# taz.de -- SPD Brandenburg vor Landtagswahl: Polizei, Stabilität, Woidke | |
> Die SPD will mit einem Sicherheitswahlkampf die AfD bekämpfen. Die | |
> Rechtsextremen werden, sagt der Ministerpräsident, „vor der SPD zittern“. | |
Bild: Geriert sich mit Law and Order als Brandenburger Landesvater: der 62-jäh… | |
Dieser Text ist Teil unserer [1][Berichterstattung zu den Kommunal- und | |
Landtagswahlen 2024] in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. [2][Die taz | |
zeigt, was hier auf dem Spiel steht:] Wer steht für die Demokratie ein? | |
Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um | |
ihre Existenz? | |
FALKENSEE taz | Dietmar Woidke beugt sich zu Kindern herunter. Dietmar | |
Woidke redet mit Polizisten. Dietmar Woidke hört Bauern zu. Das ist der | |
SPD-Werbespot für die Wahl im Herbst [3][in Brandenburg]. Die Wahl am 22. | |
September kann die einzige Wahl 2024 sein, die für die Bundes-SPD mit einem | |
erfreulichen Ergebnis endet. Wenn, dann liegt das an dem | |
Ministerpräsidenten, der seit elf Jahren regiert, unauffällig und | |
unprätentiös. | |
Der 62-Jährige ist kein beeindruckender Redner. Seine Stärke ist das | |
direkte Gespräch, in dem er hemdsärmelig, pragmatisch, schlagfertig wirkt. | |
Und eher wie ein Bürgermeister. Woidkes Rede am Samstagmittag beim | |
SPD-Landesparteitag in Falkensee ist selbst für seine Verhältnisse | |
übersichtlich, „Menschen, die Anschlussverwendung brauchen, haben bei uns | |
einen festen Anker“, sagt er. Das kann man eleganter formulieren. Dass man | |
„bei der Sportförderung einen Schluck aus der Pulle genommen“ habe, ist | |
auch nicht unbedingt metaphernsicher. | |
Aber Stilnoten zählen derzeit nicht bei der SPD Brandenburg. Sie liegt in | |
Umfragen noch immer hinter der AfD, auch wenn der Trend gerade zu kippen | |
scheint. Die SPD regiert in Brandenburg seit 34 Jahren. Sie ist eine Art | |
Staatspartei, auch wenn sie nur 6.000 Mitglieder hat – [4][schwächer als | |
die AfD zu sein], ist ein Alptraum. | |
Dieses Szenario diszipliniert die GenossInnen. Woidke wird mit 97 Prozent | |
zum Spitzenkandidaten gewählt. Parteitage vor wichtigen Wahlen sind nie die | |
Bühne für Kontroversen, aber das Ausmaß der Harmonie in Falkensee ist dann | |
doch ungewöhnlich. Es gibt keine Kampfkandidaturen. Das Regierungsprogramm | |
wird durchgewunken. Es gibt keine wichtigen Änderungsanträge. Der Jusochef | |
Leonel Richy Andicene lobt das Programm ohne eine kritische Anmerkung, und | |
Bildungsminister Steffen Freiberg lobt die Kompromissfähigkeit der Jusos. | |
Solche Töne kennt man sonst eher von der CDU. | |
## SPD-Dreifaltigkeit Land, Partei, Landesvater | |
Auch bei Wahlparteitagen gibt es mal einen Konflikt, der am Ende gelöst | |
wird. In Falkensee nicht. Strittiges kommt nicht zur Sprache, kein Wort zur | |
Russlandpolitik. Nach Woidkes Rede präsentieren die SPD-MinisterInnen die | |
Erfolge der letzten fünf Jahre. Das scheint viele schon gar nicht mehr zu | |
interessieren. Das Tagungspräsidium mahnt mehrfach an, doch bitte etwas | |
leiser zu sein. Die Zahlen sind tatsächlich nicht übel. Die Wirtschaft ist | |
in Brandenburg in den letzten fünf Jahren doppelt so stark gewachsen wie im | |
Bund. In der Krisenregion Lausitz sind mehr Jobs entstanden, als bei der | |
Kohle verloren gegangen sind. „Wir haben Brandenburg wirtschaftlich in die | |
Champions League geführt“, so Woidkes recht kühne Einschätzung. | |
Nach 2025 will die SPD 500 neue Polizisten einstellen und nach den Kitas | |
sollen auch Krippen und Horte gratis sein. Sicherheit und Stabilität, das | |
ist der Slogan, mit dem die SPD die AfD schlagen will. Woidke lobt die | |
Grenzkontrollen zu Polen, die „die irreguläre Migration gesenkt“ hätten, | |
und verspricht Sicherheit durch einen starken Staat. | |
Dass die SPD in Brandenburg ihr Law-and-Order-Image ernst meint, hat sie | |
kürzlich ihren [5][grünen Koalitionspartner spüren lassen]. Bei der | |
Cannabis-Abstimmung im Bundesrat votierte sie entgegen der Absprache für | |
eine Vertagung. Grund: Die Polizei sei mit der neuen Regelung überfordert. | |
Die SPD Brandenburg hält Cannabis für kein Gewinnerthema. Eher für Ballast | |
aus Berlin, wie schon Gasumlage und Heizungsgesetz. | |
Die SPD will im Herbst weniger mit ihren Koalitionspartnern, der CDU und | |
den Grünen, als mit der AfD konkurrieren. Die Rechtsextremen würden schon | |
„vor der SPD zittern“, so Woidke donnernd selbstbewusst. Das Kalkül | |
dahinter: Knapp die Hälfte der AfD-WählerInnen kann sich vorstellen, eine | |
andere Partei zu wählen. An die ist adressiert: Polizei, Stabilität, | |
Woidke. | |
„Wir sind die Brandenburg-Partei“, sagt Woidke ganz landespatriotisch. Die | |
SPD setzt auf die suggerierte Identität von Land, Partei und Landesvater, | |
die einst in Nordrhein-Westfalen unter Johannes Rau erfunden wurde. Sie | |
setzt darauf, dass im Herbst Personen mehr zählen als Programme oder | |
raffinierte Rhetorik. Aussichtslos ist die Strategie nicht: Bei einer | |
Direktwahl würden nur ein paar Prozent für den Kandidaten von AfD oder CDU | |
votieren. Und 51 Prozent für Dietmar Woidke. | |
14 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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