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# taz.de -- Geld alle für Eingliederungsmaßnahmen: Bremer Jobcenter arbeitslos
> Das Jahr ist zur Hälfte vorbei und das Bremer Jobcenter hat kein Geld
> mehr für Eingliederungsmaßnahmen. Damit fällt ein Teil von dessen Arbeit
> flach.
Bild: Sprengt das Budget des Bremer Jobcenters: Führerscheinausbildung
Hamburg taz | Dem Jobcenter Bremen ist das Geld für die aktive
Unterstützung Arbeitsloser ausgegangen. Wie das Jobcenter mitteilte, ist
sein Jahresbudget für Eingliederungsmaßnahmen – Stand Ende Juni –
aufgebraucht. Daraus folge, „dass die Unterstützung von Arbeitssuchenden
durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im zweiten Halbjahr nur noch sehr
eingeschränkt möglich sein wird“.
Aus seinem Eingliederungsbudget finanziere das Jobcenter eine Vielzahl von
unterstützenden Maßnahmen für Bürgergeld-Bezieher, sagt Tobias Helfst vom
Bremer Erwerbslosenverband. Dazu gehörten Coachings und Fortbildungen, aber
auch Dinge, die Voraussetzung dafür sind, dass bestimmte Jobs überhaupt
angenommen werden können, wie etwa der Erwerb eines Führerscheins.
„Zusammen bildet es das Herzstück des veränderten Umgangs des Jobcenters
mit der umgangssprachlich als 'Hartz 4’ bekannten Leistung, [1][hin zum
fördernden Bürgergeld]“, sagt Helfst.
Dass das Budget schrumpfen würde, war seit den Haushaltsverhandlungen im
Bund im Sommer vergangenen Jahres bekannt. 500 bis 700 Millionen Euro
sollten bei der [2][Arbeitsmarktförderung für Langzeitarbeitslose]
[3][bundesweit gespart werden].
Das Bremer Jobcenter stellt denn auch klar, dass die aktuelle Situation
nichts mit dem geringeren Budget zu tun habe. Vielmehr sei „in diesem Jahr
der Einsatz des Eingliederungsbudgets – anders als in den vergangenen
Jahren – nicht gleichmäßig über das Jahr hinweg gelungen.“
## Kosten „unvorhersehbar und deutlich erhöht“
Das liege daran, dass das Jobcenter im ersten Halbjahr sehr erfolgreich
gearbeitet habe. „Es wurden zehn Prozent mehr Arbeitssuchende als geplant
auf dem Weg in den Arbeitsmarkt unterstützt.“ Dabei hätten sich die Kosten
vieler Hilfen im Vergleich zum Vorjahr „unvorhersehbar und deutlich
erhöht“. Darüber hinaus sei der Unterstützungsbedarf von Arbeitssuchenden
gestiegen. Ihnen seien Maßnahmen mit einer längeren Laufzeit bewilligt
worden.
Das Jobcenter habe das Eingliederungsbudget zu Lasten des
Verwaltungsbudgets von 63 auf 66 Millionen Euro erhöht. Knapp 34 Millionen
davon seien bereits ausgegeben, weitere 32 Millionen Euro für Maßnahmen in
der zweiten Jahreshälfte verplant. Davon profitierten viele Arbeitssuchende
auch in der zweiten Jahreshälfte.
## Intern „schon länger bekannt“
Keinen Handlungsspielraum mehr habe das Jobcenter in der Tat bei flexiblen
Angeboten wie Gutscheinen für Coachings und Qualifizierungen. Erhalten
blieben jedoch Maßnahmen bei Trägern, Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs),
in der außerbetrieblichen Berufsausbildung, der assistierten Ausbildung,
der Weiterbildung in Grundkompetenzen sowie der Beratung und Vermittlung
von Selbstständigen.
Dass das Eingliederungsbudget mitten im Jahr erschöpft sein würde, sei
intern „schon länger bekannt“ gewesen, sagt Herbst. Die Geschäftsführung
des Jobcenters Bremen habe das aber auf Nachfrage einzelner
Geschäftsstellenleitungen mehrfach bestritten. Deshalb hätten sich die
Jobcenter auch nicht darauf vorbereitet.
Das das Budget knapp würde, habe der Erwerbslosenverband daran gemerkt,
dass die Jobcenter nur mehr widerstrebend bereit gewesen seien,
Führerscheinausbildungen zu bezahlen. „Seit Monaten führen wir Prozesse,
weil das Jobcenter Führerscheine verweigert“, sagt Helfst.
Für die Mitarbeiter des Jobcenters sei die Situation frustrierend, weil ein
wesentlicher Teil ihrer Arbeit wegfalle. „Ich habe mit Menschen gesprochen,
die sagen: Wir können mit den Leuten nur noch Angebote googeln“, sagt
Helfst. Viele Mitarbeiter seien sauer, weil sie gerne helfen wollten, das
jetzt aber nicht mehr könnten.
## Schlag ins Gesicht für Beschäftigte
Helfst [4][befürchtet], dass die Panne dramatische Folgen haben könnte,
schließlich gehöre Bremen zu den Städten mit der höchsten Armuts- und
Erwerbslosenquote. „Die Streuwirkung wird enorm sein“, prognostiziert er,
denn durch die Ebbe im Etat drohten auch die Anbieter der Coachings und
Qualifizierungen auf dem Trockenen zu sitzen.
„Es ist ein Schlag ins Gesicht für unsere Beschäftigten und die
refinanzierten Tarifverträge, die wir in dem Bereich haben,“ sagt Markus
Westermann, Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.
Die Gewerkschaft hatte per Tarifvertrag erreicht, dass das Land Bremen den
niedrigen Bundes-Mindestlohn für die Beschäftigten der Träger auf Bremer
Niveau angehaben hat.
Das Jobcenter versichert, es habe bereits im März und April mit einzelnen
Trägern wegen der langen Laufzeiten und hohen Kosten gesprochen. Es
versuche in persönlichen Gesprächen mit den Bildungs- und
Beschäftigungsträgern Lösungen zu finden. Aber der finanzielle
Handlungsspielraum sei leider sehr eingeschränkt.
25 Jun 2024
## LINKS
[1] /Abstimmung-in-Bundestag-und-Bundesrat/!5898223
[2] https://biaj.de/archiv-kurzmitteilungen/1821-jobcenter-2024-500-millionen-e…
[3] https://biaj.de/archiv-kurzmitteilungen/1821-jobcenter-2024-500-millionen-e…
[4] /Erwerbslosenverband-ueber-hohe-Preise/!5864467
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Bremen
Arbeitsmarkt
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Förderung
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Bürgergeld
Schwerpunkt Armut
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