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# taz.de -- Verschärfungen beim Bürgergeld: Bald wieder wie Hartz IV?
> Nach der Haushaltseinigung: Die Linke kritisiert die Ampel-Pläne zum
> Bürgergeld, die längere Arbeitswege und mehr Sanktionen vorsehen.
Bild: Heidi Reichinnek, Vorsitzende der Linken-Gruppe im Bundestag, bei einer R…
Berlin taz | Nach der Ankündigung der Ampelkoalition, die Regeln für das
Bürgergeld zu verschärfen, kommt Kritik unter anderem aus der Linkspartei.
Heidi Reichinnek, Vorsitzende der Linken-Gruppe im Bundestag, bemängelte
die Sanktionspläne der Regierung. „Die Ampel suggeriert, dass Menschen, die
Bürgergeld beziehen, durchweg faul sind oder schwarzarbeiten und den Staat
betrügen. Das ist es, was immer wieder mitschwingt“, sagte sie am Montag.
[1][Am Freitag hatte sich die Bundesregierung auf die Grundzüge des
Haushalts für das kommende Jahr geeinigt.] Als Teil der sogenannten
„Wachstumsinitiative“, mit der die Regierung die Wirtschaft ankurbeln will,
kündigte sie auch die Verschärfungen beim Bürgergeld an. So sollen
Bürgergeldempfänger:innen künftig auch Jobs annehmen, wenn sie für
den Arbeitsweg insgesamt drei Stunden brauchen.
Lehnen sie wiederholt „zumutbare“ Arbeit ohne triftigen Grund ab, kann
ihnen schon seit diesem Jahr für bis zu zwei Monate der komplette Regelsatz
gestrichen werden. Die Ampel hatte die Strafe verschärft, obwohl eine
Auswertung der Bundesagentur für Arbeit zeigte, dass zwischen Februar und
Dezember 2023 von etwa vier Millionen erwerbsfähigen
Bürgergeldbezieher:innen nur [2][knapp 16.000 sanktioniert wurden],
weil sie Arbeit verweigerten.
Bei anderen Pflichtverletzungen müssen Betroffene laut der Einigung vom
Freitag auch wieder mit stärkeren Sanktionen rechnen: Die Bundesregierung
plant, Kürzungen von 30 Prozent für drei Monate schon für die ersten
Regelverstöße zu ermöglichen. Bislang sind stufenweise zu Beginn nur 10
beziehungsweise 20 Prozent möglich. Auch für Bürgergeldempfänger:innen, die
schwarzarbeiten, sieht die Einigung vom Freitag Kürzungen des Bürgergelds
um 30 Prozent vor.
## Vermögen sollen schneller angetastet werden
Der Vorschlag der Ampel sieht zudem vor, dass
Bürgergeldempfänger:innen künftig schneller ihr Vermögen ausgeben
müssen, bevor sie weiter Bürgergeld beziehen. Bislang müssen sie ihr
Vermögen erst nach einem Jahr antasten. Mit dem Vorschlag der
Bundesregierung müssten sie alles oberhalb eines „Schonvermögen“ von 15.0…
Euro bereits nach 6 Monaten nutzen. Die Altersvorsorge zählt aber nicht
dazu.
Helena Steinhaus ist Aktivistin und Gründerin von Sanktionsfrei. Ihr Verein
engagiert sich für Menschen, die Bürgergeld beziehen, und gegen Sanktionen.
Steinhaus erklärt, die Ersparnisse antasten zu wollen, sei zu kurz gedacht:
„Die meisten Bürgergeldempfänger:innen haben keine 15.000 Euro. Und
die, die Vermögen haben, haben lange gearbeitet, um etwas zurückzulegen.
Ihnen dieses Geld wegzunehmen, bevor sie weiter Bürgergeld bekommen, ist
Hohn.“
Die Bundesregierung hatte angekündigt, die Änderungen schnell umsetzen zu
wollen. Aber auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich am Montag
im ZDF skeptisch. Vordringliches Ziel müsse sein, jene aus dem Bürgergeld
herauszubekommen, die mit dem Bezug ihren Arbeitslohn aufstocken: „Würden
wir einen Mindestlohn von 14 oder 15 Euro haben, hätten wir mehrere
Hunderttausend davon raus. Das wäre eine wirkliche Einsparung beim
Bürgergeld“, so Kühnert.
8 Jul 2024
## LINKS
[1] /Ampel-einigt-sich-auf-Haushalt/!6021723
[2] /Neue-Zahlen-zum-Buergergeld/!6003214
## AUTOREN
Marie Sophie Hübner
## TAGS
Ampel-Koalition
Arbeitslosigkeit
GNS
Sanktionen
Bürgergeld
Sparhaushalt
Ein-Euro-Jobber
Hartz IV
Soziales
Haushalt
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Schwerpunkt Armut
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