# taz.de -- Bremer Projekt für Arbeitslose droht Aus: Geschichtenhaus bald Ges… | |
> Das mehrfach ausgezeichnete Geschichtenhaus gilt als Vorbild für | |
> Arbeitsmarktintegration. Nach 18 Jahren will das Jobcenter die Förderung | |
> einstellen. | |
Bild: Auch Hunde bekommen eine Führung: Geschichtenerzähler Sven Halberstadt … | |
Hamburg taz | Als lebendiges Museum versteht sich [1][das Geschichtenhaus | |
im St.-Jakobus-Packhaus] im Bremer Stadtteil Schnoor – und es ist | |
gleichzeitig ein Beispiel für eine gelungene Arbeitsmarktintegration. Seit | |
18 Jahren führen hier Langzeitarbeitslose, verkleidet als Bremer | |
Persönlichkeiten wie der Böttchermeister, Heini Holtenbeen, die Fisch-Lucie | |
oder die [2][Giftmörderin Gesche Gottfried], durch die Geschichte der | |
Stadt, vom Kaufmannskontor bis zum Schokoladenbrunnen. Nun droht dem | |
Projekt das Aus. | |
Das Geschichtenhaus gilt in Bremen als Vorzeigeprojekt. Finanziert wird es | |
überwiegend aus öffentlichen Mitteln der Stadt, des Bundes und des | |
Europäischen Sozialfonds. Alle Darsteller:innen im Geschichtenhaus sind | |
bisher als Arbeitsgelegenheiten (AGH) vom Jobcenter Bremen und vom | |
Arbeitsressort gefördert worden. Im Geschichtenhaus werden ihnen unter | |
professioneller Anleitung schauspielerische Fähigkeiten und historisches | |
Wissen vermittelt. | |
Aber nun streicht das Jobcenter Bremen die Förderung, weil die unmittelbare | |
„Arbeitsmarktnähe“ fehle. So teilt es der Trägerverein des Hauses „Bras… | |
mit. Mit Arbeitsmarktnähe ist der unmittelbare Bezug der Tätigkeit mit | |
einer anschließenden Tätigkeit in regulären Arbeitsmarkt gemeint. | |
## Ab Februar könnte Schluss sein | |
Sollte keine Lösung für die Kürzungen bei den Fördermitteln gefunden | |
werden, könnten die Türen des Museums ab Anfang Februar dauerhaft | |
geschlossen bleiben, sagt die Betriebsleiterin des Geschichtenhauses, Sara | |
Fruchtmann, zur taz. Eine Förderung über eine andere Stelle stehe aktuell | |
nicht in Aussicht. „Im nächsten Jahr habe ich ein Drittel dessen zur | |
Verfügung, was ich im Jahr zuvor hatte. Und das war schon nicht üppig“, | |
sagt Fruchtmann. Bislang sei die Arbeitsmarktnähe für die Förderung nie ein | |
Problem gewesen. | |
Auf taz-Nachfrage, warum das nach 18 Jahren jetzt ein Problem ist, verweist | |
das Bremer Jobcenter eine strategische Neuausrichtung von | |
Arbeitsgelegenheiten (AGH) infolge von Budgetkürzungen, weshalb langjährige | |
bestehende AGHs geprüft worden seien. | |
Für Fruchtmann ist es unverständlich, dass „ein derart erfolgreiches und | |
angesehenes Projekt“ nicht mehr gefördert wird. Es sei für die | |
Beschäftigung von arbeitslosen Menschen „ein optimaler Ort“. Das hohe | |
Besucheraufkommen im Geschichtenhaus erfordere eine professionelle | |
Arbeitsweise, Kundenansprache und Serviceabläufe werden nicht nur eingeübt, | |
sondern auch angewandt. Sprachkompetenz und Selbstvertrauen der | |
Beschäftigten werden in besonderem Maße gestärkt, so Fruchtmann. All das | |
sind Schlüsselqualifikationen für den Wiedereinstieg in den regulären | |
Arbeitsmarkt. | |
## Pfeifkonzerte gegen die Kürzungen | |
Der [3][Trägerverein Bras] sieht sich insgesamt mit massiven Kürzungen | |
konfrontiert. Von ehemals 540 geförderten Stellen sollen etwa 40 Prozent | |
wegfallen, einzelne Standorte mussten bereits schließen. Die drohende | |
Schließung des Geschichtenhauses ist also nur die Spitze des Eisbergs. | |
Die Mitarbeiter:innen protestierten nun zweimal in der Woche mit einem | |
Pfeifkonzert gegen die Kürzung, sagt Fruchtmann. Und sie sammelten | |
Unterschriften, mehr als 300 haben sie trotz Regens in ein paar Tagen schon | |
zusammenbekommen. Es gebe viel Unterstützung von Besucher:innen und | |
Passant:innen. 5.000 Unterschriften will der Trägerverein Bras den | |
Verantwortlichen übergeben, um auf die Situation des Hauses aufmerksam zu | |
machen. | |
Fruchtmann sieht nun aber vor allem die Politik in der Pflicht zu prüfen, | |
ob sie helfen könne. Zwar seien die Jobcenter-Mittel Bundesmittel, aber | |
wenn eine Behörde entscheide, wie mit arbeitslosen Menschen umgegangen | |
wird, gehe es auch grundsätzlich um die Frage, wie Stadt und Gesellschaft | |
mit Menschen umgehen, die nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten | |
können, so Fruchtmann. Die Stadt Bremen müsse erkennen, dass sie mit dem | |
Geschichtenhaus einen wichtigen touristischen Anziehungspunkt verlieren | |
würde und das kulturelle Angebot im Schnoor-Viertel dann schrumpfe. | |
## Zukunft noch in Verhandlung | |
Offen ist derzeit, ob noch alternative Finanzierungsmodelle gefunden werden | |
können. Laut Bremer Jobcenter sei noch in Verhandlung, wie es mit AGH im | |
Bremer Geschichtenhaus weitergeht. Eine abschließende Entscheidung zur | |
weiteren Zusammenarbeit mit dem Bremen Geschichtenhaus sei noch nicht | |
getroffen. Ob und wie es weiterginge hänge davon ab, ob Förderungen über | |
andere Stellen erfolgen. | |
Wenn in den kommenden Wochen keine Lösung gefunden wird, könnte das | |
Geschichtenhaus also schon bald ein Stück Bremer Geschichte sein. | |
30 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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