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# taz.de -- Streit um Bundesetat: Was im Haushalt zu kurz kommt
> Endlich liegt eine Einigung zu den Staatsfinanzen auf dem Tisch. Die
> Opposition kritisiert Kürzungen, Grüne sprechen von „schmerzhaften
> Einsparungen“.
Bild: Bitte Investitionen in die Zukunft statt Spardiktat, empfehlen auch viele…
Berlin taz | Die Kürzungsschlacht ist geschlagen, Deutschland hat einen
Bundeshaushalt für das laufende Jahr. Zumindest schon fast: Der
Haushaltsausschuss des Bundestags hat sich am Donnerstagabend in einer
sogenannten Bereinigungssitzung auf einen Etat von 476,8 Milliarden Euro
geeinigt. Das gilt als entscheidend, die Zustimmung des restlichen
Parlaments sowie des Bundesrats steht aber noch aus.
Die Opposition stichelt. „Ein valides Zahlenwerk als Grundlage ist
Fehlanzeige“, sagt Christian Haase, der haushaltspolitische Sprecher der
Unionsfraktion. „Änderungen wurden im Tagesrhythmus vorgenommen. Das ganze
Verfahren ist eine Farce.“ Das Ergebnis hält er für ein „Potpourri von
Belastungen für Bürger und Unternehmen“.
Haases Unionsfraktion war am Ablauf der Haushaltsverhandlungen allerdings
nicht ganz unbeteiligt: Sie hatte vor dem Bundesverfassungsgericht gegen
die ursprüngliche Planung geklagt. Die Konservativen beanstandeten, dass
die Bundesregierung Staatsschulden, die sie ursprünglich für den Umgang mit
der Coronapandemie aufnehmen wollte, mangels Bedarf einfach umgewidmet
hatte. Das Geld sollte stattdessen in den Klima- und Transformationsfonds
des Bunds fließen. Die Union sah die im Grundgesetz verankerte
Schuldenbremse verletzt.
So sahen das im November auch [1][die Karlsruher Richter*innen]. Und die
Ampelkoalition hatte plötzlich mit einem Milliardenloch zu kämpfen. Aus dem
Klima- und Transformationsfonds bezahlt sie nämlich alle möglichen Projekte
von Wärmepumpen-Förderung bis Chipfabrik-Subvention. Nun musste Hals über
Kopf ein neuer Plan her. Versuchen, die Schuldenbremse auszusetzen wie
schon zu Coronazeiten? Steuern erhöhen, um das Budget auch ohne neue
Schulden zu erhöhen? Die FDP um Bundesfinanzminister Christian Lindner
sperrte sich gegen beides. Übrig blieb: weniger ausgeben. Insgesamt fehlten
17 Milliarden Euro.
## Auch die Grünen haben Kürzungsschmerzen
Von „schmerzhaften Einsparungen“ sprach Grünen-Haushaltspolitiker
Sven-Christian Kindler am Freitag. Beispielsweise soll nun weniger Geld in
neue Radwege fließen. Außerdem sind beim Bürgergeld verschärfte Sanktionen
geplant, wenn auch erst mal auf zwei Jahre befristet. Auch der
Bundeszuschuss an die Rentenversicherung wird gekürzt. Mehrere
Linken-Politiker*innen kritisierten den Haushalt deshalb als unsozial.
Parteichef Martin Schirdewan sprach von einem „Konjunkturprogramm für
Demokratiefeinde“.
Was die Linken unter anderem stört: Das Klimageld für Bürger*innen rückt
durch den Sparkurs weiter in die Ferne, obwohl der Koalitionsvertrag ein
solches vorsieht. Dessen Idee: Die Staatseinnahmen durch steigende
CO2-Preise werden durch die Anzahl der Menschen in Deutschland geteilt –
und jede*r bekommt dieselbe Menge Geld überwiesen. Damit würde
klimafreundliches Verhalten belohnt und entsprechend in vielen Fällen
Haushalte mit wenig Einkommen. Doch das CO2-Geld ist verplant, landet im
klammen Klima- und Transformationsfonds. Lindner hatte dem Klimageld
[2][für diese Legislaturperiode kürzlich eine Absage erteilt].
Unzufrieden ist auch der Deutsche Bauernverband. [3][Seine Drohung, die
Treckerproteste wieder aufleben zu lassen], sofern der Bund den
Landwirt*innen nicht weiter teilweise den Agrardiesel bezahlt, hat nicht
verfangen: Es bleibt dabei, dass der klimaschädliche Kraftstoff nach und
nach nicht mehr staatlich unterstützt wird.
Etwas mehr Spielraum als gedacht gab es zum Schluss allerdings doch: Aus
dem vergangenen Jahr sind nämlich etwa 6,3 Milliarden Euro übrig. Durch das
Polster muss die Bundesagentur für Arbeit nun nicht 1,5 Milliarden Euro an
den Bund zahlen. Außerdem will die Regierung 1 Milliarde Euro zusätzlich in
klimafreundliche Neubauten stecken. 2,7 Milliarden Euro fließen zudem in
den Wiederaufbau des Ahrtals.
Ein Aussetzen der Schuldenbremse hält sich die Ampel weiter offen – nämlich
für den Fall, dass die Ukraine stärkere Unterstützung in der Verteidigung
gegen Russlands Angriffskrieg braucht. Beispielsweise die Expert*innen
vom Industrieländerklub OECD empfehlen ohnehin flexiblere Regeln bei der
Schuldenbremse. Sie haben weniger Angst vor einer Überschuldung als davor,
dass Deutschland einem erheblichen „Investitionsbedarf für die ökologische
und digitale Transformation“ nicht nachkommt. Das attestierten die
OECD-Marktwirtschaftsfans der Bundesregierung [4][im vergangenen Jahr in
einem Bericht].
19 Jan 2024
## LINKS
[1] /Haushalt-der-Ampelkoalition/!5942439
[2] /Ampelkoalition-verschiebt-Ausschuettung/!5986234
[3] /Streit-ueber-Subvention-fuer-Agrardiesel/!5983312
[4] /OECD-Empfehlung-fuer-Deutschland/!5930284
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
Das Milliardenloch
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Deutsche Politik
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