klinkte sich von Oktober 2007 bis September 2011 fast 3080 Mal
in die Plattform ein. 2554 Nachrichten verfasste alleine dieser User.
„BeFuchs287 bin ich definitiv nicht“, betont Fuchs nach Vorhaltungen von
verschiedenen Zitaten dieses Users. Das müsse eine „Manipulation“ sein,
meint der Richter und bedankt sich schriftlich für den Hinweis. Ein
Nachsatz irritiert allerdings: „Ich werde dies zum Anlass nehmen, dieses
Portal für mich zu löschen.“ Für mich löschen? Gab es da doch eine
Verbindung?
## „(…) keine 2 % Ausländer“
Bei der Plattform konnte sich nicht ganz so einfach eingeloggt werden.
Personen mussten sich unter Angabe ihres Bundes anmelden, wurden von diesem
überprüft. Ohne Verifizierung der eigenen studentischen Verbindung war eine
Teilnahme nicht möglich, weiß die [2][Autonome Antifa Freiburg]. Gelang
einem User dennoch, sich über Jahre die Identität von Fuchs bei dem Portal
anzueignen?
Viele Informationen zu Fuchs müssten dann bekannt gewesen sein. Schreibt
doch „BeFuchs287“ Anfang 2009: „Ich bin seit zwei Jahren in das Thüringer
Justizministerium abgeordnet, d. h. derzeit nicht richterlich tätig“. Diese
Daten decken sich mit Fuchs’ Angaben bei Linkedin, wo er angibt, von 2007
bis 2009 im Justizministerium tätig gewesen zu seien. Weitere Aussagen
offenbaren die Beschäftigung mit der Asylgesetzgebung.
In den Beiträgen schreibt „BeFuchs287“ im Januar 2009: „Beim Anblick der
Photos habe ich mich einen Augenblick gefragt, was wäre, wenn die in
Deutschland Asyl beantragen würden und nach erfolglosen Verfahren zur
Abschiebung anstünden. Würden die von evangelischen Kirchgemeinden
Kirchenasyl gewährt bekommen, würde Claudia Roth heulen, würden häßliche
Frauen mit Hängetitten, Doppelnamen und Schlabberhemden gegen die
Abschiebung demonstrieren?? Oder umgekehrt: Der Asylrichter, der diese
Sportsfreunde als Asylbewerber anerkennen würde, wäre das ein
Naziburschenschaftermachofaschist“.
Im Mai des Jahres schreibt der User: „Jetzt breche ich mal eine Lanze für
die Mitteldeutsche Provinz: Wer den Quatsch mit den Migranten nicht haben
will, zieht zu uns. Keine 2 % Ausländer“. Vom ausländerfreien Osten
schwärmt „BeFuchs287“ nochmal im Dezember des Jahres: „Ich muss gestehen,
dass es auch für mich Wessi schon ein deutlicher Kulturschock ist, wenn ich
aus dem beschaulichen Thüringen in die ‚alte Heimat‘ komme und kein
Taxifahrer mehr der deutschen Sprache mächtig ist und das überwiegende
Stadtbild meiner westdeutschen Heimat-Groß-Stadt völlig verschleiert
daherkommt. Das will ich nicht und damit basta“. Fuchs kommt aus dem
Westen, studierte in Göttingen, wo er vom Wintersemester 1986/87 bis zum
Sommersemester 1991 „Aktiver“ der Salia Jenensis Göttingen war.
## Wie „die eigenen Reihen“ sich verhalten sollen
„BeFuchs287“ ist aber differenzierend. „Bei aller Liebe zur Zuspitzung und
bei allem Generve, dass von den Zig… ähh Landfahrern des Ausgangsbeitrages
ausgeht muß man allerdings auch konstatieren, dass Zig….. Landfahrer nicht
gleich Landfaherer ist“, so der User, sondern, „eine nicht unerhebliche
Gruppe“ habe „demgegenüber aber enorme Integrationsleitungen in Deutschland
erbracht“.
Den User sorgt aber auch, wie sich Korporierte gegenüber Homosexuellen in
den eigenen Reihen verhalten müssten. „Bei einer schwulen Quasi-Hochzeit zu
chargieren wird für viele Corporationen schon eine heftige
Grenzüberschreitung sein. Für alle, die ‚Nicht-Heteros‘ überhaupt in ihr…
Reihen akzeptieren, werden sich diese Fragen in Sachen Chargieren zunehmend
stellen“. Und es heißt im Oktober 2010 weiter: „Ich bin alles andere als
ein Freund der laufenden Entwicklungen, den klassischen Sexual- und
Familienbeziehungen die diversen homo-trans-und weis ich nicht
was-Lebensformen gleichberechtigt zur Seite zu stellen“.
Im Juni 2011 greift „BeFuchs287“ das Thema erneut auf: „Wenn ein Lehrer
sich anschicken sollte, meinen Kindern vermitteln zu wollen, dass homo-
oder transsexuelle Veranlagungen einem heterosexuellen Dasein gegenüber als
gleichberechtigt und normal zu beurteilen sind, hat er mich ebenso am Hals
wie jene Lehrer, die meinen Kindern zu vermittel versuchen, dass es in der
‚DDR‘ nicht so schlimm gewesen sei“.
## Linken-Abgeordnete fordert Disziplinarverfahren
Nach dem Wechsel zu Facebook stellt sich ein Bengt Fuchs vor, wie es beim
Beitritt einer neuen Gruppe üblich ist. Bei der Untergruppe „TraMiPol“
folgen so auch Angaben zur Turnerschaft sowie zur Laufbahn bei Justiz als
auch Bundeswehr. 2019 werden in TraMiZu-Politik vermeintlich witzig neue
Bezeichnungen für Sinti und Roma gesucht. Ein „Fuchs“ schlägt vor:
„Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche?“
Zu den einzelnen vorgehaltenen Zitaten schreibt der 61-Jährige der taz:
„Die vulgäre Wortwahl ist definitiv nicht meine“. Er weist darauf hin, dass
keines seiner Urteile „in 25 Jahren richterlichem Dienst im
Rechtsmittelverfahren durch das Thüringer Oberverwaltungsgericht
aufgehoben“ wurde.
Sollte Fuchs dieser Fuchs sein, so die Thüringer Linken-Abgeordnete
[3][Katharina König-Preuss], dann würden die von der Autonomen Antifa
Freiburg entdeckten Aussagen erhärten, dass „der Richter nicht unparteiisch
und fair über Asylverfahren entscheiden kann. Dies ist ein klarer Verstoß
gegen die Pflicht zur Verfassungstreue.“ Deshalb fordert König-Preuss die
Einleitung eines Disziplinarverfahrens.
28 Jun 2024
## LINKS
[1] /AfD-nahe-Justiz/!5999618
[2] /Schlagende-Verbindungen/!5934914
[3] /Auslieferung-von-Antifaschistin/!6020213
## AUTOREN
Andreas Speit
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