# taz.de -- Wirtschaftsweise für mehr Investitionen: Für eine Schuldenbremse … | |
> Viele halten sie wegen Krisen und Klima für unsinnig. Nun wollen die | |
> höchsten ökonomischen Berater der Regierung die Schuldenbremse lockern. | |
Bild: Für eine Änderung der Schuldenbremse wird eine Zweidrittelmehrheit gebr… | |
BERLIN taz | Im Bundestag verteidigte sie Finanzminister Christian Lindner | |
(FDP) am Dienstag bei den Schlussberatungen zum Haushalt 2024 noch als „ein | |
Gebot der Vernunft“. Da hatten die ökonomischen Top-Berater der | |
Bundesregierung die Schuldenbremse gerade eben beerdigt. | |
[1][„Bemerkenswert“ fanden nicht nur Ökonom*innen], dass der | |
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen | |
Entwicklung, vulgo „Wirtschaftsweise“, am Morgen einen [2][Vorschlag zur | |
Renovierung der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel] vorgelegt hatte. | |
Und das auch noch einstimmig. | |
Denn: Viele Expert*innen halten die Bremse für [3][unsinnig in Zeiten | |
von notwendigem Geld für Energiewende, Rente, Schulen oder Waffen für die | |
Ukraine]. Manche sagen sogar, die Bremse nutze allein der AfD. Die FDP hält | |
jedoch daran fest, CDU/CSU sind auch dafür. | |
Während sie im Bundeshaushalt ab 2024 erstmals wieder greifen soll – und zu | |
Milliardenkürzungen führt – schlugen die Wirtschaftsweisen eine | |
Schuldenbremse light vor. Diese würde Regierenden keinen Freibrief zum | |
Prassen geben, wohl aber die Union zum Nachdenken über ein Ja im Bundestag | |
anregen. Ihr Plazet gilt als entscheidend für die notwendige | |
Zweidrittelmehrheit. | |
## Verschuldungsgrenze erhöhen | |
Die Schuldenbremse sei „zu starr“, sagte Chef-Weise Monika Schnitzer. Die | |
Fiskalpolitik müsse flexibler werden, „ohne die Stabilität zu gefährden“. | |
Für die Zeit nach einer Aussetzung der Schuldenregeln schlägt der Rat vor, | |
dass das zulässige Defizit erst mal weiter über der normalen Grenze liegen | |
darf, aber dann Jahr für Jahr sinken muss. | |
Begründung: Zu viel Sparen könne „zu unnötig starken negativen Impulsen f�… | |
eine noch schwächelnde Wirtschaft führen“ – wie in aktuellen Zeiten: Im | |
vierten Quartal 2023 sank das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut um | |
0,3 Prozent. „Eine Übergangsregelung würde für zusätzliche fiskalische | |
Spielräume zur Krisenbewältigung sorgen und gleichzeitig verhindern, dass | |
ständig diskutiert wird, Notlagen auszurufen“, erklärte Ratsmitglied Ulrike | |
Malmendier. | |
Weiter soll die jährliche Verschuldungsgrenze von derzeit 0,35 Prozent des | |
BIP erhöht werden können: sogar auf bis zu 1 Prozent bei einer | |
Schuldenquote von unter 60 Prozent des BIP. Derzeit sind es 69 Prozent. | |
Drittens wollen die Weisen die Höhe der erlaubten Schulden von der | |
Konjunktur abhängig machen: Je schlechter die Wirtschaftslage, desto höhere | |
Kredite sollen erlaubt sein. | |
„Gut“, aber nicht ausreichend sei das Paket der Weisen, sagte der | |
[4][Ökonom] Jens Südekum – und plädierte für die „Goldene Regel“ beim | |
Haushalten, die Investitionen generell von der Schuldenbremse ausnimmt. | |
Ähnlich der Ökonom Marcel Fratzscher: Es gehe zu Lasten der künftigen | |
Generationen, wenn der Staat an der falschen Stelle spart, [5][sagte der | |
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung]. Manche mache | |
das Sparen stolz. Aber wenn an Zukunftsinvestitionen gespart werde, sei das | |
„ein falscher Stolz“. | |
30 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/jsuedekum/status/1752281237048172779 | |
[2] https://twitter.com/SVR_Wirtschaft/status/1752228766644834571 | |
[3] /Folgen-der-Sparpolitik/!5984120 | |
[4] /Oekonom-ueber-die-Schuldenbremse/!5982979 | |
[5] https://twitter.com/NurderK/status/1752252007526580275 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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