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# taz.de -- Notlösung fürs Missmanagement: Bremer Jobcenter lebt auf Pump
> Weil das Qualifizierungsbudget des Jobcenters aufgebraucht ist, soll Geld
> aus dem Haushaltsjahr 2025 Lücken stopfen. Doch da wird das Geld nicht
> mehr.
Bild: Eigentlich eine Schweinerei: Projekte wie die Stadtteilfarm kommen in Bre…
Bremen taz | Das Bremer Jobcenter hat eine kurzfristige Lösung für sein
akutes Finanzierungsproblem gefunden: Es zahlt sich selbst einen Vorschuss
aus. Weil durch Missmanagement das Qualifizierungsbudget für dieses Jahr
schon zur Mitte des Jahres weitgehend verplant war, darf das Jobcenter
ausnahmsweise und mit Genehmigung des Bundesarbeitsministeriums schon in
diesem Jahr auf sein Geld für 2025 zugreifen. Die schlimmsten Folgen des
Haushaltslochs sollen so provisorisch abgemildert werden.
Jobcenter bundesweit hatten 2024 weniger Geld für die Qualfizierung zur
Verfügung. Wie Ende Juni bekannt geworden war, hatte das Bremer Jobcenter
versäumt, seine knappen Mittel gleichmäßig über das Jahr zu verteilen. Im
ersten Halbjahr wurden von ursprünglich 62,9 Millionen Euro für
Qualifzierungsmaßnahmen [1][schon 34 Millionen Euro ausgegeben.]
Für die Monate von Juli bis Dezember waren so nur noch 28,9 Millionen Euro
übrig – nicht genug. Indem die Behörde am eigenen Verwaltungsbudget für den
Rest des Jahres rumknappste – Fortbildungen aufschob, Dienstreisen strich,
freigewordene Stellen nur verzögert wieder besetzen wird – konnten noch
einmal 2,7 Millionen Euro eingespart und umgeschichtet werden, bevor die
schlechten Nachrichten Ende Juni an die Öffentlichkeit gegeben wurden.
31,6 Millionen Euro stehen jetzt bereit für den Rest des Jahres – so
schlecht klingt das erst mal nicht. Aber da die meisten dieser Mittel schon
für langfristige Projekte verplant sind, bleibt für neue
Jobcenter-Kund*innen und bestimmte Angebote kaum etwas übrig.
## Ein-Euro-Jobs werden bevorzugt gerettet
Eine Arbeitsgruppe aus Jobcenter und den beiden Trägern – der
Arbeitsagentur Bremen und der Stadt – soll ab nächster Woche priorisieren,
wofür der Vorschuss aus der Zukunft eingesetzt werden darf. Das erklärten
Vertreter*innen von Jobcenter, Arbeitsagentur und Stadt bei einer
gemeinsamen Pressekonferenz.
Eine Finanzierungsentscheidung ist bereits getroffen: Einige
„Arbeitsgelegenheiten“ (AGH), also 1-Euro-Jobs bei sozialen Trägern, sollen
bis Ende des Jahres verlängert werden. Betroffen sind laut Torsten Spinn,
Geschäftsführer des Jobcenters Bremen, 21 Maßnahmen mit 354 Teilnehmenden.
Der Grund für die Priorisierung: „Diese Stellen sind nicht nur wichtig für
die arbeitslosen Menschen, sondern auch für die Quartiere“, so Staatsrätin
Karin Treu, die für das Bremer Arbeits- und Sozialressort beim
Pressegespräch sitzt. „Es gibt Maßnahmen, die auf die Arbeitsgelegenheiten
angewiesen sind“ erklärt sie – und wirft damit ein Schlaglicht auf die
Situation vieler sozialer Projekte.
Laut Gesetzeslage dürfen Ein-Euro-Jobber*innen [2][eigentlich nur als
zusätzliche Kräfte zugeteilt] werden; dass Projekte von ihnen abhängen, ist
nicht vorgesehen. Doch viele soziale Angebote in den Stadtteilen [3][stehen
ohnehin unter Spardruck] – die Zusatzkräfte gewinnen dadurch an Bedeutung.
Durch die allgemeinen Kürzungen im Qualifizierungsbudget des Jobcenters
2024 hatten einige Projekte schon vor dem Haushaltsloch ihre Arbeitskräfte
verloren: Bei der Stadtteilfarm in Huchting, einem Erlebnisangebot für
Kinder in dem benachteiligten Stadtteil, waren bereits Ende April sieben
Ein-Euro-Jobber*innen weggefallen.
Viele von ihnen kommen weiterhin, erzählt Farmleiterin Sigrun Bösemann –
ehrenamtlich, allerdings für weniger Stunden als zuvor. „Das ist ein
Riesenverlust“, so Bösemann. Es fehle Zeit für die Pflege des Geländes, f�…
die Obsternte, bei der Fütterung der Tiere. Schulklassen könnten nicht mehr
in Kleingruppen betreut werden, der Kontakt zu den Tieren sei so weniger
intensiv. „Diese Menschen prägen unser Projekt“, so Bösemann.
Während die Farm schon weiß, dass sie keine neuen AGHs mehr finanziert
bekommt, sind andere Bremer Träger noch unsicher, was der neue Beschluss
für ihre Arbeit heißt. Küchenhilfen in der Strafffälligenbetreuung,
Verkaufspersonal im Sozialkaufhaus, Mitarbeitende auf Recyclingstationen –
sie alle haben noch keine dauerhafte Perspektive.
## Eine langfristige Lösung fehlt
Denn die Mittel, die dieses Jahr eingesetzt werden, fehlen im nächsten.
Noch ist unklar, wie viel Geld den Jobcentern durch den Bundeshaushalt 2025
zur Verfügung gestellt wird. Aktuell sieht es danach aus, dass eine
[4][faktische Kürzung auf die Jobcenter zukommt.]
Joachim Ossmann, Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit Bremen,
wiegelt ab: Immerhin würden die Jobcenter 2025 auch entlastet.
Qualifizierungsmaßnahmen sollen dann von den beitragsfinanzierten
Bundesagenturen für Arbeit gezahlt werden. Für Bremen geht es dabei um eine
Summe von ungefähr 15 Millionen Euro.
Vor allem aber will man versuchen, die knappen Mittel irgendwo anders
herzuziehen. Bis Ende des Jahres hat sich die Stadt als Träger des
Jobcenters dafür nun Zeit gekauft. Der Bremer Haushalt für 2025 ist noch
nicht verabschiedet, bietet aber auch kaum Spielräume. Geprüft werden soll
auch, ob sich einzelne Maßnahmen durch den Europäischen Sozialfonds
finanzieren lassen. „Wir versuchen es auf allen Wegen“, so Staatsrätin
Treu.
10 Jul 2024
## LINKS
[1] /Geld-alle-fuer-Eingliederungsmassnahmen/!6016181
[2] https://www.dgb.de/aktuelles/news/fragen-und-antworten-zu-1-euro-jobs/
[3] /Jugendarbeit-in-Bremen/!5657193
[4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/buergergeld-was-aendert-die-ampe…
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
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